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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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über die glücklich vollbrachte Zerstörung der alten Welt! Nein, nicht darüber dürfen wir hochmütig Freude empfinden an diesem Abend! Nachdenken müssen wir vielmehr über die Worte, die der Herr aussprechen wird, um jene fortzujagen, die das Heil nicht verdient haben: Hinweg von mir, Verfluchte, hinab ins ewige Feuer, das euch vom Teufel und seinen Dienern bereitet worden! Ihr habt es euch weidlich verdient, also genießt es nun! Hebt euch hinweg, fahrt nieder in die untersten Tiefen, in die unaustilgbare Glut! Ich gab euch Gestalt, und ihr seid einem anderen Herrn gefolgt! Ihr habt euch zu Knechten eines anderen Herrn gemacht, geht nun, mit ihm zu leben im Dunkeln, mit jener Schlange, die nimmermehr ruht, hinab ins Heulen und Zähneklappern! Ich gab euch Ohren, zu lauschen der Heiligen Schrift, und ihr lauschtet den Worten der Heiden! Ich formte euch einen Mund, zu preisen den Herrn, und ihr benutztet ihn für die Lügen der Dichter und für die Rätsel der Gaukler! Ich gab euch Augen, zu schauen das Licht meiner hehren Gebote, und ihr benutztet sie, um in die Finsternisse zu spähen! Ich bin ein milder, aber gerechter Richter. Ich gebe jedem, was er verdient. Gern wäre ich gnädig mit euch, doch ich finde kein Öl in euren Krügen. Gern hätte ich Erbarmen mit euren Seelen, doch eure Lampen sind rußig. Hebt euch hinweg von mir! … So wird sprechen der Herr. Und jene – und vielleicht wir – werden auf ewig niederfahren zur Hölle! Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.«
    »Amen!« murmelten alle im Chor.
     
    Stumm und bedrückt, in langer Reihe, verließen die Mönche das Gotteshaus. Ohne Verlangen nach einem Meinungsaustausch verschwanden sowohl die Minoriten als auch die Männer des Papstes. Alle wollten jetzt nur allein sein und in Einsamkeit meditieren. Mir war das Herz schwer.
    »Zu Bett, Adson!« sagte William, als wir die Treppe des Pilgerhauses erklommen. »Dies ist kein Abend, um aufzubleiben. Es könnte Bernard in den Sinn kommen, das Ende der Welt vorwegzunehmen und anzufangen mit unseren sterblichen Hüllen. Morgen früh sollten wir pünktlich zur Mette dasein, denn gleich danach werden Michael und die anderen Minoriten aufbrechen.«
    »Wird auch Bernard aufbrechen mit seinen Gefangenen?« fragte ich zaghaft.
    »Sicher, er hat hier jedenfalls nichts mehr verloren. Und er wird in Avignon sein wollen, bevor Michael dort eintrifft, um dafür zu sorgen, daß dessen Ankunft zusammenfällt mit dem Prozeß gegen Remigius, den Minoriten, Ketzer und Mörder. Der Scheiterhaufen des Cellerars wird als Versöhnungsfackel die erste Begegnung Michaels mit dem Papst überstrahlen …«
    »Und was wird mit Salvatore geschehen? Und … und mit dem Mädchen?«
    »Salvatore wird den Cellerar begleiten, denn er muß gegen ihn aussagen im Prozeß. Vielleicht schenkt Bernard ihm dafür das Leben. Vielleicht läßt er ihn entfliehen, um ihn auf der Flucht erschlagen zu lassen. Oder er läßt ihn wirklich laufen, denn einer wie Bernard interessiert sich nicht für einen wie Salvatore. Wer weiß, eines Tages liegt er vielleicht mit durchschnittener Kehle irgendwo in einem okzitanischen Wald …«
    »Und das Mädchen?«
    »Ich sagte schon, sie ist verloren, verbranntes Fleisch. Sie wird als erste brennen, sehr bald schon, irgendwo auf dem Wege nach Avignon, zur Erbauung eines Katharerdorfes an der Küste. Ich habe gehört, daß Bernard sich unterwegs mit seinem Kollegen Jacques Fournier treffen will (merk dir diesen Namen: einstweilen verbrennt er noch Albigenser, doch er will höher hinaus), und eine schöne Hexe auf der Liste der zur Strecke gebrachten Sünder erhöht das Prestige und den Ruhm beider …«
    »Aber kann man denn gar nichts tun, um sie zu retten?« rief ich verzweifelt. »Kann der Abt nicht ein Wort einlegen?«
    »Für wen? Für den Cellerar, einen geständigen Delinquenten? Für einen armen Teufel wie Salvatore? Oder denkst du an das Mädchen?«
    »Und wenn ich's täte!« begehrte ich auf. »Schließlich ist sie als einzige von den dreien wirklich unschuldig. Ihr wißt, daß sie keine Hexe ist!«
    »Und du glaubst im Ernst, nach allem, was geschehen ist, daß der Abt sein verbliebenes bißchen Prestige für eine Hexe aufs Spiel setzen wird?«
    »Immerhin hat er Ubertin entfliehen lassen!«
    »Ubertin war ein Mönch in seiner Abtei, und gegen ihn lag nichts vor. Und überhaupt, was redest du da für dummes Zeug, Ubertin ist eine bedeutende Persönlichkeit, Bernard hätte ihn nur

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