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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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ganze Auswurf, den die Abtei tagtäglich absonderte, um sich rein zu halten in ihrer Beziehung zum Gipfel des Berges und zum Himmel.
    Wir wandten uns ab und gingen weiter. Unser Weg führte uns den Hof hinunter, vorbei an den Ställen der Pferde, die gerade zur Futterraufe geführt wurden, und an den übrigen Stallungen, die sich längs der Mauer aneinanderreihten, während sich gegenüber, also zu unserer Rechten, an den Chor der Kirche gelehnt, das Dormitorium erstreckte, gefolgt von einem flachen Latrinenbau. Am unteren Ende des Hofes, wo die Mauer nach Westen abbog, lag im Winkel die Schmiede. Die letzten Handwerker sammelten gerade ihre Werkzeuge ein und löschten die Esse, um sich zum Vespergottesdienst zu begeben. William trat näher und schaute neugierig in einen Seitenraum, der vom Rest der Werkstatt abgeteilt war und worin wir einen Mönch seine Gerätschaften ordnen sahen. Auf dem Tisch in der Mitte des Raumes lag eine prächtige Sammlung farbiger kleiner Gläser, größere Scheiben lehnten an der Wand. Ein noch unvollendeter Reliquienschrein, von dem bisher nur das silberne Gehäuse existierte, stand vor dem Mönch, der offensichtlich damit beschäftigt war, Gläser und kostbare Steine daran zu befestigen, die er mit Hilfe seiner Instrumente zur Größe von Gemmen reduziert hatte.
    Wir machten Bekanntschaft mit Bruder Nicolas von Morimond, dem Glasermeister der Abtei. Er erklärte uns freundlich, daß im hinteren Teil der Werkstatt auch Glas geblasen werde, während vorn, wo wir die Handwerker aufräumen sahen, die Scheiben in bleierne Fassungen eingesetzt würden, um Fenster daraus zu machen. Allerdings, so fugte er traurig hinzu, sei das große Werk der Glaskunst, das der Kirche und dem Aedificium ihren Glanz verleihe, bereits vor mindestens zweihundert Jahren vollendet worden, und heute beschränke man sich auf kleinere Arbeiten sowie auf Reparaturen der im Laufe der Zeit entstandenen Schäden.
    »Und glaubt mir, das ist sehr mühsam«, versicherte er, »denn es gelingt uns nicht mehr, die Farben von einst zu finden, besonders das Blau, das ihr noch im Chor bewundern könnt und dessen Klarheit so herrlich ist, daß es die Kirche bei hohem Sonnenstand mit einem geradezu paradiesischem Licht erfüllt. Die Fenster im Westteil der Kirche, die wir erst vor kurzem erneuern mußten, sind längst nicht so gut geworden. Es hat keinen Zweck mehr«, seufzte er traurig, »wir haben nicht mehr das Können der Alten, die Zeit der Riesen von einst ist vorbei!«
    »Ja, wir sind Zwerge«, nickte William, »aber Zwerge, die auf den Schultern der Riesen von einst sitzen, und so können wir trotz unserer Kleinheit manchmal weiter sehen als sie.«
    »Was, sag mir, was können wir besser als sie?« rief Nicolas aus. »Wenn du hinuntersteigst in die Krypta der Kirche, wo der Klosterschatz aufbewahrt wird, findest du dort Reliquienschreine von so unendlich feiner Machart, daß dieses elende Ding hier, das ich erbärmlich zusammenbastle« – mit einer verächtlichen Handbewegung zeigte er auf sein Werkstück – »dagegen wie plumper Hohn erscheint!«
    »Nirgendwo steht geschrieben, daß fähige Glasermeister immer nur Kirchenfenster und Reliquienschreine herstellen müssen, wenn die Meister von einst so treffliche und gewiß auch noch für Jahrhunderte dauerhafte zu machen verstanden. Sonst würde die Welt bald voller Reliquienschreine sein, und das in einer Zeit, da die Heiligen, aus denen man Reliquien gewinnt, so rar geworden sind«, lächelte William tröstend. »Auch braucht man nicht immer nur Fenster zu reparieren. Ich habe in anderen Ländern Dinge aus Glas gesehen, die an eine Welt von morgen denken lassen, in welcher das Glas nicht nur im Dienst der Verehrung Gottes und seiner Kirche stehen wird, sondern auch im Dienst der Menschen, um ihnen zu helfen, ihre Schwächen zu überwinden. Ich möchte dir gern ein Werk unserer Tage zeigen, von dem ich mich glücklich schätze, ein überaus nützliches Exemplar zu besitzen.« Mit diesen Worten griff William in seine Kutte und zog zur Verblüffung unseres wackeren Meisters seine Augengläser hervor.
    Nicolas nahm das Gerät, das William ihm reichte, mit großer Neugier in beide Hände. » Oculi de vitro cum capsula! « 22 rief er bewundernd aus. »Ich habe davon schon gehört. Ein gewisser Fra Giordano, den ich früher einmal in Pisa kannte, sagte mir damals, sie seien vor etwa zwanzig Jahren erfunden worden. Aber das ist mehr als zwanzig Jahre her.«
    »Ich glaube, daß

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