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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Mann schon tot, als ihn jemand in den Bottich geworfen hat.«
    »Warum sollte das jemand getan haben?«
    »Warum sollte ihn jemand getötet haben? Wir stehen vor dem Werk eines kranken Hirns. Aber laß uns erst nachsehen, ob sich Verletzungen oder Prellungen oder dergleichen am Körper finden. Am besten, du läßt ihn jetzt gleich ins Badehaus bringen, entkleiden und waschen, und dann untersuchen wir ihn gründlich. Fang schon mal an, ich komme gleich nach.«
    Während Severin den Vorschlag befolgte und den Toten mit Erlaubnis des Abtes ins Badehaus bringen ließ, bat William den Abt, er möge nun alle Mönche zurück in die Kirche schicken, und zwar auf demselben Weg, den sie gekommen waren, desgleichen die Knechte und Diener, so daß niemand mehr auf dem Platz zurückbleibe. Der Abt befolgte den Wunsch, ohne sich nach dem Grund zu erkundigen, und so blieben William und ich allein bei dem Bottich. Viel Blut war herausgeschwappt während der makabren Operation der Leichenbergung, so daß der Schnee ringsum rot war. An mehreren Stellen war er auch aufgelöst durch das verspritzte Wasser, und wo der Leichnam gelegen hatte, war jetzt ein großer dunkler Fleck.
    »Schönes Durcheinander hier«, sagte William und schaute auf die kreuz und quer laufenden Spuren der Mönche und Knechte. »Schnee, lieber Adson, ist ein wunderbares Pergament, auf dem die Füße der Menschen deutlich lesbare Schriftzüge hinterlassen. Aber dies hier ist leider ein schlecht abgeschabtes Palimpsest, auf dem wir kaum etwas Interessantes entziffern werden. Von hier bis zur Kirche hat es ein großes Gerenne von Mönchen gegeben, und auf dem Weg von hier zu den Ställen sind Knechte in Scharen gelaufen. Die einzige Zone, die noch unberührt ist, ist die zwischen dem Schweinestall und dem Aedificium. Komm, laß uns sehen, ob wir dort etwas Interessantes finden.«
    »Aber was wollt Ihr denn finden?« fragte ich.
    »Wenn der arme Venantius sich nicht von selbst in den Bottich gestürzt hat, muß ihn jemand hergetragen haben, wahrscheinlich schon tot. Und wer den Körper eines anderen trägt, macht tiefe Spuren im Schnee. Also schau dich mal um, ob du hier irgendwo Spuren entdeckst, die anders aussehen als die Spuren all dieser schwatzhaften Mönche, die unser Pergament ruiniert haben.« Wir machten uns auf die Suche, und ich will gleich verraten, daß ich es war (Gott schütze mich vor der Eitelkeit!), der zwischen Bottich und Aedificium etwas entdeckte. Es waren Abdrücke menschlicher Füße in einem Teil des Hofes, den heute morgen noch niemand betreten hatte; ziemlich tiefe Abdrücke sogar, deren Ränder, wie mein kluger Lehrer sofort erkannte, nicht so scharf waren wie die der Mönche und Knechte, was bedeutete, daß frischer Schnee darauf gefallen war und sie folglich älter sein mußten. Doch am bemerkenswertesten an diesen Abdrücken war, daß zwischen ihnen eine ununterbrochene dünne Spur verlief, wie wenn derjenige, der hier gegangen war, etwas hinter sich hergeschleift hätte. Mit einem Wort: ein Streifen im Schnee, der vom Bottich zum Refektorium führte, zur Mauer des Aedificiums zwischen dem Süd- und dem Ostturm.
    »Refektorium, Skriptorium, Bibliothek«, sagte William. »Schon wieder die Bibliothek! Ich sage dir: Venantius ist im Aedificium gestorben – und zwar aller Wahrscheinlichkeit nach in der Bibliothek!«
    »Warum ausgerechnet in der Bibliothek?«
    »Ich versuche, mich in die Lage des Mörders zu versetzen. Hätte er Venantius im Refektorium, in der Küche oder im Skriptorium umgebracht, warum ließ er ihn dann nicht einfach dort liegen? Hat er ihn aber in der Bibliothek ermordet, dann mußte er ihn woandershin bringen, sei's weil die Leiche in der Bibliothek nie gefunden worden wäre (und vielleicht war dem Mörder daran gelegen, daß man sie findet), sei's weil der Mörder nicht wollte, daß sich die Aufmerksamkeit auf die Bibliothek konzentriert.«
    »Und wieso sollte dem Mörder daran gelegen sein, daß man die Leiche findet?«
    »Ich weiß nicht, ich stelle nur Hypothesen auf. Wer sagt dir zum Beispiel, daß der Mörder Venantius getötet hat, weil er Venantius haßte? Er könnte ihn auch statt eines anderen getötet haben, als Zeichen, um auf etwas anderes hinzuweisen.«
    » Omnis mundi creatura quasi liber et scriptura … 27 «, murmelte ich unwillkürlich. »Aber was wäre das dann für ein Zeichen?«
    »Eben das ist es, was ich nicht weiß. Aber vergessen wir nie, daß es auch Zeichen gibt, die nur scheinbar etwas

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