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Der Name der Rose

Der Name der Rose

Titel: Der Name der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Umberto Eco
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Benno eifrig und sichtlich erleichtert fort. »Ich lese nicht sehr gut griechisch und konnte daher dieses große Buch nur in der Übersetzung Wilhelms von Moerbeke kennenlernen. Das war es, was ich zu Jorge sagte. Aber der ließ sich nicht erschüttern und fügte hinzu, die zweite Bedenklichkeit sei, daß der Stagirit in besagtem Buch von der Poesie gesprochen habe, die eine niedere Kunst sei und von Unstetigkeiten lebe. Worauf ihm Venantius zu bedenken gab, daß auch die Psalmen schließlich Werke der Poesie seien und Metaphern benutzten, und Jorge erregte sich sehr und erklärte, die Psalmen seien Werke aus göttlicher Inspiration und benutzten Metaphern, um die Wahrheit ans Licht zu bringen, während die Werke der heidnischen Dichter Metaphern benutzten, um Lügen zu verbreiten oder zur schieren Ergötzung, was nun wieder mich sehr aufbrachte.«
    »Warum?«
    »Weil ich die Rhetorik studiere, und da muß ich viele heidnische Dichter lesen, und daher weiß ich … oder glaube zu wissen … daß durch ihre Worte sehr wohl auch Wahrheiten aufgedeckt werden, Wahrheiten, die naturaliter christlich sind … Nun ja, und an diesem Punkt, wenn ich mich recht entsinne, erwähnte Venantius andere Bücher, und Jorge wurde sehr zornig.«
    »Welche Bücher?«
    Benno zögerte: »Ich kann mich nicht mehr erinnern. Was spielt es für eine Rolle, von welchen Büchern gesprochen wurde?«
    »Es spielt eine große Rolle, denn wir wollen herausbekommen, was zwischen Männern geschehen ist, die zwischen Büchern leben, mit Büchern und von Büchern, und daher ist es für uns auch wichtig, wie sie über die Bücher reden.«
    »Das stimmt«, nickte Benno, wobei er zum erstenmal glücklich lächelte und fast zu strahlen begann. »Wir haben unser Leben den Büchern geweiht – eine wunderbare Mission in dieser von Unordnung und Verfall beherrschten Welt! Vielleicht versteht Ihr jetzt, was an jenem Tage geschehen ist. Venantius ist … war ein großer Kenner der griechischen Philosophie und sagte, Aristoteles habe das zweite Buch seiner Poetik speziell dem Lachen gewidmet, und wenn ein so großer Philosoph ein ganzes Buch allein über das Lachen geschrieben habe, dann müsse das Lachen doch wohl eine wichtige Sache sein. Worauf Jorge entgegnete, daß viele bedeutende Patres ganze Bücher über die Sünde geschrieben hätten, die auch eine wichtige Sache sei, aber zweifellos eine üble, wogegen Venantius einwandte, soweit er wisse, habe Aristoteles aber vom Lachen als einer guten Sache und einem Vehikel der Wahrheit gesprochen. Da fragte Jorge ihn höhnisch, ob er denn dieses Buch des Aristoteles zufällig schon mal gelesen habe, worauf Venantius antwortete, noch niemand habe es lesen können, da es nicht gefunden worden und vermutlich verlorengegangen sei. Und in der Tat hat noch niemand das zweite Buch der Poetik des Aristoteles lesen können, auch Wilhelm von Moerbeke hatte es nie in der Hand. Worauf nun Jorge erklärte, wenn man es nicht gefunden habe, dann läge das eben daran, daß es niemals geschrieben worden sei, weil die Vorsehung nicht gewollt habe, daß dergleichen nichtige Dinge verherrlicht würden. Ich wollte nun die Gemüter besänftigen, denn Ihr müßt wissen: Jorge ist leicht zu erzürnen, und Venantius redete in provozierendem Ton, und so sagte ich, daß auch in dem uns bekannten Teil der Poetik des Aristoteles – ebenso wie in seiner Rhetorik – viele kluge Bemerkungen über geistreiche Rätsel zu finden seien, und Venantius stimmte mir zu. An dieser Stelle griff nun Pacificus von Tivoli ein, der ein großer Kenner der heidnischen Dichter ist, und sagte, in Sachen geistreiche Rätsel übertreffe niemand die Afrikaner. Zum Beweis zitierte er gleich das Fischrätsel des Symphosius:
    Est domus in terris, clara quae voce resultat.
    Ipsa domus resonat, tacitus sed non sonat hospes.
    Ambo tamen currunt, hospes simul et domus una. 29
    Darauf erwiderte Jorge streng, Jesus habe uns geboten, unsere Rede sei ja oder nein, und was darüber ist, ist von Übel; und es genüge, Fisch zu sagen, um den Fisch zu benennen, ohne seinen Begriff zu verschleiern unter täuschenden Lauten. Und er fügte hinzu, es erscheine ihm nicht gerade klug, sich ausgerechnet die Afrikaner zum Vorbild zu nehmen … Und da …«
    »Da?«
    »Da geschah etwas, das ich nicht ganz verstand. Berengar fing plötzlich zu lachen an, und als Jorge ihn dafür tadelte, sagte er, ihm sei gerade in den Sinn gekommen, daß man bei den Afrikanern noch ganz andere Rätsel

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