Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
Vom Netzwerk:
fleischlichen Versuchungen abgelegt. Ich muss leider ablehnen.« Die Stimme des Richters troff vor geheucheltem Bedauern.
    Es gelang mir, einen Blick von Skarpi zu erhaschen, und er schenkte mir ein mattes Lächeln. Mir wurde bang ums Herz. Der alte Geschichtenerzähler schien keine Ahnung zu haben, in was für Schwierigkeiten er steckte. Gleichzeitig sagte eine eigensinnige innere Stimme: Wenn du früher gekommen wärst und schon herausgefunden hättest, was du wissen willst, wäre das jetzt gar nicht so schlimm, nicht wahr?
    Der Wirt brach das Schweigen. »Würdet Ihr denn den Geldbetrag annehmen, den ein Fass kostet? Wenn schon nicht das Fass selbst.«
    Der Richter hielt inne, so als ließe er sich das durch den Kopf gehen.
    »Um der Kinder willen«, flehte der kahlköpfige Mann. »Ich weiß doch, dass Ihr das Geld den Kindern zugute kommen lassen werdet.«
    Der Richter schürzte die Lippen. »Also gut«, sagte er schließlich, »um der Kinder willen.«
    Die Stimme des kleineren Priesters klang gereizt. »Der Kinder.«
    Der Wirt brachte ein mattes Lächeln zustande.
    Skarpi verdrehte die Augen und zwinkerte mir zu.
    »Man sollte ja meinen«, sagte Skarpi, »dass so ehrenwerte Geistliche wie ihr Besseres zu tun habt, als Geschichtenerzähler festzunehmen und ehrlichen Geschäftsleuten Geld abzupressen.«
    Das Münzengeklimper des Wirts verstummte, und der ganze Raum schien den Atem anzuhalten. Mit gespielter Beiläufigkeit wandte der Richter Skarpi den Rücken zu und sagte zu dem kleineren Priester: »Anthony, wir sind da offenbar auf einen höflichen Ketzer gestoßen, wie seltsam und wunderbar! Wir sollten ihn an eine Ruh-Truppe verkaufen; in gewisser Weise ähnelt er einem sprechenden Hund.«
    Skarpi sagte, an den Rücken des Mannes gerichtet: »Es ist ja nicht so, dass ich erwarten würde, dass Ihr selber loslauft und nach Haliax und den Sieben sucht. ›Kleine Männer, kleine Taten‹, sage ich immer. Die Schwierigkeit besteht vermutlich nur darin, eine Tätigkeit zu finden, die gering genug für Leute wie euch ist. Aber ihr seid ja findig. Ihr könntet Abfall aufsammeln oder die Bordellbetten bei euren Besuchen dort nach Läusen absuchen.«
    Im Umdrehen griff sich der Richter den Tonkrug vom Tresen und schleuderte ihn Skarpi an den Kopf. Der Krug zersprang. »Du hältst den Mund!«, spie er. »Du weißt gar nichts!«
    Skarpi schüttelte leicht benommen den Kopf. Ein rotes Rinnsal lief an seinem Treibholzgesicht herab in eine seiner Meeresgischt-Augenbrauen. »Das könnte durchaus wahr sein. Tehlu sagte ja immer –«
    »Sprich seinen Namen nicht aus!«, kreischte der Richter mit hochrotem Gesicht. »Dein Mund besudelt ihn. Auf deiner Zunge wird er zur Blasphemie.«
    »Also bitte, Erlus«, schalt Skarpi, als würde er mit einem kleinen Jungen sprechen. »Tehlu hasst euch doch noch mehr als der Rest der Welt, und das will schon durchaus etwas besagen.«
    Im Raum wurde es unnatürlich still. Der Richter erbleichte. »Möge Gott sich deiner erbarmen«, sagte er mit kalter, zitternder Stimme.
    Skarpi sah den Richter einen Moment lang schweigend an. Dann begann er zu lachen. Schallendes Gelächter, das aus den Tiefen seiner Seele kam.
    Der Blick des Richters huschte zu einem der Männer, die den Geschichtenerzähler gefesselt hatten. Ohne Umschweife rammte der grimmig blickende Mann Skarpi eine Faust erst in die Nieren, dann in den Nacken.
    Skarpi ging zu Boden. Im Raum war es still. Der Knall, mit dem Skarpi auf dem Dielenboden auftraf, schien schneller zu verklingen als der Widerhall seines Gelächters. Auf einen Wink des Richters hinpackte einer der Schergen den alten Mann beim Genick und hob ihn hoch. Er baumelte wie eine Puppe, seine Füße schleiften über den Boden.
    Doch Skarpi war nicht bewusstlos, nur benommen. Der Geschichtenerzähler drehte die Augen, bis sie auf den Richter gerichtet waren. » Meiner erbarmen.« Er brachte ein leises Krächzen hervor, das an einem besseren Tag ein Kichern gewesen wäre. »Du ahnst ja nicht, wie komisch das aus deinem Munde klingt.«
    Dann schien Skarpi die Luft vor sich anzusprechen. »Lauf weg, Kvothe. Es bringt nichts, sich mit solchen Leuten einzulassen. Hinauf mit dir auf die Dächer. Bleib dort oben und lass dich eine Weile nicht mehr blicken. Ich habe Freunde in der Kirche, die mir beistehen können, aber du kannst hier nichts mehr ausrichten. Geh.«
    Da er mich absichtlich nicht ansah, während er das sagte, entstand eine kurze Verwirrung. Der Richter gab einen

Weitere Kostenlose Bücher