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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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ein Talisman erschienen. Niemand hatte es je entdeckt.
    Er musste zugeben, dass dies der wohl zivilisierteste Raubüberfall gewesen war, den er je erlebt hatte. Sie waren höflich mit ihm umgegangen, hatten ihn zügig abgefertigt und waren nicht allzu gemein gewesen. Dass er sein Pferd samt Sattel eingebüßt hatte, war ein schwerer Schlag, aber er konnte sich in Abbott’s Ford ein neues kaufen und hatte dann immer noch genügend Geld zum Leben, bis er diese ganze Torheit hinter sich gebracht hatte und sich dann in Treya mit Skarpi traf.
    Einem dringenden Bedürfnis folgend, schob sich der Chronistzwischen den blutroten Gerbersträuchern am Wegesrand hindurch. Als er sich die Hose wieder zuknöpfte, regte sich plötzlich etwas im Unterholz, und eine dunkle Gestalt brach aus einem nahen Gebüsch hervor.
    Der Chronist wich zurück und schrie erschrocken auf, ehe ihm klar wurde, dass es bloß eine Krähe war, die die Flügel breitete. Über seine eigene Torheit lachend, richtete der Chronist seine Kleider und ging zwischen den Gerbersträuchern hindurch zurück auf die Straße, wobei er Spinnweben fortwischte, die ihm kitzelnd im Gesicht hängen blieben.
    Als er seinen Reisesack und seine Mappe schulterte, stellte der Chronist eine bemerkenswerte Unbeschwertheit an sich fest. Das Schlimmste, was passieren konnte, war passiert, und so schlimm war es gar nicht gewesen. Ein leichter Wind kam auf und zauste die Baumkronen, und Pappelblätter trudelten wie Goldmünzen auf die ausgefurchte Straße hinab. Es war ein schöner Tag.

Kapitel 3
    Das Holz und das Wort

    K ote blätterte gedankenverloren in einem Buch und bemühte sich, die Stille in dem leeren Wirtshaus nicht zu beachten, als die Tür aufging und Graham rückwärts in den Schankraum kam.
    »Bin gerade damit fertig geworden.« Graham ging übertrieben vorsichtig zwischen den Tischen hindurch. »Ich wollte es eigentlich gestern Abend schon vorbeibringen, aber dann dachte ich mir: Noch eine letzte Schicht Öl einreiben und trocknen lassen. Kann nicht behaupten, dass ich’s bereue. Meiner Treu! Es ist so schön wie nur irgendetwas, das diese Hände je erschaffen haben.«
    Zwischen den Augenbrauen des Wirts bildete sich eine Falte. Als er das flache, in ein Tuch eingeschlagene Paket in Grahams Händen sah, hellte sich sein Miene wieder auf. »Ah! Die Wandhalterung!« Kote lächelte müde. »Entschuldige bitte, Graham. Es ist schon so lange her. Ich hatte gar nicht mehr daran gedacht.«
    Graham blickte ihn ein wenig befremdet an. »Vier Monate ist doch nicht lange, wenn man bedenkt, dass das Holz ganz aus Aryen geliefert wurde und die Straßen so unsicher sind.«
    »Vier Monate«, echote Kote. Er sah, dass Graham ihn beobachtete, und fügte schnell hinzu: »Das kann einem vorkommen wie ein ganzes Leben, wenn man auf etwas wartet.« Er versuchte ein beruhigendes Lächeln aufzusetzen, aber es wirkte eher matt.
    Ja, Kote machte überhaupt einen recht matten Eindruck. Nicht direkt ungesund, aber angeschlagen. Wie eine Pflanze, die man in den falschen Boden umgesetzt hatte und die nun, da ihr etwas Entscheidendes fehlte, zu welken begann.
    Graham bemerkte die Veränderung. Die Gebärden des Wirts waren nicht mehr so überschwenglich. Seine Stimme klang nicht mehr so tief. Selbst seine Augen waren nicht mehr so strahlend wie noch vor einem Monat. Ihre Farbe wirkte matter. Sie erinnerten nicht mehr an Meeresgischt und grünes Gras, eher an Seetang oder grüne Flaschenböden. Und sein Haar, das früher flammend rot gewesen war, war nun nur noch – rot. Ganz gewöhnliches rotes Haar.
    Kote lüpfte das Tuch und sah hinein. Das Holz war dunkelkohlengrau mit schwarzer Maserung und so schwer wie Eisenblech. Über einem eingravierten Wort waren drei dunkle Haken angebracht.
    »Torheit«, las Graham. »Seltsamer Name für ein Schwert.«
    Kote nickte mit bewusst ausdrucksloser Miene. »Was bin ich dir schuldig?«, fragte er.
    Graham überlegte einen Moment lang. »Nach dem, was du mir für das Holz schon bezahlt hast …« Eine gewisse Gerissenheit leuchtete in seinem Blick auf. »So um die eins drei.«
    Kote gab ihm zwei Talente. »Stimmt so. Das ist schwierig zu verarbeitendes Holz.«
    »Allerdings«, sagte Graham mit einiger Genugtuung. »Als hätte man Stein unter der Säge. Und dann wollte es sich erst auf Biegen und Brechen nicht schwärzen lassen.«
    »Das ist mir schon aufgefallen«, sagte Kote, eine Spur neugierig, und fuhr mit einem Finger über die dunklen Rillen der

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