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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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fortfahren, stellt die wirkliche Welt gewisse Forderungen an mich, die ich nicht länger ignorieren kann. Entschuldigt mich bitte für einen Moment.«
    Bast und der Chronist erhoben sich ebenfalls und streckten die Beine. Bast zündete die Lampen an. Kvothe brachte Nachschub an Wurst, Käse und Brot. Sie aßen und übten sich ein wenig in höflicher Konversation, doch in Gedanken waren sie anderswo und dachten über die Geschichte nach.
    Bast verschlang die Hälfte des Essens. Der Chronist langte ebenfalls kräftig zu. Kvothe nahm nur ein paar Bissen zu sich, ehe er wieder das Wort ergriff. »Also weiter. Musik und Magie. Triumphe und Torheiten. Aber überlegt einmal: Was braucht unsere Geschichte noch? Welches entscheidende Element fehlt?«
    »Frauen«, sagte Bast wie aus der Pistole geschossen. »Es herrscht ein eklatanter Frauenmangel.«
    Kvothe lächelte. »Nicht Frauen , Bast. Eine Frau. Die Frau.« Kvothe sah zu dem Chronisten hinüber. »Ihr habt ja sicherlich schon das eine oder andere über sie gehört. Ich werde Euch die Wahrheit über sie erzählen. Auch wenn ich fürchte, dass ich dieser Herausforderung nicht gewachsen bin.«
    Der Chronist griff wieder zur Feder, doch noch bevor er sie in die Tinte tunken konnte, hob Kvothe eine Hand. »Lasst mich eines sagen, bevor wir beginnen. Ich habe auch früher schon Geschichten erzählt, habe mit Worten Bilder gemalt, habe große Lügen aufgetischt und noch größere Wahrheiten ausgesprochen. Einmal sang und spielte ich einem Blinden von Farben vor. Ich spielte sieben Stunden lang, und am Schluss sagte er, er habe die Farben gesehen – grün und rot und gold. Das war glaube ich einfacher als das hier. Der Versuch, sie euch mit weiter nichts als Worten nahe zu bringen. Ihr habt sie nie gesehen, habt ihre Stimme nie gehört.«
    Kvothe hieß den Chronisten zur Feder greifen. »Trotzdem werde ich es versuchen. Sie steht nun schon in der Seitenkulisse und wartet nur auf ihr Stichwort. Wir wollen ihr die Bühne bereiten.«

Kapitel 49
    Wilde Wesen

    B ei allen wirklich wilden Wesen gilt es, große Vorsicht walten zu lassen, wenn man sich nähert. List und Tücke führen hier nicht weiter, denn wilde Wesen durchschauen das. Zwar greifen sie auch selbst einmal zu diesen Mitteln und fallen ihnen gelegentlich gar zum Opfer. Doch wirklich einfangen lassen sie sich damit nicht.
    Wir müssen uns dem Thema einer bestimmten Frau also eher mit äußerster Sorgfalt als mit einer List nähern. Ihre Wildheit ist so groß, dass ich selbst in einer Geschichte fürchte, mich ihr allzu schnell zu nähern. Eine einzige Unachtsamkeit könnte dazu führen, dass auch schon der Gedanke an sie verscheucht wird.
    Nun werde ich also um dieser Vorsicht willen davon berichten, wie ich sie kennenlernte. Dazu muss ich von den Ereignissen erzählen, die mich eher unfreiwillig auf die andere Seite des Flusses und nach Imre führten.

    Ich beendete mein erstes Trimester mit drei Silbertalenten und einem Jot im Beutel. Vor nicht allzu langer Zeit wäre mir das noch wie ein Vermögen erschienen. Jetzt hoffte ich nur noch, dass es für die Studiengebühren des nächsten Trimesters und für Kost und Logis im Mews, dem Studententrakt, reichte.
    Die letzte Spanne eines Trimesters war den Zulassungsprüfungen vorbehalten. Das Abschneiden bei diesen Prüfungen entschied über die Höhe der Studiengebühren für das nächste Trimester. Und dasLos entschied, an welchem Tag und zu welcher Stunde man zur Prüfung anzutreten hatte.
    Von diesen kurzen Gesprächen hing viel ab. Wenn man ein paar Fragen falsch beantwortete, konnte das durchaus dazu führen, dass die Studiengebühren verdoppelt wurden. Daher waren Prüfungstermine gegen Ende der Spanne heiß begehrt, denn dann blieb den Studenten mehr Zeit zur Vorbereitung. Nachdem das Los entschieden hatte, begann daher ein lebhafter Tauschhandel, bei dem jedermann mit Geld und Gefälligkeiten versuchte, einen ihm genehmen Termin zu ergattern.
    Ich hatte das Glück, einen Vormittagstermin am Cendling zugelost zu bekommen, dem letzten Tag der Zulassungsprüfungen. Wenn ich gewollt hätte, hätte ich diesen Termin versilbern können, aber ich zog es vor, die zusätzliche Zeit zur Vorbereitung zu nutzen. Mir war klar, dass ich mich hervorragend schlagen musste, denn einige Meister waren mittlerweile alles andere als von mir eingenommen. Wie beim ersten Mal Mäuschen zu spielen, kam nicht in Frage. Das wäre Grund für einen Rausschmiss gewesen, und das konnte ich

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