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Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis

Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis

Titel: Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pseudonymous Bosch
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scharf nach, wo du sie hingetan haben könntest«, sagte Großvater Larry. »Ich weiß, für dich war es nur ein Spiel, aber diese Holzkiste mit den Düften ist etwas sehr Seltenes und Kostbares.«
    »Das brauchst du ihr nicht zu sagen«, meinte Großvater Wayne. »Ich bin sicher, sie wird sie finden und wieder zurückstellen.«
    Den Rest des Tages erwähnte keiner der beiden mehr die Symphonie der Düfte, aber Kass spürte, wie ihre Gedanken immer darum kreisten. Einmal hörte sie sie leise miteinander flüstern. Sie überlegten, ob Kass wohl einige Phiolen zerbrochen hätte und sich nicht traute, es einzugestehen. Wenn es doch nur so gewesen wäre!
    Für Kass gab es nur eine mögliche Erklärung für das Verschwinden der Symphonie: Dr. L und Madame Mauvais waren im Haus gewesen. Ihr Geruch war der Grund, warum Sebastian so verstört reagiert hatte.
    Einen kurzen, verrückten Augenblick lang spielte Kass mit dem Gedanken, ihren Großvätern von dem Vorfall im Haus des Magiers zu erzählen und ihnen zu sagen, dass Dr. L und Madame Mauvais die Symphonie gestohlen hatten. Aber sie wusste, es würde sich so anhören, als hätte sie sich alles nur ausgedacht, um den Verdacht von sich abzulenken. Aber wenn sie erst einmal hinter das Geheimnis des Magiers gekommen war . . . vielleicht konnte sie sich ihnen dann anvertrauen – und vielleicht würden sie ihr dann vertrauen. *
    Kass würde es nur ungern zugeben, aber allmählich wünschte sie, ihre Mutter wäre zu Hause geblieben.
    Vor ihrer Abreise hatte sie Kass ihr erstes eigenes Handy gegeben – etwas, das Kass sich schon seit Jahren wünschte. »Dann sind wir gar nicht richtig voneinander getrennt«, hatte sie gemeint. Und wie versprochen rief ihre Mutter jeden Abend punkt neun Uhr an, um Gute Nacht zu sagen (obwohl beide genau wussten, dass Kass nie vor Mitternacht schlief). Kass fühlte sich verpflichtet, so zu tun, als sei alles in bester Ordnung, aber nach den Telefongesprächen fühlte sie sich noch einsamer.
    Für sie war es etwas ganz Neues: Sie vermisste ihre Mom. Und das passte ihr ganz und gar nicht.
    An diesem Abend sagte sie zu ihrer Mutter, dass sie zu müde sei, um lange zu reden.
    »Scheuchen dich Larry und Wayne durch die Gegend?«, fragte die Mutter.
    Kass zwang sich zu einem Lachen, obwohl ihr gar nicht danach zumute war. »Ja, ich bin schon ganz außer Puste.«
    Nach einem ziemlich abrupten Abschiedsgruß schaltete sie ihr Handy aus. Diesen Augenblick schien Großvater Larry abgewartet zu haben, bevor er in ihr Zimmer kam. Kass nahm an, dass er sie über die Symphonie der Düfte befragen wollte, aber stattdessen sagte er: »Greif zu, solange sie noch warm sind«, und stellte einen Teller mit Schokoladenplätzchen und ein Glas Milch neben das Bett. »Beeil dich, wenn du dir die Zunge verbrennen und die Finger mit Schokolade bekleckern willst.«
    * Hätte Kass mit der Sprache rausrücken sollen? Urteile selbst, Leser. Ich weiß, du hast genug Erfahrung im Pläneschmieden und Ausredenerfinden. Kein Zweifel, Erwachsene können hin und wieder sehr nützlich sein – wenn man an Geld kommen oder im Auto gefahren werden will, fällt mir da spontan ein. Leider haben sie auch die Angewohnheit, sich querzustellen, wenn man etwas vorhat, das sie aus irgendeinem Grund missbilligen.

    Kass lachte und biss in ein Plätzchen. Es war warm und weich und die Schokolade war geschmolzen; genau so, das wusste Großvater Larry, mochte Kass sie am allerliebsten.
    Während sie den letzten Bissen verschlang, hielt sie die schokoladeverschmierten Finger hoch.
    »Hm. Ich weiß nicht recht, deine andere Hand ist noch viel zu sauber«, sagte er streng.
    Kass kam sich ein wenig albern vor, trotzdem nahm sie brav ein Plätzchen in die andere Hand und aß es ebenso schnell auf wie das erste.
    »Gut. Und jetzt musst du Schokolade übers Milchglas verschmieren. Sonst zählt es nicht.«
    Während Kass die Milch trank – an der sie sich die Zunge verbrannte, die sie aber beruhigte –, schob Grandpa Larry ihren Rucksack zur Seite und setzte sich auf den Rand des Betts. Dann erzählte er ihr eine Geschichte.
    Noch vor einem Jahr wäre Kass, wenn jemand für sie Plätzchen gebacken und ihr eine Gutenachtgeschichte erzählt hätte, tödlich beleidigt gewesen, weil man sie wie ein kleines Kind behandelte. Inzwischen war sie alt genug, um die kuschelige Behaglichkeit einer Bettrandgeschichte zu genießen. (Glaub mir, je älter man wird, desto reizvoller findet man das – und desto

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