Der Name dieses Buches ist ein Geheimnis
wäre so heiß, dass man sich die Haut verbrennen würde. Aber sie zweifelte keine Sekunde lang daran, dass Madame Mauvais notfalls auch Affenblut trinken würde.
Jetzt hatte Kass wenigstens die Adresse der Mitternachtssonne. Aber was damit anfangen? Das war die Frage, die sie sich stellte, während sie zurück in die Schule rannte.
Sie konnte sie nicht einfach an Mrs Johnson weitergeben. Nicht nach ihrem letzten Gespräch. Wenn schon Max-Ernest ihr nicht glaubte, dass Benjamin gekidnappt worden war, dann Mrs Johnson erst recht nicht.
Kass dachte daran, sich anonym zu Wort zu melden – der Hinweis eines besorgten Mitbürgers sozusagen. Doch dann hatte sie eine bessere Idee: ein Erpresserbrief. Bei einem Erpresserbrief würde sogar Mrs Johnson aufmerksam werden.
Aus Detektivgeschichten und Kriminalfilmen wusste Kass, dass die Polizei Erpresserbriefe dazu benutzte, um Verbrecher aufzuspüren. Mit etwas Glück würde Mrs Johnson sie verständigen, sobald sie die Nachricht gelesen hatte, damit Benjamin befreit werden konnte.
Unten siehst du Kassandras Brief. Natürlich achtete sie darauf, ihre Handschrift zu verstellen. Außerdem bemühte sie sich, sehr höflich zu sein, weil sie ja an Mrs Johnson schrieb, die ihre Prinzipien hatte.
Sehr geehrte Mrs Johnson,
Gute n Tag.
Wi r haben den Künstler Benjamin Blake entführt. Bitte bringen Sie eine Million Dollar in einem Koffer zur Mitternachtssonne Sensorium und Spa und stellen Sie ihn dort ab. Ansonsten wird Benjamin Blake einen schrecklichen Tod erleiden!
H ochachtungsvoll, Dr. L und Madame Movay
PS: Die Adresse ist: XXXXXX XXXXXX, XXXXXX XX, XXXXX XXXXXXXX
Es hätte kaum schlimmer ausgehen können.
Fünf Minuten, nachdem Kass den Brief durch Mrs Johnsons Fenster gesteckt hatte, wurde sie in deren Büro gerufen.
Mrs Johnson hielt den Zettel in der Hand. Kass war schon zur Direktorin zitiert worden, aber so zornig hatte sie sie noch nie erlebt.
»Ich bin äußerst verärgert, Kassandra«, sagte die Schulleiterin. »Dachtest du etwa, ich würde nicht sofort merken, wer dahintersteckt? Ich kann nicht glauben, dass du deine kindischen Spielchen auch dann fortsetzt, wenn einer deiner Schulkameraden vermisst wird und möglicherweise in Gefahr schwebt.«
»Aber sie waren es wirklich – sie hatten eine Limousine mit der Mitternachtssonne drauf und ich habe durchs Fenster einen Jungen gesehen!«
»Und dabei soll es sich um Benjamin gehandelt haben? Sag die Wahrheit.«
Wie gern hätte Kass behauptet, sie wäre sich absolut sicher, aber Mrs Johnson entging ihr Zögern nicht.
»Ich weiß nicht, was du gegen dieses Paar hast, aber ich warne dich. Wenn mir zu Ohren kommen sollte, dass du Lehrer oder Mitschüler oder, der Himmel möge es verhüten, die Polizei mit deinen haarsträubenden Theorien behelligst, werde ich dich für den Rest des Schuljahrs suspendieren. Hast du mich verstanden?«
Kass nickte.
»Ich muss allerdings zugeben, das ist der höflichste Erpresserbrief, den ich je erhalten habe. Zumindest deine Manieren werden besser. Und jetzt raus aus meinem Büro.«
Am späten Nachmittag saß Kass im Bus, die Knie hochgezogen und gegen die Rückseite des Vordersitzes gepresst, und achtete auf niemanden. Ihre Gedanken kreisten um Benjamin Blake. Sie musste ihn retten. Aber wie?
Bestimmt nicht mithilfe von Schuldirektorinnen oder Polizisten.
Und erst recht nicht mithilfe eines gewissen Jungen, der den Mund nie zukriegte.
Der nächste Schritt war klar, sie musste zur Mitternachtssonne. Aber wie? Ihre Großväter würden sie auf keinen Fall hinbringen. Nicht, wenn Kass dafür die Schule schwänzen musste und sie sich damit den Zorn ihrer Mutter zuzogen.
Aber selbst wenn sie es bis zur Mitternachtssonne schaffte, wie kam sie hinein? Sie war nicht berühmt und schon gar nicht königlichen Geblüts. Sie war nur ein Kind. Und Kinder gehen nicht in Spas.
Außer vielleicht Kinder wie Amber.
Was würde Amber tun, wenn sie dorthin wollte?
Als Kass aus dem Bus stieg, hatte sie plötzlich einen Geistesblitz.
Bevor sie ihre Meinung ändern konnte, zog sie die alte Broschüre aus ihrem Rucksack und suchte die Telefonnummer der Mitternachtssonne heraus. Sie konnte selbst kaum glauben, was sie da machte, und sie hatte dieses verdrehte, schwindlige Gefühl, das man bekommt, wenn man einen Telefonstreich macht – nur viel verrückter.
Zu ihrer Erleichterung meldete sich nur ein Anrufbeantworter. »Sie sind mit dem Mitternachtssonne Sensorium und Spa verbunden«,
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