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Der nasse Fisch

Der nasse Fisch

Titel: Der nasse Fisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Leute im Schuppen?«, fragte Wolter.
    »Wenn«, sagte Marlow, »dann wäre ich vorhin nicht rausgekommen, sondern hätte ihnen befohlen, Sie zu erschießen.«
    »Was dagegen, wenn ich ein paar Leute reinschicke?«
    »Wenn sie nichts kaputt machen. Ich habe den Eindruck, manche sind noch etwas klein für ihre großen Schießprügel.«
    Wolter ärgerte sich. Die ganze Zeit redete Marlow mit ihm, als hätten dessen Leute ihn in der Gewalt und nicht umgekehrt.
    Er wollte seinen Männern gerade einen Wink geben, da wurde er gestört. Von der Rüdersdorfer Straße her näherten sich zweiBraunhemden. Was sollte das jetzt? Wer hatte denn die SA bestellt? Und dann noch in voller Uniform! Blödmänner!
    Wolter erkannte Heinrich Röllecke, der strammen Schrittes marschierte. Und daneben Hermann Schäffner, den Hauswart vom Luisenufer,
     mit einer schwarzen Ledertasche. Dieser Idiot!
    Entgeistert schaute Wolter die Uniformierten an. Als sie die Rampe erreicht hatten, streckte der Sturmhauptführer ihm die
     Hand entgegen. Wenigstens machte er keinen Hitlergruß!
    »Alles bereit«, sagte Röllecke. »Wie besprochen.«
    Wolter verstand überhaupt nichts mehr. »Was soll das?«, fragte er. »Hat Seegers euch etwa als Unterstützung angefordert? Nicht
     nötig! Ich hab genug Leute hier!«
    »Wieso Seegers? Du hast doch selbst deinen Mann zu mir geschickt. Wir wollen nur unseren Teil holen. Der Laster wartet in
     der Rüdersdorfer Straße.«
    »Welchen Mann? Was redest du da?«
    »Jedenfalls habe ich das Geld dabei. Ich hoffe, du hast auch die Waffen.«
    »Die müssen jeden Moment kommen.«
    »Sind das Rote?« Röllecke zeigte auf Marlow und seine Leute, die in eine Ecke gedrängt standen.
    »Die gehören zwar zum roten Hugo, aber das ist auch das einzig Rote an ihnen.«
    Immer weiter fraß sich die Dämmerung in den Abend. In einiger Entfernung wuchsen drei Lichter aus dem Halbdunkel, die langsam
     größer wurden. Alle starrten gebannt auf das Dreieck. Eine Rangierlok schob zwei geschlossene Güterwagen auf das Gleis. Quietschend
     und rumpelnd näherten sich die Waggons und wurden immer langsamer, bis der erste mit seinen Puffern beinah sanft an einen
     Kesselwagen stieß und stehen blieb. Der Lok fauchte und rührte sich nicht mehr von der Stelle. Wie ein Geisterzug. Keiner
     der Männer auf der Laderampe hatte während dieses Schauspiels ein Wort gesprochen.
    Wolter beendete die Stille.
    »Da ist die Lieferung«, sagte er zu Röllecke. »Wo ist das Geld?«
    »Gibt’s erst, wenn ich mich von der Qualität der Ware überzeugt habe.«
    »Dann schau nach!« Wolter blieb an dem Kesselwagen stehen, an dem er sich postiert hatte, um Marlows Leute in Schach zu halten.
     Er hatte kein gutes Gefühl. Wenn das eine Falle war, dann sollte Röllecke da hineinlaufen.
    Die beiden SA-Männer stiefelten zu dem ersten Waggon. Schäffner öffnete eilfertig den Riegel und schob die schwere Tür beiseite.
    Dann glotzte er in den Wagen, als habe er ein Gespenst gesehen.
    Röllecke trat ungeduldig hinzu. »Was ist denn, Mann? Treten Sie mal beiseite.«
    Dann schaute auch er überrascht. Wütend ging er ein paar Schritte auf Wolter zu.
    »Soll das ein Witz sein?«
    »Wie?«
    »Diesen Mann in den Waggon zu stecken. Wo sind die Waffen?«
    »Wen?«, fragte Wolter.
    »Na, den Boten, den du mir gestern geschickt hast.«
    Röllecke zeigte auf den Güterwagen. Aus dem Dunkel trat Gereon Rath. Mit gezogener Pistole.
    Er musste mindestens genauso überrascht geschaut haben wie Hermann Schäffner. Dass ausgerechnet sein Hauswart den Waggon öffnen
     würde, damit hatte Rath nicht gerechnet. Eher mit einem von Marlows Leuten oder mit Bruno Wolter.
    Dennoch ein gelungener Auftritt. Er schaute sich um, alle Blicke waren auf ihn gerichtet. Es wurde langsam dunkel. Gräf hatte
     das Wichtigste hoffentlich im Kasten.
    »Ich würde an eurer Stelle nicht schießen«, herrschte er Wolters Begleiter an, die ihre Waffen nervös in seine Richtung herumgerissen
     hatten.
    »Sieh mal an, der Herr Kommissar Oberschlau«, sagte Wolter.»Und warum«, fragte er mit einem Lächeln, »soll ich meinen Leuten nicht den Befehl geben, dich einfach abzuknallen?«
    »Vielleicht, weil oben unter dem Dach des Güterschuppens ein paar Scharfschützen postiert sind, die jeden Einzelnen von euch
     aufs Korn genommen haben und denen der Finger am Abzug juckt? Außerdem bin ich nicht allein gekommen.«
    Rath hob die linke Hand. Auf dieses Zeichen hatten die Männer im Güterwaggon nur

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