Der nasse Fisch
zunehmend Schwierigkeiten bereitet. Jetzt war er endlich wieder auf dem Laufenden. Er hatte den Ahnungslosen
gespielt, als Krajewski ihm gestern erzählte, Johann Marlow sei kein normaler Geschäftsmann, sondern der eigentliche Herr
der Berolina . Von dem Gold wusste Krajewski nichts, er erzählte nur, dass Marlow auf dem Ostbahnhof mehrere Güterwaggons mit Waffen erwartete.
Sollte Dr. M. das Geheimnis des Goldes tatsächlich geknackt und die Waffen für die Rote Festung besorgt haben? Das hörte sich fast so an.
Nun, wenn er das Gold schon verhökert hatte, dann würden sie ihm eben die Waffen abnehmen. Sie standen Marlow und den Roten
ohnehin nicht zu. Seegers wartete schon ungeduldig, das meiste war für seine Leute bestimmt! Und einen Teil hatten sie Rölleckes SA versprochen. Der Sturmhauptführer zahlte gutes Geld, außerdem stimmte
bei seiner Truppe die Gesinnung.
Jedenfalls hatte Krajewski da von ihren Waffen geredet, und die würden sie jetzt holen! Es mussten riesige Mengen sein, ein ganzer Güterzug.
Gestern schon hatte er Rudi Scheer informiert und mit Seegers’ Hilfe genügend verlässliche Kämpfer zusammengetrommelt. Alles
gute Schützen. Angeführt von Bruno Wolter, Kriminaloberkommissar der preußischen Polizei, würden sie als Polizeibeamte durchgehen.
Wenn die richtige Polizei Johann Marlow nicht auf den Zahn fühlte, dann eben die falsche. Wolter wusste, dass Marlows Leute
nicht viel Respekt vor seinem Dienstausweis haben würden. Aber vor einer Hand voll Bewaffneter schon. Manche seiner Stahlhelmer
schossen besser als die Polizei. Kein Wunder, Wolter hatte sie selbst ausgebildet.
Rund ein Dutzend Männer hatte er für die Aktion auf dem Bahnhof ausgewählt. Sie trugen heute keine Uniform, nicht einmal die
kleine Stahlhelm-Anstecknadel am Revers. Die Lastwagen warteten in der Friedrichsfelder Straße. Wenn es so weit war, sollten
sie zur Laderampe kommen.
Wolter stiefelte die Gleise entlang, seine Leute folgten ihm. Eine Rangierlok zockelte mit ein paar leeren Waggons vorbei.
Aufdem Bahnhofsgelände war um diese Zeit nicht mehr viel los. Ein einziger Zug wurde noch entladen. Ein paar Krähen, die irgendetwas
Undefinierbares vom Boden pickten, flatterten auf, als die Männer sich näherten. Marlows Schuppen waren nicht mehr weit. Ein
großer Güterzug versperrte die Sicht. Wolter blieb stehen. Er beugte sich auf den Boden und schaute unter den Waggons hindurch.
Sah so aus, als stünden die Kesselwagen immer noch auf Marlows Gleis. Jetzt war es so weit. Sie teilten sich auf. Rudi führte
den größeren Trupp an, er selbst den kleineren. Wolter erklärte den anderen noch genau, welchen Weg sie nehmen sollten, dann
marschierten sie los.
Es würde aussehen wie ein Polizeieinsatz. Er hatte seinen Dienstausweis in der Tasche, Rudi Scheer ebenfalls. Dass die anderen
Männer nur Waffen trugen, das würde gar nicht auffallen.
Da kamen sie also! Er sah sie schon von weitem. Johann Marlow wusste, wo er die beste Sicht hatte. Hier oben direkt unter
dem Dach. An diesen schmalen Oberlichtern postierte er normalerweise seine Wachen. Von hier aus hatte man das ganze Gelände
im Blick, ohne selbst gesehen zu werden.
Der junge Polizeifotograf neben ihm begann zu fotografieren, als die Gesichter der Männer noch gar nicht zu erkennen waren.
Sein Job war heute der einfachste. Er musste nur Fotos machen und durfte sich nicht blicken lassen.
Alle anderen gingen ein größeres Risiko ein. Auch Johann Marlow. Niemand konnte vorhersagen, was genau passieren würde. Der
Mann mit dem zweiten Sorokin-Plan würde kommen, hatte Rath gesagt, dafür würde er sorgen. Stimmt. Da unten kam er. Dass er
gleich mit fünf Begleitern antanzen würde, das hatte der Kommissar allerdings nicht gesagt. Marlow war sich immer noch nicht
ganz sicher, ob er dem Bullen trauen konnte, obwohl der ihm vorhin den ersten Plan gegeben hatte. Bruno Wolter war einmal
Raths Chef gewesen, warum sollte er ihn jetzt verraten? Um ein schwarzes Schaf im Polizeidienst zu überführen? Es gab viele
schwarze Schafe am Alex, niemand wusste das besser als Johann Marlow. Er hattedas Gefühl, die Polizei habe sich damit arrangiert. Warum also trieb man bei Bruno Wolter so einen Aufwand, ging ein solches
Risiko ein? Was wollte Rath wirklich? Johann Marlow reinlegen?
Das würde ihm nicht gelingen. Der Kommissar war ein Kokser, Marlow hatte ihn in der Hand, sollte es hart auf hart kommen.
Die Männer
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