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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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sich bei einem eintreffenden Fremden handelte. Der letzte Fremde war in einem schimmernden Flugzeug erschienen, nur um die Nachricht zu bringen, daß es eine neue Regierung gab, unter der alle Menschen frei seien, aber diese Regierung war weit weg und vorläufig noch schwach, und die Menschen mußten sich selbst verteidigen, wenn es notwendig wurde.
    Seine Nachbarn warteten draußen, die meisten zitterten ein wenig in der Kälte. Einige von ihnen trugen Gewehre wie er; der Rest war nur mit Messern, Keulen und Heugabeln bewaffnet. Ihr Atem hing in weißen Wolken vor ihren Gesichtern. Hinter ihnen standen die Frauen, Kinder und Alten in den Eingängen, bereit, sofort in Deckung zu gehen.
    Wang Kao spähte über den Schnee. „Es ist nur ein einzelner Mann“, sagte er. „Ich sehe keine Waffen.“
    „Er reitet auf einem Esel und führt einen zweiten“, erwiderte sein Nachbar.
    Da ging etwas höchst Seltsames vor. Wer hatte es seit der großen Veränderung geschafft, mit einem Tier fertigzuwerden? Wang Kao fühlte ein Prickeln im Nacken.
    Der Mann, der sich ihnen näherte, war nicht mehr jung. Er lächelte freundlich, und eines nach dem anderen senkten sich die Gewehre. Seltsam, wie dünn er bekleidet war, so als ob noch Sommer sei! Er ritt bis an die Linie der Männer heran und grüßte sie höflich. Niemand fragte ihn nach dem Zweck seines Besuchs, die Augen, die ihn anblickten, waren Frage genug.
    „Mein Name ist Wu Hsi“, sagte er, „und ich habe eine Botschaft für euch, die von Wert sein könnte.“
    „Kommt herein, werter Herr“, lud Wang Kao ihn ein, „und nehmt an, was unsere armselige Gastfreundschaft Euch bieten kann. Es muß bitter kalt für Euch sein.“
    „Aber nein“, entgegnete der Fremde. „Das ist ein Teil meiner Botschaft. Die Menschen brauchen nie wieder zu frieren, auch wenn sie keine dicke Kleidung haben. Man muß nur wissen, wie man nicht friert.“
    Er legte ein Bein über die Schulter des Esels und beugte sich vor. Ein leichter, kalter Luftzug bewegte seinen dünnen, grauen Bart. „Ich bin einer von vielen“, fuhr er fort. „Mein Meister hat uns unterwiesen, und jetzt ziehen wir durch das Land, um andere zu lehren, und wir hoffen, daß einige von denen, die wir unterweisen, selbst einmal Propheten werden.“
    „Nun, und was lehrt Ihr, Herr?“ fragte Wang Kao.
    „Nur den richtigen Gebrauch des Geistes“, erwiderte Wu Hsi. „Mein Meister war ein Gelehrter in Fenchow, und als die große Veränderung kam, sah er, daß es eine Veränderung im Denken des Menschen war, und machte sich daran herauszufinden, wie die neuen Kräfte am besten zu nutzen seien. Es ist nur ein bescheidener Anfang, den wir hier machen, und doch glauben wir, daß wir damit der Welt einen Dienst erweisen könnten.“
    „Jeder von uns kann jetzt freier und besser denken, Herr“, erwiderte Wang Kao.
    „So ist es, ich befinde mich offensichtlich unter würdigen Menschen, und doch könnte es sein, daß meine armseligen Worte euch etwas Neues bringen. Bedenkt, ihr Leute, wie oft der Geist, der Wille, über die Schwächen des Körpers triumphiert hat. Bedenkt, wie oft die Menschen während Krankheit, Hunger und Erschöpfung überlebt haben, wo jedes Tier zugrundegegangen wäre. Und dann bedenkt, um wieviel größer die Kräfte jetzt sein müssen, wenn der Mensch sie nur benutzen könnte.“
    „Oh ja.“ Wang Kao verbeugte sich. „Ich sehe, daß Ihr über die Kälte des Winters triumphiert habt.“
    „Es ist heute nicht so kalt, um einem Menschen zu schaden, wenn er nur weiß, wie er sein Blut warm und in Bewegung halten kann. Das ist nur eine Kleinigkeit.“ Wu Hsi zuckte mit den Achseln. „Ein erhöhter Geist, ein kraftvoller Verstand kann sehr viel mit dem Körper tun; ich kann euch zum Beispiel zeigen, wie man einer Wunde befiehlt, nicht mehr zu schmerzen und zu bluten. Aber die Methoden, sich mit den Tieren zu verständigen und sie zu Freunden zu machen; sich an die kleinste Kleinigkeit zu erinnern, die man jemals gesehen oder gehört hat; der Weg, keine Gefühle und keine Wünsche zu haben, bis auf die, von denen der Verstand sagt, daß sie gut sind; die Fähigkeit, von Seele zu Seele mit einem anderen Menschen zu sprechen, ohne auch nur die Lippen zu öffnen; die Methode zu erkennen, wie die Welt wirklich ist, ohne sich in sinnlose Träumereien zu verlieren – das alles könnte, wie ich in aller Bescheidenheit glaube, auf lange Sicht von größerem Wert für euch sein.“
    „O ja, das wären sie

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