Der Nebel weicht
gebaut hatte – sie lösten partielle Differentialgleichungen hoher Ordnung, nur um eine der Kontrollen richtig einzustellen. Das Projekt war mit einer fast verzweifelten Hast vorangetrieben worden, in der vagen Erkenntnis, daß die neue Menschheit ein Ziel, eine neue Grenze, finden mußte, auf die sie zustreben konnte. Das nächste Schiff würde sich von dem ersten stark unterscheiden, wobei ein Großteil des Unterschieds auf den Daten beruhen würde, die das erste mit zurückbrachte.
„Die kosmische Strahlung bleibt konstant“, sagte Lewis. Das Schiff starrte vor Instrumenten, die man außerhalb der Hülle und der schützenden Krümmungsfelder angebracht hatte. (Ich denke, das erledigt ein für allemal die Theorie, sie seien solaren Ursprungs.)
Corinth nickte. Das Universum – zumindest der Teil, den sie durchstoßen hatten – schien von einem ständigen Hagel geladener Teilchen erfüllt zu sein, die den Raum auf dem Weg von einem unbekannten Ursprung zu einem genauso unbekannten Ziel durchstürmten. Oder hatten sie gar keine definierbare Quelle? Vielleicht waren sie ein integraler Bestandteil des Kosmos, wie die Sterne, die Nebulae. Der Wissenschaftler in ihm interessierte sich brennend für die Antwort.
„Ich glaube“, sagte er, „daß selbst die kurzen Trips, die wir durch diesen kleinen Abschnitt des Universums machen können, den Großteil der bisherigen astrophysikalischen Theorien über den Haufen werfen werden.“ (Wir müssen eine völlig neue Kosmologie entwickeln.)
„Und auch eine neue Biologie“, grunzte Lewis. (Seit der Veränderung habe ich hin und her spekuliert, und jetzt bin ich geneigt zu glauben, daß Lebensformen möglich sind, die nicht auf Kohlenstoff basieren.) „Nun ja, wir werden es sehen.“
Wir werden es sehen – welche Magie in diesem Satz doch lag!
Selbst zur Erforschung des Sonnensystems würde man Jahrzehnte brauchen. Die Sheila – der Mensch war dem Animismus, seine Werke zu taufen, zwar entwachsen, aber Corinth war sentimental genug geblieben, um für sich das Schiff mit dem Namen seiner Frau zu bezeichnen – hatte den Mond bereits bei einem Testflug besucht, ihre eigentliche Reise hatte mit einem Flug zur Venus begonnen, wo sie in die Atmosphäre eingedrungen waren und einen Blick auf die sturmgepeitschte, sandige Hölle ihrer giftigen Oberfläche geworfen hatten; dann ein Halt auf dem Mars, wo Lewis sich über die Anpassungsformen von einigen der Pflanzenarten erregte; und dann nach draußen. In einer unglaublichen Woche hatten zwei Männer zwei Planeten gesehen und waren weiter vorgedrungen. Das Sternbild Herkules lag hinter ihnen: sie wollten die Grenzbereiche des Hemmungsfeldes lokalisieren und Daten über es sammeln; dann ein kurzer Abstecher nach Alpha Centauri, um festzustellen, ob Sols nächster Nachbar Planeten hatte, und dann wieder nach Haus. Und das alles innerhalb eines Monats!
Es wird fast Frühling sein, wenn ich wieder zurück bin …
Der späte Winter lag noch über der nördlichen Hemisphäre, als sie an einem kalten, dunklen Morgen gestartet waren. Tiefliegende Wolken trieben wie zerrissener Rauch über einen stahlgrauen Himmel. Die ausgedehnte Masse Brookhavens war durch Nebel und treibenden Schnee fast nicht zu erkennen, und die dahinterliegende Stadt blieb dem Blick völlig verborgen.
Es waren nicht viele zum Start gekommen, natürlich waren die Mandelbaums dagewesen, in Kleider gehüllt, die inzwischen alt und schäbig geworden waren; Rossmans hohe, hagere Gestalt stand steif neben ihnen; ein paar Freunde, einige Bekannte aus den Laboratorien und Werkstätten, das war alles.
Helga war gekommen, sie trug einen teuren Pelzmantel, und Schneeflocken glitzerten wie Diamanten in ihrem Haar. Ihre unnatürliche, gefaßte Kühlheit sagte Corinth viel, und er hatte sich gefragt, wie lange sie nach dem Start des Schiffes warten würde, bis sie in Tränen ausbrach, aber er hatte ihr nur die Hände gedrückt und keine Worte gefunden. Danach hatte sie mit Lewis geredet, und Corinth hatte Sheila hinter das Schiff geführt.
Klein und zerbrechlich sah sie aus in ihrem Wintermantel. Sie war mager geworden, ihre feinen Knochen standen unter der Haut hervor, und ihre Augen waren riesig. Sie saß nur da und starrte an ihm vorbei – sie war so still geworden in letzter Zeit –, Corinth zitterte ein wenig. Die Hände, die in den seinen lagen, waren schrecklich dünn.
„Ich sollte dich nicht allein lassen, Liebling“, sagte er, indem er die Worte auf
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