Der Nebel weicht
der am Horizont dämmerte. Es war, als ob er den Winter nie zuvor gesehen hätte – kahle, schwarze Bäume vor einem windstillen, schweigenden Himmel, weiße, schwerbeladene Dächer, Fenster mit Eisblumen und eine einsame Krähe, die düster und trostlos auf einem Telefonmast saß. Und wirklich, dachte er, eigentlich habe ich es ja auch noch nie gesehen.
Der Schneefall hatte etwas wärmere Luft mitgebracht, aber sein Atem drang immer noch als weißer Nebel aus seiner Nase, und er spürte ein Brennen in seinem ungeschützten Gesicht. Er klatschte in die Hände – ein seltsam lautes Geräusch in der Stille –, blies die Wangen auf und sagte: „Na, Joe, es sieht so aus, als ob wir das nächste halbe Jahr außer Gefecht gesetzt wären. Schnee schon Mitte November, und es würde mich nicht wundern, wenn es Ostern auch noch weiß ist.“ Der Hund sah zu ihm auf, er verstand das meiste, konnte aber nur beschränkt antworten. Dann gab er seinen Instinkten nach und raste springend und kläffend über den Hof, um die Farm mit seinem Lärmen zu wecken.
Eine kleine, untersetzte Gestalt, die so dick vermummt war, daß nur die Proportionen der Arme und Beine zeigten, daß sie nicht menschlich war, kam aus dem Haus, erschauerte, und schnell eilte sie zu dem Mann. „Kalt“, schnatterte sie. „Kalt, kalt.“
„Es wird noch kälter, fürchte ich, Mehitabel“, sagte Brock und legte der Schimpansin eine Hand auf den pelzigen Kopf. Er fürchtete immer noch, daß die beiden Affen den Winter nicht überleben würden. Er hatte alles mögliche für sie getan, ihnen warme Kleidung genäht und sie nur im Haus oder im Stall beschäftigt, wo es warm war, aber die beiden hatten eben schwache und anfällige Lungen.
Brock hoffte verzweifelt, daß sie am Leben bleiben würden. Obwohl sie von Natur aus faul waren, hatten sie ihm tapfer geholfen; er wußte, daß er ohne sie mit den Vorbereitungen für den Winter nicht fertig geworden wäre. Und vor allem waren sie seine Freunde geworden – er konnte sich mit ihnen unterhalten, nachdem sie eine Art Pidgindialekt entwickelt hatten. Sie hatten nicht viel zu sagen, und ihr sprunghaftes Denken blieb nie lange bei einem Thema, aber selbst das war noch besser als völlige Einsamkeit. Brock mußte schon lachen, wenn er sie an den Geräten turnen sah, die er für sie gebaut hatte, und in diesen Tagen war Lachen etwas Seltenes geworden.
Seltsamerweise arbeitete Mehitabel am liebsten im Stall oder in der Scheune, während Jimmy am Herd stand und kochte. Aber diese Einteilung war im Grunde genommen völlig unwichtig. Die beiden Schimpansen lösten jede gestellte Aufgabe rasch und geschickt.
Brock ging über den Hof, wobei seine Stiefel schmutzige Spuren in dem Weiß zurückließen, und öffnete die Stalltür. Aus dem Halbdunkel schlug ihm eine Welle animalischer Wärme entgegen. Mehitabel schaffte Heu und Hafer für die Tiere heran – fünfzehn Kühe, zwei Pferde und der Elefant Jumbo –, während Brock mit dem Melkeimer bei den Kühen saß.
Die zurückgebliebenen Tiere schienen sich unterdessen an die neue Ordnung der Dinge gewöhnt zu haben. Brock krümmte sich innerlich. Sie vertrauten ihm, wie die Menschen früherer Zeiten den Göttern ihr Vertrauen geschenkt hatten, und heute würde er ihr Vertrauen mißbrauchen müssen. Er konnte es nicht länger hinausschieben, das würde es nur noch schwerer machen.
Die Tür öffnete sich wieder, und Wuh-Wuh kam hereingehumpelt, suchte sich einen Melkschemel und machte sich ebenfalls an die Arbeit. Er schwieg dabei, während seine Finger mechanisch arbeiteten, aber das war nicht außergewöhnlich. Brock vermutete, daß Wuh-Wuh bis auf das unbestimmbare Grunzen, dem er seinen Namen verdankte, nicht sprechen konnte.
Der Idiot war vor einigen Wochen auf der Farm erschienen – zerlumpt, verdreckt und halb verhungert. Er mußte aus irgendeiner Anstalt geflüchtet sein: eine bucklige Gestalt unbestimmbaren Alters mit einem häßlich deformierten Kopf und ausdruckslosen Augen. Wuh-Wuhs Intelligenz hatte sich offenbar wie die aller anderen Menschen erhöht, aber auch das änderte nichts daran, daß er sowohl geistig als auch körperlich verkrüppelt war.
Er war bei seiner Ankunft nicht gerade mit Begeisterung empfangen worden. Die Ernte lag damals bereits in der Scheune, und Brock hatte schon genügend Sorgen, wenn er an den kommenden Winter dachte. Dieser zusätzliche Esser warf alle seine Berechnungen über den Haufen. „Ich bringe ihn um, Boß“, sagte
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