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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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wirklich, ehrenwerter Herr, und wir sind dessen nicht würdig“, erklärte Wang Kao ehrfürchtig, fast erschreckt. „Wollt Ihr jetzt nicht hereinkommen und mit uns essen?“
    Es war ein großer Tag für das Dorf, obwohl die Botschaft so leise und unauffällig gekommen war. Wang Kao dachte daran, daß es bald ein großer Tag für die ganze Welt sein würde. Er fragte sich, wie die Welt wohl in zehn Jahren aussehen würde, und selbst seine geduldige Seele konnte kaum erwarten, es zu sehen.
     
    Draußen vor den Sichtluken war der Himmel – Eis und Schwärze, eine Million frostiger Sonnen verstreut in einer elementaren Nacht. Die Milchstraße ergoß sich als brillanter, strahlender Strom, Orion stand gigantisch vor der Unendlichkeit, und alles war kalt und lautlos.
    Der Raum umgab das Schiff wie ein schweigender Ozean. Die irdische Sonne schrumpfte zusammen, als sie der Endlosigkeit zustrebten, und dann gab es nur noch Nacht und Stille und die titanische schimmernde Schönheit des Firmaments. Peter Corinth blickte auf die Sterne, jeder ein flammender Riese, spürte ihre schreckliche, unfaßbare Einsamkeit und fühlte, wie er innerlich erbebte. Das war das All, das alle Vorstellungskraft sprengte, Welten über Welten – und doch war jede in all ihrer Pracht nichts gegen das Mysterium, das es selbst darstellte.
    „Vielleicht mußt du Gott finden.“
    Nun, es mochte sein, daß er ihn gefunden hatte. Zumindest hatte er etwas gefunden, das größer, bedeutender war als er selbst.
    Seufzend wandte Corinth sich wieder der metallenen Wärme der Kabine zu, dankbar für ihre Endlichkeit, ihre Begrenztheit. Lewis saß vor den Anzeigen, beobachtete sie und kaute an einer kalten Zigarre. In seinem runden, frischen Gesicht war von Ehrfurcht nichts zu sehen, und er summte irgendein Lied vor sich hin, aber Corinth wußte, daß die unermeßliche Kälte auch nach ihm gegriffen und ihn berührt hatte.
    Der Biologe nickte kaum merklich. (Arbeitet phantastisch. Der Psi-Antrieb, die Bildschirme, die Gravitation, Klimaanlage, die Servomechanismen – ein hübsches Boot haben wir da!)
    Corinth suchte sich einen Sessel, setzte sich, seine schlaksige Gestalt zusammenfaltend, hinein und verschränkte die Hände über einem Knie. Unterwegs zu den Sternen – es war ein Triumph, vielleicht die größte Errungenschaft der Menschheitsgeschichte. Garantierte sie doch, daß es immer eine Geschichte geben würde, ein Nach-draußen-gerichtet-sein des Menschen, so daß er nicht auf seinem kleinen Planeten stagnieren mußte. Nur daß er, als Individuum, irgendwie nicht die Erregung der Eroberung spürte. Das hier war zu bedeutend für schmetternde Fanfaren.
    Oh, intellektuell hatte er immer gewußt, der Kosmos war so riesig, daß er das Begreifen überstieg, aber es war ein totes Wissen gewesen, ein farbloser, quantitativer Begriff, nicht mehr. Jetzt war es Teil seiner selbst. Er hatte es erfahren und konnte nie mehr auch nur ungefähr der gleiche Mensch sein, der er einmal gewesen war.
    Getrieben von einer Kraft, die größer war als die aller Raketen, befreit von den relativistischen Geschwindigkeitsbeschränkungen, reagierte das Schiff gegen die Gesamtmasse des Universums und hatte, obwohl es sich schneller als das Licht bewegte, keine Geschwindigkeit im eigentlichen, strengen Sinn. Seine Wahrscheinlichkeitsposition verschob sich in einer rätselhaften Weise, deren Beschreibung einen völlig neuen Zweig der Mathematik erfordert hatte. Es erzeugte sein eigenes, internes Pseudogravitationsfeld, sein Treibstoff war die Masse selbst – jede Masse, die in Energie verwandelt wurde, in einem Verhältnis von neun mal zehn hoch zwanzig Ergs pro Gramm. Seine Bildschirme, die den Dopplereffekt und die Aberration kompensierten, zeigten den nackten Glanz des Weltalls, den die Augen unbewehrt niemals würden sehen können. Das Schiff transportierte, schützte und ernährte seine Fracht aus schwächlichem organischen Gewebe, und die, die Göttern gleich in ihm reisten, erkannten ihre Sterblichkeit mit überwältigender und seltsam erhebender Klarheit.
    Trotzdem wirkte das Schiff ziemlich unfertig. In ihrer Eile, die Arbeit von tausend Jahren in wenigen Monaten zu vollenden, hatten seine Erbauer viel von dem weggelassen, was sie sonst hatten einbauen können, insbesondere Computer und Roboter, die das Schiff völlig automatisiert hätten. Die Männer an Bord konnten mit ihren veränderten Gehirnen so gut und so rasch rechnen wie jede Maschine, die man bisher

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