Der Nebel weicht
Vorhaben lief. Niemand schenkte ihm besondere Beachtung oder erkannte, was unter der Oberfläche von Grunewalds Erklärungen lag.
Sheila hörte ihm geistesabwesend zu, und er fragte sich, in welche unzugänglichen Regionen ihr Ich sich zurückgezogen hatte. „Warum?“ fragte sie. „Was ist Ihr eigentliches Ziel?“
Manzelli lächelte gönnerhaft. (Ist das nicht offensichtlich? Wir wollen eine) „Orbitale Raumstation bauen“ (die die Erde in großer Höhe umkreist). „Voll ausgereifte Feldgeneratoren“ (an Bord. Wir bringen die Menschheit zurück in den) „Alten Zustand.“
Sie schrie nicht auf, weinte auch nicht oder lachte gar. Sie nickte nur, als sei das alles ein verschwommenes, bedeutungsloses Bild.
(Sie ziehen sich vor der Wirklichkeit zurück – sind Sie tatsächlich gesund?) fragten Grunewalds Augen.
(Welche Wirklichkeit?) blitzte sie ihn an.
Manzelli zuckte die Achseln. Er wußte, daß sie nichts verraten würde, soviel konnte er aus ihr lesen, und nur das zählte. Wenn es ihr nicht die erregte Freude gab, auf die Grunewald gehofft hatte, war das nicht sein Problem.
Sheila durchquerte den Raum und blieb vor einem Tisch stehen, auf dem eine Kollektion von Apparaten aufgebaut war, die eindeutig medizinisch wirkte. Sie betrachtete den Tisch mit den Anschnallgurten, den Behälter mit Injektionsnadeln und Ampullen – und dem schwarzen Gerät am Kopfende …
„Was ist das?“ fragte sie. Ihr Tonfall hätte den Männern zeigen müssen, daß sie es bereits wußte, aber die beiden waren zu tief in ihren eigenen Wünsche verstrickt.
„Modifizierte Elektroschockbehandlung“, antwortete Grunewald. Er erklärte ihr, daß sie in den ersten Wochen nach der Veränderung einige Tierversuche unternommen hatten, um die rein funktionellen Effekte der Intelligenz durch systematische Zerstörung der Zellen des Zerebralkortex und deren Auswirkung zu studieren. Aber die Versuche waren bald wieder aufgegeben worden, weil sie zu grausam waren und so gut wie keine nützlichen Ergebnisse gebracht hatten. „Ich dachte, Sie hätten“ (schon davon gehört), schloß er. (Wir haben selbst nie damit gearbeitet, aber die) „Biologen und Psychologen, als Pete“ (noch hier war. Ich erinnere mich daran, daß er) „heftige Einwände“ (dagegen erhoben hat), „Ihnen“ (gegenüber doch bestimmt auch).
Sheila nickte schwach.
(Die) „Veränderung“ (hat die) „Menschen grausam“ (gemacht), warf Manzelli ein. (Und) „Jetzt“ (sind sie) „nicht einmal“ (mehr das. Sie sind zu etwas anderem geworden, und diese Welt der entwurzelten Intellektuellen hat ihre alten Sehnsüchte und Träume verloren. Wir wollen die Menschlichkeit zurückbringen).
Sheila kehrte der häßlichen, schwarzen Maschine den Rücken zu. „Ich muß jetzt gehen“, sagte sie.
„Ich … nun …“ Grunewald sah auf den Boden. „Sie bleiben doch mit uns in Verbindung?“ (Lassen Sie uns wissen, wo Sie stecken, falls Pete wieder zurückkommt …)
Ihr Lächeln wirkte so entlegen wie der Tod. (Er kommt nie zurück. Und ich muß jetzt wirklich gehen.)
Sheila ging in den Korridor hinaus. Neben dem Treppenhaus war eine Toilette ohne geschlechtsspezifische Markierung. Selbst die westliche Welt war längst jenseits solcher Prüderie, sie ging hinein und blickte in den Spiegel. Das Gesicht, das ihr entgegenblickte, war eingefallen und hager, das Haar hing strähnig und verwahrlost auf die Schultern. Sie unternahm den Versuch, es mit Kamm und Wasser zu richten, ohne zu wissen, warum sie das tat; dann ging sie die Treppen in den ersten Stock hinab. Die Tür zum Büro des Direktors stand offen, so daß ein leichter Luftzug ungehindert durch den Raum streichen konnte. Überall standen leise summende Maschinen, die vermutlich die Arbeit eines großen Sekretariats übernommen hatten. Sheila durchquerte das Vorzimmer und klopfte an die offene Tür des nächsten Büros.
Helga Arnulfsen sah von ihrem Schreibtisch auf. Sheila stellte fest, daß sie ebenfalls etwas Gewicht verloren hatte; unter ihren Augen lagen tiefe Schatten. Aber Helga wirkte trotzdem noch immer so kräftig und energisch wie früher. Sie sah auf und rief überrascht: „Sheila!“
„Guten Tag.“
„Komm herein.“ (Ja, komm herein und setz dich. Wir haben uns lange nicht mehr gesehen.) Helga ging lächelnd auf Sheila zu und gab ihr die Hand, aber ihre Finger waren kalt.
Sie drückte auf den Knopf an ihrem Schreibtisch, und die Tür schloß sich. (Jetzt können wir uns in aller)
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