Der Nebel weicht
„Ruhe“ (unterhalten), sagte sie. (Das ist das Zeichen, daß ich nicht gestört werden möchte.) Sie zog sich einen Stuhl heran, setzte sich Sheila gegenüber und schlug die Beine nach Männerart übereinander. „Ich freue mich“, (dich wiederzusehen. Hoffentlich geht es dir gut.) Armes Kind, du siehst wirklich schlecht aus.
„Ich …“ Sheila spielte unsicher mit ihrer Handtasche. „Ich …“ (Warum bin ich gekommen?)
Augen: (Wegen Pete.)
Nicken: (Ja. Ja, das muß es sein. Manchmal weiß ich gar nicht, weshalb ich … Aber wir haben ihn beide geliebt, nicht wahr?)
„Er hat sich immer nur deinetwegen Sorgen gemacht“, antwortete Helga, ohne etwas zu sagen. Und du hast ihm Kummer bereitet. Dein Leiden war eine ständige Quelle der Qual für ihn.
Ich weiß. Das ist das Schlimmste, es bedrückt mich am meisten. „Aber er war nicht mehr der gleiche Mann“, sagte Sheila. (Er veränderte sich zu sehr – wie die ganze Welt. Obwohl ich ihn festzuhalten versuchte, entglitt er mir allmählich.) „Ich habe ihn schon vor seinem Tod verloren.“
„Nein. Du hast ihn immer besessen, nur du.“ Helga zuckte mit den Schultern. „Egal, das Leben geht weiter“ (auf beschränkte Weise. Wir essen, atmen, schlafen und arbeiten, weil wir nichts anderes zu tun haben.)
„Du bist stark“, sagte Sheila. (Du hast durchgehalten, wo ich es nicht konnte.)
„Ach, ich habe einfach weitergemacht“, erwiderte Helga.
„Du hast noch eine Zukunft.“
„Ja. Ich glaube schon.“
Sheila lächelte, das Zucken ihres Mundes sagte: (Ich bin glücklicher als du. Ich habe die Vergangenheit.)
„Vielleicht kommen sie zurück“, meinte Helga. (Niemand weiß, was ihnen zugestoßen ist. Hast du den Mut zu warten?)
„Nein“, antwortete Sheila. „Ihre Körper kommen vielleicht zurück“, (aber nicht Pete. Er hat sich zu sehr verändert, aber ich kann mich nicht mit ihm verändern. Ich will aber auch nicht der Mühlstein um seinen Hals sein.)
Helga legte eine Hand auf Sheilas Arm. Wie dünn er war. Man konnte die Knochen spüren. „Ausharren“, sagte sie. „Therapie“ (macht Fortschritte. Du wirst wieder) „Normal“ (in … hm … ein) „paar Jahre“(n) „höchstens.“
„Ich glaube nicht.“
In den kühlen, blauen Augen zeigte sich – schlecht verschleiertem Hauch von Verachtung. Willst du nicht für die Zukunft leben? Ist denn tief in dir nicht der Wunsch, Schritt zu halten? „Was sonst“ (kannst du tun) „außer warten? Außer“ (natürlich) „Selbstmord …“
„Nein, das auch nicht.“ (Es gibt immer noch die Berge, tiefe Täler, schimmernde Flüsse, Sonne und Mond und sternklare Winternächte.) „Ich werde mich schon … anpassen.“
(Ich bin mit) „Kearnes“ (in Verbindung geblieben. Er) „scheint“ (zu) „glauben“, (daß du) „Fortschritte“ (machst).
„Oh, ja.“ Ich habe gelernt, es zu verbergen. Es gibt zu viele aufmerksame Augen in dieser neuen Welt.
„Aber“ (ich bin) „nicht gekommen“, (um über) „mich selbst zu reden, Helga.“ (Ich wollte mich nur) „Verabschieden.“
„Wo“ (bist du zu erreichen? Ich muß mit dir in Verbindung bleiben, falls er wieder zurückkommt.)
„Ich schreibe“ (und gebe dir meine Adresse.)
„Oder du gibst die Nachricht einem Sensitiven.“ (Das früher übliche System der Nachrichtenübermittlung ist überholt.)
Das also auch? Ich erinnere mich noch gut an den alten Mister Burneveldt, der in seiner blauen Uniform die Straße entlangschlurfte, als ich noch ein kleines Mädchen war. Er hatte immer ein Bonbon für mich.
„Also, ich habe allmählich Hunger“, sagte Helga. (Gehen wir gemeinsam zum) „Mittagessen?“
(Nein, danke. Ich fühle mich nicht danach.) Sheila erhob sich. „Leb wohl, Helga.“
„Nicht leb wohl, Sheila. Wir werden dich wiedersehen, und dann wirst du völlig wohlauf sein.“
„Ja“, entgegnete Sheila. „Dann werde ich wohlauf sein. Aber trotzdem: leb wohl.“
Sie verließ das Büro und das Gebäude. Es waren jetzt mehr Leute unterwegs, und sie mischte sich unter sie. Ein Hauseingang auf der anderen Seite der Straße bot sich als Versteck an.
Sie hatte nicht das Gefühl, Abschied zu nehmen. Es war nur eine große Leere in ihr, als ob Kummer, Einsamkeit und Verwirrung einander gegenseitig verschlungen hätten. Hin und wieder huschte einer der Schatten durch ihr Denken, aber sie schreckten sie nicht mehr. Beinahe taten sie ihr leid. Arme Gespenster! Sie würden bald sterben.
Sie sah Helga herauskommen und die
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