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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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zurück, und ihre Augen gewannen wieder den alten Glanz. Aber Boldirinthe war zu erschöpft für Dankestiraden. »Ja. Das Werk ist getan. Und gut getan«, sagte sie. »Aber sorgt jetzt dafür, daß das Kind Ruhe hat. Haltet diese Leute von ihr fern, jedenfalls jetzt. Danach: Warme Kraftbrühe und frisch gepreßten Fruchtsaft. In ein paar Tagen wird sie wieder munter und auf den Beinen sein, so gut wie neu, das versprech ich dir.«
    »Boldirinthe…«
    »Bemüh dich nicht«, sagte die Opferfrau. Das Mädchen hatte die Augen wieder geschlossen und war in einen tiefen gesunden Heilschlaf gesunken. Aurae umglühten ihren Leib. Doch Boldirinthe konnte hinter dem äußeren Erscheinungsbild noch immer die verwundete Nest-Kreatur sehen, tief drunten, den verborgenen inneren Hjjk, er glühte wütend wie eine rotentzündete Wunde. Und Boldirinthe überlief ein leichtes Schaudern.
    Aber sie wußte, sie hatte dem Ding einen schrecklichen Schlag versetzt. Alles andere lag nun bei Nialli selbst. Und bei der Fünffaltigkeit, selbstverständlich.
    »Helft mir auf«, bat sie. Ihr Atem pfiff leise. Sie fuhr sich über die Stirn. »Oder holt zwei, drei von den anderen rein, wenn ihr’s nicht alleine schafft.«
    Taniane lachte. Dann hob sie Boldirinthe ganz mühelos von ihrem Hocker, als wäre sie so leicht wie ein Kind.
    In der grauen Steinhalle, im flackernden Schein der grünen Glühkugeln trat Husathirn Mueri auf sie zu und faßte sie am Arm. Er sah gereizt aus und irgendwie hilflos.
    »Wird sie leben, Boldirinthe?«
    »Aber sicher wird sie. Ganz ohne den geringsten Zweifel!«
    Sie wollte weiterwatscheln. An diesem Tag war sie in tiefste Tiefen hinabgestiegen und von da wieder zurückgekehrt, und das hatte sie ziemlich viel körperliche und seelische Kraft gekostet. Sie hatte im Augenblick nicht die geringste Lust, sich hier aufhalten zu lassen, um mit Husathirn Mueri zu schwatzen.
    Aber der hielt sie weiterhin fest. Ließ einfach nicht
los. Ein heuchlerisch warmes Grinsen zog über sein Gesicht.
    »Du bist allzu bescheiden«, schmeichelte er. »Ich kenne mich selbst ein wenig in den Heilkünsten aus. Dieses Mädchen lag im Sterben, ehe du hergekommen bist, um sie zu behandeln.«
    »Nun, jedenfalls stirbt sie jetzt nicht mehr.«
    »Ich bin dir zu tiefstem Dank verpflichtet.«
    »Ach ja, da bin ich mir ganz sicher.«
    Sie schaute ihn lange scharf an, versuchte, hinter den Sinn seiner Worte zu kommen. Bei ihm mußte man stets gewärtig sein, daß sich hinter seinen Äußerungen etwas Doppeldeutiges verbarg. Sogar wenn dieser Mann nieste, hatte das irgendwie etwas Hinterhältiges.
    Husathirn Mueri erträglich oder nett zu finden, das war etwas, was Boldirinthe niemals möglich gewesen war, und dies beunruhigte sie ein wenig, denn sie fand es abscheulich, irgendwen widerwärtig zu finden; aber er war außerdem auch noch Torlyris Sohn, was die ganze Sache nur noch schlimmer machte. Torlyri hatte sie so sehr geliebt, wie sie die eigene Mutter nicht hätte inniger lieben können. Und da war jetzt dieser Husathirn Mueri, ein alerter Mann, gescheit, attraktiv und gewissermaßen sogar warmherzig, und er sah nun einmal Torlyri ziemlich ähnlich; mit diesen leuchtendweißen Streifen in seinem schwarzen Pelz… Und dennoch brachte Boldirinthe es nicht über sich, den Mann zu mögen. Sie mochte ihn ganz und gar nicht! Es ist seine Schläue, dachte sie, und sein ungehemmter Ehrgeiz. Woher stammten diese Eigenschaften? Gewißlich nicht von Torlyri. Und auch nicht von seinem Vater, diesem nüchternen, unbeugsamen Bengkrieger. Na ja, sagte sie sich, auch die Götter gehen manchmal geheimnisvolle Wege. Und jeder von uns ist eines ihre ganz besondren Rätsel.
    Leise sagte Husathirn Mueri: »Du weißt doch, daß ich sie liebe.«
    Boldirinthe tat das achselzuckend ab. »Wir alle lieben sie.«
    »Ich meinte aber, auf eine besondere Weise.«
    »Ja. Sicher ist das so.«
    Seine Torheit machte sie traurig. Sie hatte kein Verlangen danach, zuzuschauen, wie einer sich bei sowas weh tat. War denn diesem Husathirn Mueri nicht klar, wie anders sie war, diese Mädchenfrau, die zu lieben er behauptete? Es mußte ihm doch inzwischen wenigstens der Verdacht gekommen sein, daß Nialli sich Kundalimon als Geliebten erwählt hatte. Und dies, nachdem sie die feinsten Jungmänner abgewiesen hatte, welche die Stadt zu bieten hatte. Nun, Kundalimon war tot; vielleicht fand Husathirn Mueri ihn deshalb nicht weiter wichtig. Was aber würde er sagen, wenn er wüßte, daß er

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