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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Schismas’, der Spaltung des VOLKS. Hier standen die aus dem Koshmarstamm, drüben, ihnen gegenüber die anderen, die sich auf Harruels Seite geschlagen und für den Auszug aus Vengiboneeza optiert hatten. Minbain, Hreshs Mutter, Harruels Gefährtin, war unter ihnen; doch Hresh hatte sich gerade entschieden, nicht mit ihr zu ziehen. »Ich habe hier noch wichtige Dinge zu erledigen«, hatte er gesagt.
    Und Harruel hatte zorngeschwellt in plötzlicher blinder Wut mit seinem gewaltigen Arm ausgeholt.
    »Erbärmlicher Knabe! Du verlauster, flohzerstochner kleiner Betrüger!«
    Der Schlag streifte ihn nur, doch er war heftig genug, um Hresh von den Füßen zu reißen und ihn durch die Luft segeln zu lassen. Und dann lag er betäubt und zitternd auf der Erde. Und blieb da so liegen, bis Torlyri kam, ihn aufhob und in ihre warmen Arme schloß.
    »Denk darüber nach«, sagte Torlyris Sohn jetzt zu ihm. »Ist es dein Bruder Thu-Kimnibol, der dort im Stadion jetzt seine Armee ausbildet? Oder ist es König Harruel?« Husathirn Mueri bedachte Hresh mit einem scharfen spähenden Blick, dann machte er kehrt und ging. Als Hresh die Eingangshalle des Hauses des Wissens betrat, verfolgte ihn weiter das von Husathirn Mueri Gesagte, und er steckte tief in Gedanken über die Bedrückungen der Vergangenheit und die bedrohlich scheinende Zukunft. Da kam aus einem der inneren Büros Chupitain Stuld auf ihn zu und fragte: »Soll ich die Artefakte von Tangok Seip jetzt rauf in dein Studio bringen, Herr?«
    »Die Artefakte von Tangok Seip?«
    »Ja, die Funde, die dieser Bauer nach dem Erdrutsch dort in der Höhle entdeckt hat. Du hast gesagt, du willst sie dir heute mal vornehmen.«
    »Ach ja. Ja. Diese Werkzeuge meinst du.«
    Er mühte sich, den Nebel abzuschütteln, der ihn einhüllte. Seine Gedanken waren von einem Ende der Welt bis zum anderen zerstreut.
    Diese versteckten Schätze aus der Großen Welt, ja… Chupitain Stuld hatte ihn während der letzten paar Tage unablässig gedrängt, die Funde zu untersuchen. Wahrscheinlich hat sie ja recht damit, dachte er. Wochen waren seit der Entdeckung verstrichen, und er hatte sich noch nicht einmal bereitgefunden, sie auch nur anzusehen. Er war von anderen Sachen völlig präokkupiert und abgelenkt worden. Aber Plor Killivash hatte ihm den Fund als bedeutend gemeldet. Wenigstens muß ich mir das mal anschauen, sagte sich Hresh.
    Chupitain Stuld wartete geduldig auf eine Antwort.
    »Ja, bring sie mir hinauf. In eine halben Stunde, ja? Ich muß vorher erst noch ein paar andere Dinge erledigen.«
    Dann ging er über die Wendelrampe zu seinem privaten Studio hinauf.
    Auf irgendeine merkwürdige Weise befindet er sich auf einmal außerhalb des Gebäudes. An der Dachbrüstung. Und ohne daß er sich bemüht hätte, den Barak Dayir aus seinem Brustbeutel zu holen, fühlt er plötzlich, wie er emporsteigt, in die Höhenluft hinaufschwebt, über der Stadt kreist und mühelos höher und immer höher fliegt, über die Wolkenballungen hinaus und tiefer – höher – hinein in den Himmel jenseits des Firmaments. Hier oben ist alles Schwärze, von Scharlachstreifen durchzogen. Kühle Luftströme fließen an ihm vorbei. Winzige Eisgeschosse bombardieren sein Fell. An den Fingerspitzen sitzen Eiskristalle. Und er tanzt auf dem Nichts.
    Wenn er nach unten blickt, kann er alles wie durch ein sauberes Fenster in der Finsternis sehen. Die ganze Stadt liegt frei vor ihm.
    Er sieht das Stadiongelände und die Rekruten des ‚Schwert von Dawinno’ in Marschformation exerzieren, und an ihrer Spitze stapft breitbeinig und heftig gestikulierend die eindrucksvolle Gestalt Thu-Kimnibols und brüllt Kommandos.
    Er sieht Nialli Apuilana durch einen Park gehen, und sie bewegt sich wie jemand, der sich in einem Traum verirrt hat. Geheimnisse umhüllen ihre Seele. Eine grelle scharlachrote Spannungslinie läuft hindurch, als stünde sie kurz vor dem Zerreißen.
    Hinter Nialli – beträchtlich von ihr entfernt – lauert Husathirn Mueri. Auch er ein Rätsel, ein Geheimnis: An der Oberfläche ziemlich durchschaubar seine Machtgier und dies kläglich-lechzende Verlangen nach Nialli. Doch was verbirgt sich darunter? Hresh spürt nur eine Leere. Wie kann das sein? Dieses Nichts? Im Sohn von Torlyri und Trei Husathirn? Da muß doch noch etwas mehr sein in ihm als dies. Aber was? Wo?
    Hreshs Blick schweift weiter.
    Da, jetzt sieht er seinen Garten der Gefangenen Tiere. Die pelzigen rätselhaften blauen Stinchitolen, die

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