Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
mit scharfen schmerzhaften Attacken aus dem Hinterhalt zu. Nialli hatte getan, was ihr möglich war und hatte ihren Wunderstein eingesetzt, um das Blendwerk der hjjkischen Phantasmen zu durchbrechen und sie ihrerseits mit Phantomprojektionen zu verwirren. Aber es war ein harter, schwieriger Kampftag gewesen, und er hatte keine Entscheidung gebracht. Und der morgige Tag versprach nichts Besseres.
    »Waren unsere Verluste heute sehr groß?« fragte Nialli.
    »Nicht ganz so schlimm, wie es zunächst aussah. Ein Dutzend Gefallene, um die fünfzig Blessierte. Unter den Toten sind Leute aus Chhams Truppe, also, was davon noch übrig war. Yissou-Stadt wird über Jahre hinweg in jeder Hinsicht kaputt sein. Eine ganze Generation ist zugrunde gegangen.«
    »Und Dawinno-Stadt?«
    »Wir hatten keine vergleichbar hohen Verluste. Yissou hat praktisch an einem einzigen Tag eine ganze Armee eingebüßt.«
    »Während wir unsere Krieger so in kleinerer Stückzahl nach und nach verlieren. Aber zum Schluß kommt es dann doch aufs gleiche heraus, nicht wahr?«
    Er bedachte sie mit einem unausdeutbaren Blick. »Sollen wir also aufgeben?«
    »Was meinst du denn?«
    »Ich sage, wenn wir weiterkämpfen, werden sie uns nach und nach aufreiben und vernichten, egal wie großen Schaden wir ihnen zufügen; aber wenn wir nicht kämpfen, dann verlieren wir unsere Seele. Ich sage, die Zeit spielt gegen uns, und ich stecke in einem Wust von verwirrenden Rätseln, wie ich sie nie vorher in meinem Leben gekannt habe.« Er wandte den Blick ab und starrte auf seine geöffneten Hände, als hoffte er, darin Orakelsprüche zu lesen. Aber als er dann weitersprach, wurde deutlich, daß er sie dort nicht gefunden hatte. »Mir will scheinen, Nialli, als müßte ich diesen Feldzug mit einem großen Zwiespalt in meinem Herzen führen, in zwei gegensätzliche Richtungen gleichzeitig gezerrt. Ich stürme vorwärts, voll eifriger Wut, und will die Hjjks vor mir ausmerzen und niederbrennen, wie ich Vengiboneeza verbrannt habe, und will weiterziehen und das Nest mitsamt allem, was darinnen ist, austilgen. Aber zur gleichen Zeit scheut ein Teil in mir davor zurück, drängt mich zum Rückzug, betet sehnlich, daß der Krieg enden möge, ehe ich der Königin Schaden zufüge. Kannst du begreifen, was es für mich bedeutet, so hin- und hergerissen zu sein?«
    »Das habe auch ich einmal gefühlt. Der verführerische Zauber des Nestes ist sehr stark.«
    »Hat mich Hresh deshalb da mit hingenommen, was glaubst du? Um mich der Königin in die Hände zu liefern?«
    Nialli schüttelte den Kopf. »Nein, er wollte nur, daß du jeden Aspekt des Konflikts sehen solltest. Du solltest erkennen, daß die Hjjks gefährlich sind, aber nicht böse, daß sie Größe besitzen, aber von einer Art, die so ganz verschieden ist von allem, was wir darunter verstehen könnten. Aber – wenn du in Berührung mit dem Nest kommst, dann macht es sich zu einem Teil von dir und dich zu einem Teil des Nestes. Ich weiß das. So war es auch für mich, und ich glaube, viel tiefgreifender und grundsätzlicher, als es bei dir der Fall ist. Vergiß nicht, ich gehörte einst zum Nest.«
    »Ich weiß.«
    »Und ich habe mich davon befreit. Aber eben nicht völlig. Ich kann nie vollkommen davon loskommen. Die Königin wird stets in mir bleiben.«
    Thu-Kimnibols Augen loderten. »Und in mir, ist sie da ebenfalls?« rief er mit angstvoller Stimme.
    »Ich glaube, ja.«
    »Aber wie kann ich dann diesen Krieg führen, wenn meine Todfeindin Teil von mir ist und ich ein Teil von ihr?«
    Nialli zögerte nur kurz. »Überhaupt nicht.«
    »Aber ich verabscheue die Hjjks. Ich will sie vernichten.«
    »Sicher, das tust du. Aber du wirst es dir niemals erlauben, es auch wirklich zu tun.«
    »Aber, Nialli – dann bin ich verloren! Wir alle sind verloren!«
    Sie blickte in das Schattendunkel. »Das ist die große Prüfung, die uns die Götter bestimmt haben, verstehst du nicht? Es gibt keine bequeme Patentlösung. Mein Vater glaubte, wir könnten mit den Hjjks zusammen eine Art Einigung erzielen, daß wir in Harmonie mit und neben ihnen leben könnten, so wie die Saphiräugigen und die anderen in der Großen Welt mit ihnen zusammenlebten. Doch so klug er war, er hat sich geirrt. Gerade als ich mich aus den Zauberverstrickungen der Königin zu befreien begann, fiel er ihr immer mehr anheim und wurde schließlich ganz davon durchdrungen. Aber wir haben hier nicht die Große Welt. Eine Assimilation zwischen zwei derart

Weitere Kostenlose Bücher