Der neue Frühling
gegensätzlichen Rassen ist unmöglich. Für die Hjjks ist es ein naturgegebenes Verlangen, durch Absorption die Herrschaft zu erlangen. Und wir können bestenfalls nur hoffen, daß es uns gelingt, sie in Schach zu halten, wie dies vielleicht in der Großen Welt-Zeit die anderen Rassen mit ihnen taten.«
»Aber warum sollten wir sie nicht ganz und gar ausrotten?«
»Weil es höchstwahrscheinlich außerhalb unserer Möglichkeiten liegt, so etwas zu versuchen. Und weil es – falls es uns irgendwie gelingen sollte – einen entsetzlichen Verlust für unsere eigene Seele bedeuten würde.«
Er schüttelte den Kopf. »Also können wir bestenfalls auf eine Segregation hoffen? Eine Trennungslinie quer über die Welt? Dort die Hjjk, hier wir?«
»Ja.«
»Also genau wie die Königin es ursprünglich vorgeschlagen hatte. Warum haben wir den Vorschlag abgelehnt? Wir hätten doch ihren Vertrag einfach annehmen können, und das hätte uns dann diesen ganzen Aberwitz von Vergeudung von Leben und Material erspart.«
»Das stimmt nicht«, sagte Nialli. »Du vergißt einen wesentlichen Punkt dabei. Die Königin hat nicht nur einen Vertrag über die Aufteilung territorialer Interessengebiete angeboten, sondern eine der Klauseln war auch, daß sie uns Nest-Denker senden wollte, Missionare, die mitten unter uns leben und ihre Wahrheiten und ihren Plan verkünden sollten. Mit der Zeit hätten die uns dazu bekehrt, die Königin-Liebe als Glauben anzunehmen; und damit wären wir für alle Zeiten in ihre Macht gegeben. Sie würde uns alle kontrollieren, genau wie sie Kundalimon kontrollierte, wie sie mich kontrollierte. Sie würde die Wachstumsrate unsrer Bevölkerung regulieren, damit wir niemals zu viele sein würden und eventuell ihre Pläne stören könnten. Sie würde uns vorgeschrieben haben, an welchen Orten wir überhaupt neue Städte gründen dürfen, um den Großteil der Welt für ihr Volk zu reservieren. Das nämlich wäre bei diesem Vertrag herausgekommen. Was wir unbedingt brauchen, ist die feste Grenzziehung, aber ganz gewiß nicht eine parasitäre Penetration von Nest-Denkern, Missionaren und Instruktoren in unser Leben. Davon hat es bereits viel zu viel gegeben.«
»Dann muß also der Krieg fortgeführt werden, bis sie geschlagen ist. Und danach werden wir in unserer Stadt alle Spuren der Königin-Verehrung ausmerzen müssen.« Er kehrte Nialli den Rücken zu und begann im Zelt umherzustapfen. »Ihr Götter! Findet der Wahnsinn denn nie ein Ende?«
Nialli lächelte. »Nun, wir könnten ihm zumindest für heute nacht ein Ende machen.«
»Was meinst du damit?«
Sie kam in der Dunkelheit näher zu ihm. »Heute nacht dürfen wir uns einen kleinen Urlaub vom Krieg gönnen, nur für uns zwei.« Ihr Sensor richtete sich auf und fuhr prüfend tastend über den seinen. Ihn überlief ein Schauder, und fast war es so, als wollte er ihr ausweichen, von ihr zurückweichen, als könne er sich von den Zweifeln und Wirrgedanken nicht lösen, die ihn umfingen; doch sie blieb dicht bei ihm und lockerte und lockte ihn sanft mehr und mehr aus seiner Verstörtheit und Beklemmung heraus. Ein paar Herzschläge später fühlte sie, wie die Spannung aus ihm wich. Er drängte sich enger an sie, wuchs vor ihr auf wie ein Berg und umfing sie mit seinen Armen. Sie nahm seine Hände und legte sie sich auf die Brust. So standen sie einige Zeit und ließen die Vereinigung langsam heranwachsen; dann sanken sie langsam nieder, verschwistert in einem Tvinner von Körper und Seele, und lagen dann da, in den Armen des anderen verschlungen, bis die Nacht sich ihrem Ende zuneigte.
Nun ist die Stunde vor der Morgendämmerung. Thu-Kimnibol ist noch tief in seinen Träumen gefangen. Die Tonnenbrust hebt und senkt sich ruhig und gleichmäßig, der Schwertarm liegt lasch und wie zufällig über seinem Gesicht. Nialli streift ihn mit einem flüchtigen Kuß und gleitet von ihm fort und vom Lager. Sie geht zur anderen Seite ihres gemeinsamen Zeltes.
Dort kniet sie nieder und flüstert den Namen Yissous-des-Beschützers und schlägt sein Zeichen, und dann spricht sie den Namen Dawinnos-des-Zerstörers, der da auch Dawinno-der-Verwandler ist, und sie macht auch sein Zeichen. Sie fühlt, wie die Götternähe in sie übergeht, und sie dankt ihnen dafür.
Dann berührt sie das Amulett, das im dichten Fell zwischen ihren Brüsten ruht, und ruft nach ihrem Vater, und nach einer Weile erblickt sie ihn, er leuchtet im Dunkel vor ihr auf und trägt das vertraute
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