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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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wobei er fast über Husathirn Mueris ausgestreckte Beine gestolpert wäre. Mit hastigem Wutgestampfe schoß er nach vorn, baute sich hinter dem Pult auf und klammerte sich mit beiden Pranken daran. Er war dermaßen riesig, daß das Pult wie ein Kindertischchen wirkte.
    Das Trauercape umgab die massiven Schultern wie eine Corona aus Feuer. Heute war sein erstes öffentliches Erscheinen seit Naarintas Bestattung. Er wirkte deutlich verändert, betont reservierter, viel ernster, kaum noch der gemütliche unbekümmert polternde Kriegsmann. Mehreren war dies an diesem Tage bereits aufgefallen, und sie hatten Bemerkungen darüber gemacht. Er trug sichtlich an der Bürde seiner Stellung als einer der Prinzen der Stadt. Seine Augen wirkten dunkler und lagen tiefer in den Höhlen. Er betrachtete sich die Versammlung mit langsam schweifenden, suchenden Blicken.
    Als er zu sprechen anhob, geschah dies in einem pompösen, höhnisch-überheblichen Ton.
    »Puit Kjai sagt, er ist kein Feigling. Puit Kjai sagt, er plädiert nur für Klugheit. Aber wer soll ihm das glauben können? Wir wissen doch alle, was Puit Kjai wirklich damit zum Ausdruck bringt: Daß ihm bei dem bloßen Gedanken an die Hjjks vor Angst die morschen Knochen schlottern. Daß er sich in Alptraumvisionen suhlt, wie sie in gewaltigen Horden vor den Mauern unserer Stadt darauf lauern, hereinzubrechen und ihn – ihn, den einzigartigen, den unersetzlichen Puit Kjai (unwichtig, was mit dem Rest von uns anderen passiert) zu winzigkleinen Fetzchen zerfleischen. Am Morgen wacht er in kalten Schweiß gebadet auf und sieht Hjjk-Soldaten über seinem Bett schweben, die sich gleich daranmachen werden, ihm Fetzen Fleisch aus seinem Leib zu beißen und sie zu fressen. Um mehr geht es ihm, dem Puit Kjai, wahrhaftig nicht. Nämlich darum, einen Vertrag, ein Stück Papier, zu unterzeichnen, durch das die schrecklichen Hjjks in sicherer Entfernung gehalten werden… solange er selbst noch lebt. Ist dem nicht so? Ich frage euch: Ist es nicht wirklich so?«
    Seine Stimme schallte widerhallend durch den Saal. Er wölbte sich über das Rednerpult und schoß herausfordernd heldisch-blitzende Blicke durch den Raum.
    »Dieser Vertrag«, fuhr er nach einer Pause fort, »ist nichts weiter als eine Falle. Dieser Vertrag ist ein Indiz der höhnischen Verachtung, die uns die Hjjks entgegenbringen. Doch Puit Kjai drängt uns, das zu ratifizieren! Puit Kjai zerschmilzt vor Friedenssehnsucht! Brecht den Vertrag doch einfach zu einem uns genehmeren Zeitpunkt, schlägt uns der ehrenwerte Puit Kjai vor. Aber vorläufig laßt uns demütig vor den Hjjks auf dem Bauch kriechen, denn ihrer sind viele, und wir sind nur ein paar, und der Frieden ist wichtiger als alles übrige. Ist das nicht so, Puit Kjai? Lege ich deine Argumentation nicht fair und klar vor?«
    Wieder erhob sich Gemurmel im Saal, diesmal vor Überraschung, denn das war ein neuer Thu-Kimnibol, den man da zu hören bekam. Niemals zuvor hatte er in der Präsidialversammlung derart beredt, mit solch feurigem Furor gesprochen. Gewiß, Thu-Kimnibol war ein gewaltiger Krieger, von beinahe göttergleicher Leibesfülle und Energie, ein gigantischer Feuerbrand, voll Kampfeslust und lautstarkem Kriegsgebrüll. Sein Name schon drückte das deutlich aus. Denn obwohl er – wie er soeben gesagt hatte, als Samnibolon geboren ward, hatte er sich an seinem Benamungstag im Alter von neun Jahr gemäß der Sitte der Koshmari seinen neuen, den Erwachsenennamen gewählt, und zwar Thu-Kimnibol, was da heißt: ‚Schwert der Götter’. Andere Männer scharten sich um ihn und gierten nach seinem Rat und seiner Protektion. Einige jedoch – wie Husathrin Mueri, der in ihm den großen persönlichen Rivalen im Kampf um die Macht in der Stadt sah – neigten dazu, seine Führungsqualitäten einzig aus seiner immensen körperlichen Stärke abzuleiten und zu glauben, er habe in seiner Seele weder Witz noch Feinheit. Nun sahen diese Leute sich unerwartet gezwungen, ihre Ansichten zu revidieren.
    »Und nun laßt mich euch sagen, was ich glaube«, sprach Thu-Kimnibol weiter. »Ich glaube, daß die Welt rechtmäßig uns gehört… die gesamte Welt… Und zwar auf Grund unserer Abstammung von den MENSCHEN, die einst über sie herrschten. Ich glaube, daß es uns vom Schicksal bestimmt ist, voranzuschreiten, weiter und weiter, bis wir bis an die allerfernsten Horizonte vorgestoßen sind. Und es ist ebenso meine Überzeugung, daß die Hjjks, diese gräßlichen widerwärtigen

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