Der neue Geist von Pao
genügten, und daß er sofort für die Grundfächer eingeschrieben würde.
Eine halbe Stunde später brachte Fanchiel ihn bereits zu dem grauen Gebäudekomplex und ließ ihn einweisen. Von da ab sah Beran weder ihn, noch Palafox mehr.
Und so begann eine neue Lebensphase für Beran auf Breakness. Jeder der Studenten im Institut wurde als Persönlichkeit für sich angesehen und war so weit von den anderen entfernt, wie die Sterne im All. Beran lebte in seiner Kammer, aber auch in den Hörsälen, völlig für sich allein, wie alle anderen auch. Wenn es wirklich einmal zu spontanen Unterhaltungen kam, war ihr Zweck, eine originelle Ansicht über das Diskussionsthema zu äußern. Je unorthodoxer die Idee, mit desto größerer Sicherheit wurde sie aufgegriffen. Jener, der sie zur Debatte gestellt hatte, mußte sie bis an die Grenze der Logik verteidigen, doch keineswegs darüber hinaus. Hatte er damit Erfolg, wuchs sein Ansehen, gelang es ihm nicht, verlor er entsprechend an Gesicht.
Ein Thema gab es in Studentenkreisen, das immer wieder heimlich aufgegriffen wurde: Alter und Tod. Es war ein Thema, das mehr oder weniger als tabu galt – vor allem in Anwesenheit eines Dominies –, denn niemand starb an Krankheiten oder körperlichem Verfall auf Breakness. Die Dominies zogen durch das gesamte Universum. Eine berechenbare Zahl fand ein gewaltsames Ende, trotz ihrer durch Modifikation eingebauten Waffen und Verteidigungsmittel. Die meisten aber verbrachten ihr ganzes Leben auf Breakness, ohne psychische und physische Veränderungen, außer vielleicht einer kaum bemerkbaren allmählichen Eckigkeit ihres Knochenbaus. Und dann näherte der Dominie sich unaufhaltsam dem Status des Emeritus. Er wurde immer weniger präzise, begann Gefühlen nachzugeben, und seine Egozentrik überwog gesellschaftsbedingte Bedenken. Schließlich unterlag er seinen Launen, verfiel in Wutausbrüche und letztendlich dem Größenwahn – und dann verschwand er.
Beran hielt sich anfangs aus den Diskussionen heraus. Aber als seine Sprache flüssiger wurde, meldete er sich immer öfter zu Wort und errang so manchen Erfolg. Das waren für ihn die ersten Freuden auf Breakness.
Die Beziehungen zwischen den Studenten waren förmlich. Es gab weder Freundschaften noch Feindschaften. Ein Thema, das alle ganz besonders interessierte, war das der Fortpflanzung. Beran, dem noch das angeborene Schamgefühl der Paonesen anhaftete, machte es anfangs äußerst verlegen, doch allmählich gewöhnte er sich daran. Er stellte fest, daß auf Breakness das Prestige nicht nur von intellektuellen Leistungen abhing, sondern auch von der Anzahl an Frauen in den Privatgemächern, der Zahl der Söhne, die die Aufnahmetests bestanden hatten, und den Grad der Ähnlichkeit mit dem Vater und den Erfolgen der Söhne. Verschiedene der Dominies hoben sich in diesen Beziehungen besonders hervor, und immer häufiger wurde voll Hochachtung Lord Palafoxs Name genannt. Als Beran fünfzehn war, konnte Palafox sich bereits mit dem bisher unbestritten Erfolgreichsten, nämlich mit Lord Karollen Vampellte, dem Hauptdominie des Instituts, messen. Unwillkürlich war Beran als Palafoxs Mündel sehr stolz darauf.
Ein oder zwei Jahre nach der Pubertät durfte ein Student des Instituts erwarten, von seinem Vater ein Mädchen zugeführt zu bekommen. Als Beran dieses Alter erreichte, war er ein Bursche von angenehmem Äußeren: schlank, feingliedrig, mit dunkelbraunem Haar und großen grauen Augen, die immer nachdenklich wirkten. Aufgrund seiner ausländischen Abstammung und einer gewissen Andersartigkeit, wurde er selten zu den ohnehin wenigen gemeinsamen Zusammenkünften aufgefordert. Als er sich immer häufiger mit den Gedanken beschäftigte, wann Palafox ihm wohl ein Mädchen bringen würde, machte er sich einmal allein auf den Weg zum Raumhafen. Er wählte den Tag, an dem ein Transporter von Journal ankam. Er traf kurz vor der Landung des Fährboots am Hafen ein, wo ein ziemlicher Betrieb herrschte. An einer Seite hatten sich die Frauen, deren Verträge abgelaufen waren, mit ihren Töchtern und Söhnen gesammelt, die den Breaknesstest nicht bestanden hatten. Die Mütter waren zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig. Sie würden nun als reiche Frauen auf ihre Heimatwelten zurückgebracht werden und hatten noch den größten Teil ihres Lebens vor sich.
Die Fähre setzte auf, und junge Mädchen strömten aus der Luftschleuse. Im Gegensatz zu den heimkehrenden Müttern waren sie aufgeregt
Weitere Kostenlose Bücher