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Der Neue im Sportinternat

Der Neue im Sportinternat

Titel: Der Neue im Sportinternat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mindt
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1912 erstmals Olympiasieger im Kraulen wurde.
    Leon sucht die Sachen fürs Training zusammen und packt alles in seinen Rucksack. Ein Handtuch und Badelatschen aus weichem Kunststoff sowie seine kleine Schwimmbrille und einen Taschenkalender.
    »Wozu ist der Kalender gut?«, will Chocco wissen, der noch immer im Bett liegt, sich räkelt und Leon beim Einpacken zuschaut.
    »Für persönliche Notizen! Ich protokolliere meine Tagesform, Trainingsergebnisse und was noch so ansteht. Mein kleines Sportlertagebuch!«, grinst Leon und klopft mit den Fingern auf den Kalender. »Was is' mit dir? Viertel vor acht! Du verpasst dein Training!«
    »Ich mach blau! Dienstage sind ätzend!«
    »Wieso?«
    »Sevenich trainiert die Leichtathleten! Weißt du, was das bedeutet? Ein Trip in die Hölle! Der schikaniert dich und macht dich total fertig. Wenn du nicht mehr kannst, gönnt er dir trotzdem keine Pause. Alle nennen ihn Schinder. Er ist ein richtiger Sadist. Auf mich hat er's besonders abgesehen. Er kann mich nicht ausstehen!«
    »Bin ich froh, dass ich ein Schwimmer bin! Oh happy day!«, singt Leon spottend. Er nimmt den Rucksack über die Schulter, geht zur Zimmertür, dreht sich zu Chocco um und fragt: »Musst du dich nicht krankmelden? Oder soll ich jemandem Bescheid sagen?«
    »Lieb von dir, danke. Aber das muss ich selber machen!«
    »Und wie wirst du Kranker den Tag verbringen?«
    »Ich werde im Bett bleiben und zeichnen.«
    »Fynn und Timo werden dich beim Training vermissen! Oder werden die Zwei dienstags auch immer krank?«
    »Nee, eben nicht! Weißt du was, Leon? Manchmal glaube ich, die schmeißen sich in aller Frühe was rein, sind auf einem abgefahrenen Trip und leben beim Schinder ihre masochistische Seite aus.«
    »Vielleicht bist du einfach nur n bisschen mimosenhaft. Dein Komplex, du verstehst? Y-Chromosom, X-Chromosom, Boys, Girls und der ganze hormonelle Kosmos dazwischen.«
    »Du wirst dich wundern!«
    »So?«
    »Ja! Kleiner Hinweis für dich: Der Schinder trainiert gelegentlich auch die Schwimmer! Er ist die Vertretung von Adrian. Irgendwann wirst du das Vergnügen haben, glaube mir!«
    »Ups!« Leon hält die Hand vor den Mund, reißt die Augen neckend auf, ganz nach dem Motto: Hätte ich besser mal nicht so eine dicke Lippe riskiert. »Gut, dass ich eh schon im Wasser bin, dann peilt keiner, wenn ich mir in die Badehose pinkle!«
    »Haha!«
    »Als Kind habe ich mich oft im Wandschrank versteckt, weil ich mich vor fremden Blicken schützen wollte. Bei uns zu Hause war mächtig viel los. Weißt du, entweder waren da Hausangestellte oder irgendwelche Besucher, meistens beides. Ich bin schüchtern gewesen. Yes, a shy boy! Ich konnte das nie leiden, was für 'n Zirkus! Ich hab meine Zinnsoldaten in den Krieg geschickt, direkt aus dem Wandschrank an die Front. Die Front war natürlich bei meinem Vater, logo! Ich bin Ritter von Terra Solitude!, habe ich mir irgendwann gesagt. Als Ritter musste ich Entscheidungen treffen. Ich mach, was ich will!, war meine erste Entscheidung. Seitdem ich im Internat bin, fühle ich mich wie damals im Wandschrank! Verstehst du? Und du, du fühlst dich wie ne Fälschung, Chocco. Du bist der Ritter von Eon! Das is' dein innerer Wandschrank. Komm da raus, Mann! Du bist echt, total unverfälscht! Du bist n Junge, klar! Daran kann kein Schinder, kein Falko und kein anderer Kotzbrocken was ändern.«
    »Ich bin Ritter von Eon?« Chocco setzt sich aufrecht ins Bett und lächelt begeistert, weil ihm die Vorstellung sehr gut gefällt.
    »Ja, verdammt! Wenn uns jemand quatschen hört, denkt der, wir sind total panne im Kopf! Is' das 'n Psychohaus oder 'n Sportinternat?!« Leon grinst und will Chocco testen, ob er ihn zumindest ansatzweise verstanden hat. »Wir müssen Entscheidungen treffen. Welche treffen wir als Erstes?«
    »Wir machen, was wir wollen!«
    »Bingo! Und weshalb?«
    »Weil wir Ritter von Terra Solitude und Ritter von Eon sind, mit anderen Worten: Weil wir Männer sind!«
    »Nachdem das endlich geklärt ist, geh ich zum Training, okay! Seit dem Vorfall mit meinem Vater, du weißt schon, die Kuss-Affäre im Hause Farrell, bin ich nicht mehr im Wasser gewesen.«
    »Findest du dorthin? Ich habe dir noch gar nicht den Weg gezeigt, weil bisher keine Zeit dafür war.«
    »Bin ich geistig umnachtet oder was?! Allerdings ... es gibt in dem Kasten hier ja auch schätzungsweise höchstens 150 Gänge und 1200 Zimmer. So what?! Wenn ich jetzt nicht meinen Hintern beweg, komm ich gleich beim

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