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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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auch.
    Da feuerte Tsarong Rinpoche den Revolver ab. Ein einziger Schuss fiel, dann ließ er die Waffe mit der Hand schlaff herunterhängen. Er hatte die Ama-la in die Kehle getroffen. Ein schreckliches Gurgeln ertönte. Sie fiel nicht nach hinten, sondern blieb stocksteif sitzen, als sei ihr nichts geschehen. Die Kugel war durch die Kehle eingedrungen, im Nacken wieder ausgetreten und hatte das obere Ende des Rückgrats durchschlagen. Ein Schwall von Blut schoss aus der Wunde. Hellroter Schaum trat auf ihre Lippen. Ihre alten Augen glänzten noch einmal auf, dann wurde ihr Körper schlaff, und sie fiel in Chindamanis Arme.
    Niemand sagte ein Wort. Über eine Minute lang herrschte Totenstille im Raum. Draußen rüttelte eine Windbö am Fenster und erstarb wieder. Es war, als sei sie gekommen, um eine weitere Seele aus Dorje-la zu holen und in das Schattenreich des Bardö zu führen.
    Als Erste kam Chindamani wieder zu sich. In ihren Augen stand eine kalte Wut, die sie noch nie verspürt hatte. Sie ließ Sönams Leichnam auf das Bett niedersinken. Dann erhobsie sich langsam, den Blick fest auf Tsarong Rinpoche geheftet. Ein Nerv in der rechten Wange des Lamas zuckte. Die Hand, die die Waffe hielt, begann stark zu zittern.
    Chindamani nahm den Fluch auf, wo Sönam ihn unterbrochen hatte. Sie flüsterte beinahe, aber der Mann, gegen den er gerichtet war, verstand ihn genau. Sie zeigte mit dem Finger auf ihn, und ihre Stimme bebte vor Zorn.
    Tsarong Rinpoche stand einen Moment wie gebannt da, dann kam Bewegung in seine Hand. Langsam hob er die Waffe und richtete sie auf Chindamani. Sein Arm flatterte. Er musste die Zähne zusammenbeißen, um ihn zur Ruhe zu zwingen. Schließlich, ebenso langsam und zielstrebig, wandte er die Waffe um, bis sie auf sein eigenes Gesicht zeigte. Sie wog schwer, und aus seinen Fingern war fast alle Kraft gewichen. Er öffnete den Mund und setzte die Mündung auf seinen Unterkiefer. Jetzt schlotterte er am ganzen Körper. Chindamanis Stimme füllte den Raum. Er wollte schreien, gegen die Verwünschung anbrüllen, aber er war wie gelähmt. Nur sein Finger drückte immer stärker gegen das kalte Metall des Abzughahns.
    Mit Grausen sah Christopher die Szene. Er begriff nicht, was da ablief. Der Lama war offenbar von abgrundtiefem Grauen gepackt. Aber es konnte nicht Aberglaube allein sein, dass diese Beschwörung ihm so wahnsinnige Angst einjagte. Kalt hatte Tsarong Rinpoche jedes Sakrileg begangen, das man sich nur denken konnte. Und nun genügten die Worte einer alten Frau, um ihm den Boden unter den Füßen wegzuziehen.
    Christopher barg Williams Gesicht fest an seiner Brust. Der Junge hatte schon genug Schlimmes mitansehen müssen. Chindamanis Stimme bohrte sich in seine Ohren, hart und erbarmungslos, wie ein Messer die Haut ritzt.
    Tsarong Rinpoche schloss die Augen.

37
    Der Schuss riss dem Lama fast die ganze Schädeldecke fort. Blut spritzte an die Wände von Chindamanis Schlafgemach. Ein großes Zittern lief durch den Körper des Rinpoche, dann kippte er nach hinten. Chindamani verstummte und blieb mit geschlossenen Augen stehen. Samdup schrie entsetzt auf und schlug sich die Hände vors Gesicht. William, der den Knall gehört, aber nichts gesehen hatte, drückte sich noch fester an seinen Vater. Der Mönch, der Tsarong Rinpoche begleitet hatte, war über und über voller Blut. Ohne ein Wort ließ er seine Waffe fallen und stürzte zur Tür hinaus.
    Christopher erschauerte. Endlos lange stand er da, William fest im Arm, schaute auf Tsarong Rinpoches blutenden Leichnam und auf die geröteten Wände. Allmählich wurde ihm bewusst, dass er Chindamanis Stimme nicht mehr hörte. Er wandte den Kopf und sah, dass sie immer noch am selben Fleck verharrte, den Arm ausgestreckt und mit dem Finger an die leere Stelle weisend, wo soeben der Rinpoche gestanden hatte.
    Er gab William frei und trat an sie heran. Vorsichtig nahm er sie in die Arme. Ihm war klar, dass es nicht lange dauern würde, bis auf die Schüsse Leute herbeiliefen.
    »Chindamani«, flüsterte er. »Wir müssen weg von hier. Samjatin wird nachschauen lassen, was hier geschehen ist. Der Mönch wird andere alarmieren. Wir müssen jetzt fort, oder es gelingt uns nie.«
    Mit leerem Blick stand sie wie erstarrt. Er nahm sie bei den Schultern und schüttelte sie sanft. Sie reagierte nicht.
    Plötzlich war Samdup an seiner Seite. Der Junge hatte alle seine Kraft gebraucht, um sich nicht von den Schrecken, deren Zeuge er sein musste,

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