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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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ein Mann zusammen mit mehreren Mönchen zu sehen. Er war an Armen und Beinen gefesselt, und sie hoben ihn hoch.«
    Sie verstummte wieder. Jenseits des Tals ragten nackte Bergspitzen in den eisigen Himmel. Sie erschauerte.
    »Und weiter?«
    »Da war ein Loch. Sie hatten ihn hochgehoben, um ihn in das Loch hinunterzulassen.«
    »Ich verstehe.«
    »Auf dem nächsten Bild stand er unten in einem dunklen Raum. Ich glaube …« Sie schauderte. »Ich glaube, er hatte sich in einem Spinnennetz verfangen.«
    »Gab es dort noch mehr Bilder?«
    Sie nickte.
    »Noch eins«, sagte sie. »Darauf lag der Mann am Boden. Vielleicht war es gar kein Mann, sondern ein Junge. Er wirkte sehr klein. Und Dämonen mit mehreren Armen fielen über ihn her. Ich sagte schon, ich habe geglaubt, das sei die Hölle.«
    »Ja«, sagte er. »Es war die Hölle.«
    Dabei fielen ihm – er wusste selbst nicht, warum – die Fotos ein, die er in Cormacs Schreibtisch gefunden hatte. »Simon, Dorje-la?, 1916«, »Matthew, Dorje-la?, 1918«, »Gordon, Dorje-la?, 1919«, hatte darauf gestanden.
    »Ich denke«, fuhr sie fort, »sie müssen die Opfer einige Tage vor dem Zeitpunkt hinuntergelassen haben, wenn sie in die erste Kammer hinabsteigen wollten, um die Gerätschaften des Chöje zu holen. Der Schatz wurde von diesen Kreaturen bewacht, aber wenn sie ihn brauchten, dann waren sie alle fort und fraßen sich am anderen Ende des Ganges satt.«
    Bei der Vorstellung schauderte er. Wusste sein Vater, was da vorging? Hatte Carpenter gewusst, wozu die Jungen gebraucht wurden?
    »Wann ist das Orakel das letzte Mal aufgetreten?«, fragte er.
    Sie dachte kurz nach.
    »Etwa … eine Woche bevor du in Dorje-la angekommen bist«, antwortete sie. Nun sagte er gar nichts mehr. Es passte genau. Der frische Leichnam. Und keine Spur von Spinnen in der Schatzkammer.
    »Ich denke, wir sollten jetzt zum Fluss hinuntergehen«, schlug er vor.
    Am vierten Tag ihres Aufenthaltes ließ der Abt Christopher zu sich rufen. Chindamani geleitete ihn zu ihm und ging dann wieder. Der Abt war alt und sehr ernst, aber Christopher spürte, dass zumindest einige der Furchen um seine Augen Lachfältchen sein mussten. Zu anderer Zeit und unter anderen Umständen hätte er vielleicht weniger streng dreingeschaut.
    »Sie sind der Sohn des Dorje Lama?«, fragte der Abt, nachdem der Tee serviert war.
    »Ich bin der Sohn eines Mannes, der früher Arthur Wylam hieß«, antwortete Christopher. »In meiner Welt ist er gestorben. In Ihrer wurde er der Abt eines Klosters. Das alles verstehe ich nicht. Ich kann es mir nicht erklären. Ich versuche es auch nicht mehr.«
    »Das ist vernünftig von Ihnen. Es gibt keine Erklärung, die Sie verstehen könnten. Sie sagen, Sie haben geglaubt, Ihr Vater sei gestorben. Vielleicht sollten Sie das auch weiter glauben.«
    Der Abt hielt einen Augenblick inne und sah Christopher dann voll an.
    »Erzählen Sie mir von Sam-ja-ting, dem Burjaten.«
    »Was wollen Sie wissen?«
    »Die Wahrheit. Wie Sie sie sehen. Wer er ist. Was er mit Dorje Samdup und Ihrem Sohn vorhat.«
    Christopher sagte ihm, wie er die Dinge sah. Wenn sich bei ihm persönliche Empfindungen zu sehr mit den Tatsachen vermischten, dann blickte ihn Chyongla Rinpoche in einer Weise an, die ihn sofort wieder ernüchterte. Das war ihm zunächst nicht bewusst. Aber nach dem Gespräch fiel es ihm wieder ein.
    Als er fertig war, nickte der Abt und goss Christopher frischen Tee nach. Erst jetzt bemerkte der, dass sie aus Tuotai -Tassen tranken wie vor kurzem in Dorje-la.
    »Und die Frau, Jebtsumna Chindamani«, fuhr der Abt fort. »Lieben Sie sie?«
    »Hat sie Ihnen das gesagt?«
    »Ja. Und dass sie Sie liebt. Ist das wahr?«
    Christopher spürte, dass er sich jetzt auf sehr dünnem Eis bewegte. Es knackte bereits unter seinen Füßen. Er war sich bewusst, dass er gegen ein grundlegendes Gesetz dieser von Ritualen besessenen Gesellschaft verstoßen hatte. Was passierte Sterblichen, die sich mit einer Gottheit paarten?
    »Haben Sie mit ihr geschlafen?«
    Christopher nickte wie unter Zwang. Er hoffte, dass der Tod, zu dem sie ihn verurteilten, schnell kommen werde.
    »Sie müssen das nicht vor mir verbergen. Sie selbst hat es mir gesagt. Ich bin froh darüber.«
    »Froh?« Christopher glaubte, sich verhört zu haben.
    »Natürlich. Haben Sie gedacht, ich würde Ihnen zürnen? Wir legen großen Wert auf Enthaltsamkeit – schließlich sind wir hier in einem Kloster. Alle buddhistischen Mönche und Nonnen leben im

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