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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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zuwider.Das mit dem Kopf würde er Kasanzew schon klarmachen.
    Sepailow hob den Jurtenvorhang und trat hinaus. Ihm zitterten die Hände. So erregt hatte er Ungern-Sternberg seit Monaten nicht gesehen. Er atmete tief durch und ging. Der Gedanke an den Kopf ließ ihm keine Ruhe. Er hoffte, die Exekution werde noch vor dem Abend stattfinden.
55
    »Wird er kommen?«
    »Ja«, sagte Chindamani. »Er wird kommen.«
    »Warum sollte er?«
    »Weil ich ihn darum gebeten habe. Mir kann er es nicht abschlagen.«
    Christopher stand auf und trat ans Fenster. Sie saßen in einem schäbigen Raum im Parterre des Hauses, das einmal das russische Konsulat von Urga gewesen war. Es lag etwa auf halbem Wege zwischen Ta Chure und Mai-mai-cheng. Das Konsulat war ein zweistöckiges Gebäude aus verputztem Holz mit einem Blechdach. Direkt daneben stand die Hauskapelle mit einer kleinen Kuppel.
    Der Konsul und seine Mitarbeiter waren vor Monaten geflüchtet und hatten nur einen Priester, zwei Hunde, einen Verwalter und einen alten russischen Friedhof zurückgelassen – eine Wüstenei von Schutt, namenlosen Gräbern und Unkraut.
    Dem Priester, Vater Anton, waren sie begegnet, als sie in die Stadt kamen. Winterpole hatte ihn in ein Gespräch verwickelt, ihm Geschichten von Begegnungen mit Vater Johann Sergejew von Kronstadt erzählt, dem berühmten geistlichen Heiler der Marinebasis, die St. Petersburg vorgelagertwar. Sie stellten fest, dass sie gemeinsame Freunde und Lieblingsbücher hatten, wenn Christopher auch argwöhnte, Winterpoles Kenntnisse der russischen Orthodoxie seien wohl eher ein Bluff. Ob nun Bluff oder nicht, sie reichten jedenfalls aus, um den Priester als Freund zu gewinnen.
    Er bot ihnen an, seine bescheidene Unterkunft im Konsulat zu teilen. Er selbst bewohnte einen Raum voller Ikonen im westlichen Teil des Parterres. Ihnen stellte er die Zimmer im ersten Stock zur Verfügung, die etwas luxuriöser waren und den früheren Diplomaten zur Verfügung standen.
    Das Haus war bald nach der Abreise des Konsuls und seiner Angestellten geplündert worden. In den Zimmern gab es kaum noch Möbel oder anderes Inventar. Aber Vater Anton hatte Zugang zu ein paar dürftigen Lagerbeständen in einem kleinen Keller. Er brachte ihnen einen verbeulten Samowar und ein paar Teller, modrig riechendes Bettzeug und Petroleumlampen. Nach den Strapazen der Reise erschien ihnen dieses Quartier bei all seiner Einfachheit geradezu luxuriös. Sie hatten schwarzen Tee für den Samowar und Holzkohle, mit der sie nachts, wenn es kalt wurde, ein eisernes Öfchen heizen konnten. Am Morgen lag das Sonnenlicht wie warmes Öl über ihren Betten.
    Winterpole saß oben und schrieb an einem Bericht, den er Gott weiß wem übermitteln wollte. Christopher und Chindamani warteten auf einen Mann aus der Stadt, einen Mönch, dem Chindamani am Tag zuvor über den Verwalter eine Nachricht hatte zukommen lassen. Tsering war ursprünglich Trapa in Dorje-la gewesen. Vor einigen Jahren war er nach Urga gegangen, um an der Mampa tatsang , dem hiesigen medizinischen Institut, zu studieren.
    »Kann man ihm trauen?«, fragte Christopher.
    »Ja, Ka-ris To-feh, wir können ihm vertrauen. Mehr als deinemWan Ta-po.« Den Namen Winterpole konnte sie einfach nicht aussprechen.
    »Wie heißt er?«
    »Tsering. Tsering Gyaltsen. Sie waren zwei Brüder in Dorjela – Tsering und Tsewong. Tsewong war bis kurz vor deinem Eintreffen in Dorje-la.«
    Er wandte sich zu ihr um. Auf dem Hof wirbelte es eine gelbe Staubwolke auf.
    »Von Tsewong habe ich schon gehört«, sagte er. »In Kalimpong, in Indien.«
    Behutsam brachte er ihr bei, was er darüber wusste, wie Tsewong zu Tode gekommen war. Das silberne Kreuz, das Martin Cormac bei ihm gefunden hatte, erwähnte er nicht.
    Als das Nötige gesagt war, klopfte es an der Tür. Christopher öffnete. Draußen stand der Verwalter.
    »Der Mann, den Sie erwarten, ist da«, sagte er in gebrochenem Tibetisch. »Er möchte, dass Sie draußen mit ihm sprechen. Er will nicht hereinkommen.«
    Christopher winkte Chindamani herbei, und zusammen gingen sie hinaus. Auf dem Korridor flogen Krähen durch zerschlagene Fenster herein und hinaus. Einer der beiden Hunde, ein großes braunes Tier, lief hin und her und knurrte böse. Vater Anton sang in seinem Ikonenraum mit überschnappender Stimme Wechselgesänge an eine Jungfrau aus Palästina.
    Neben der Haustür stand verlegen ein junger Lama. Er trat unruhig von einem Bein aufs andere. Tsering hatte ein schmales,

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