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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Christopher schob den Riegel zurück und ging durch das Tor.
    Unter einer weiteren Reihe von Zedern standen sechs Bungalows eng beisammen. Der Zugang zu dem von Cormac war auf beiden Seiten von roten und pinkfarbenen Chrysanthemen in Töpfen geschmückt. Unter den Töpfen waren Wasserspuren zu sehen, was bedeutete, dass der Krankenhausgärtner in der Nähe sein musste. Christopher bezweifelte,dass Cormac eigenes Personal hatte, das seinen Garten in Ordnung hielt.
    Er klopfte an der Tür und wartete. Von drinnen kam keine Antwort. Vielleicht hatte Cormac doch etwas zu viel Whiskey getrunken. Christopher klopfte wieder, diesmal etwas lauter. Nichts regte sich. Das war merkwürdig. Nach seinem Eindruck war Cormac nicht der Mann, der einen großen Haushalt unterhielt, aber ein, zwei Diener hatte er bestimmt.
    Die Tür war nicht verschlossen. Christopher trat ein und ließ sie hinter sich zufallen. Nun stand er in einer kleinen Diele mit cremefarben gestrichenen Wänden. An diesen hingen vom Boden bis zur Decke Glaskästen mit Hunderten von Schmetterlingen in allen Farben. Das nahe gelegene Sikkim war für sie berühmt, es galt geradezu als Paradies dieser Insekten mit den phantastisch gefärbten Flügeln. Hier in dem kleinen Vorraum von Cormacs Haus verhielten sie sich so ruhig, als hätten sie gerade erst das Wunder des Chloroforms genossen. Scharlachrote Streifen liefen über ihre Flügel wie frische Wunden.
    Christopher rief Cormacs Namen, hörte aber nur das schwache Echo seiner eigenen Stimme, das von der Stille verschluckt wurde.
    Er öffnete eine zweite Tür. Dahinter lag der größte Raum des Bungalows. Er war von blassem Licht erfüllt, das Fleckenmuster auf die dürftigen Möbel warf. Ein paar Rohrsessel und ein kleiner Tisch, ein wackliger Schreibtisch – alles Sachen, die man in Darjeeling für ein paar Rupien im Jahr mieten konnte. Ein fadenscheiniges leinenes Tischtuch aus Belfast, an den Wänden Fotos von Schüler- und Studentengruppen, ein Ruder, das die Namen eines vergessenen Achters trug, eine Rugby-Mütze mit schwarzen und goldenen Quasten, ein paar medizinische Fachbücher auf roh zusammengezimmerten Regalen.
    Wie die Schmetterlinge im Vorraum wirkten auch diese Zeugnisse von Martin Cormacs Vergangenheit an den Wänden, als habe man sie gerade der Chloroformflasche entnommen. Oder dies war die Chloroformflasche – der Raum, das Haus, das Hospital, Kalimpong. Eine durchsichtige Flasche aus konzentrischen Ringen, durch die ein sterbender Mann herausschauen und die Sterne betrachten konnte.
    Er war sich nicht sicher, wann er zum ersten Mal auf das Summen aufmerksam wurde. Es war von Anfang an da gewesen, aber so leise, dass seine Ohren es zunächst nicht erfassten. Nun stand er einen Augenblick still und lauschte. Es war ein tiefer, gereizter Ton, wie ihn die Flügel großer Insekten verursachten, die in der Sommerhitze umherschwirrten, wie das Brummen dicker Fliegen über einem Schlachthaus, angelockt vom Geruch des Blutes. Aber in Kalimpong war Winter, und zu dieser Jahreszeit gab es hier keine Fliegen.
    Das Geräusch kam von einer Tür im hinteren Teil des Raumes. Sie stand ein wenig offen, doch Christopher konnte nicht in das Zimmer dahinter schauen. Er rief noch einmal, der Klang der eigenen Stimme ließ ihn beinahe erschrecken.
    »Cormac, sind Sie da? Ist da jemand?«
    Nur das Summen antwortete ihm. Dazu ein Geruch, der ihm vertraut erschien, aber so schwach, dass er nicht sofort begriff, wonach es roch.
    Vorsichtig näherte er sich der Tür. Dünne Streifen Sonnenlicht fielen durch eine Jalousie. Staubkörnchen tanzten darin. Christophers Herz krampfte sich zusammen. Er spürte, wie ihm das Blut durch die Adern schoss und in seinem schmerzenden Kopf zu pochen begann. Der Raum war voller Fliegen. Laut summend schwirrten sie in Schwärmen durch die Streifen von Licht. Welle auf Welle, in ganzen schwarzen Bataillonen kreisten sie mit schimmernden Flügeln im Raum herum. Als er den Geruch erkannte, wurdeihm übel. Er wollte weglaufen, aber seine Füße trugen ihn durch die Tür. Seltsam. Es war Winter, da durfte es keine Fliegen geben.
    Er trat in das Zimmer und hielt sich die Hände vors Gesicht, halb geblendet von den Insekten, die wie wild durch Licht und Dunkel schossen. In einer Ecke hing über der Jalousie eine weiße Gardine, die in einem leichten Lüftchen flatterte, bedeckt von den dicken Körpern der Schmeißfliegen. Über Christophers Kopf hingen die Insekten als dicker Klumpen an dem

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