Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Ventilator, der dort angebracht war. Unter seinen Füßen knackten tote Fliegen, die den ganzen Fußboden bedeckten.
    Das Bett war eine einzige wimmelnde Masse, die den Eindruck erweckte, als bewege sich dort etwas Lebendiges, das im Halbdunkel Gestalt annahm. Christopher schlug einen Bogen um das Bett, trat ans Fenster und ergriff den Gurt der Jalousie. Er zog sie ein wenig hoch, nicht zu viel, aber ausreichend, um mehr Licht in den Raum zu lassen. Er musste sich förmlich überwinden, um einen Blick auf das Bett zu werfen.
    Da lag Cormac. Die Fliegen hatten sich auf seinem Körper vor allem dort gesammelt, wo das Blut war. Christopher sah genug vom Gesicht, um den Mann zu erkennen. Offenbar hatte man ihm im Schlaf die Kehle durchgeschnitten. Auf dem Kissen sah Christopher das Skalpell liegen, das der Mörder benutzt hatte – blinkender, blutbesudelter Stahl. Beim Sterben schien sich das Opfer nur wenig bewegt zu haben. Ein Arm war zurückgeworfen, die Hand lag an der verwundeten Kehle, die bleichen, gekrümmten Finger waren blutverschmiert. Cormac war an diesem Morgen gestorben, wahrscheinlich ein, zwei Stunden, nachdem er eingeschlafen war. Das Blut war bereits geronnen, und die Leichenstarre hatte eingesetzt.
    Christopher wandte sich von dem Bett und dem Teppich aus lebenden Fliegen und Blut ab. Er öffnete das Fenster und sog tief die frische, reine Luft ein. Hinter ihm summten die Insekten in dem kleinen, übelriechenden Raum. Am liebsten hätte er sich erbrochen, um diesen klebrigen, süßlichen Geruch loszuwerden.
    Jäh wandte er sich um und lief hinaus, ohne noch einen Blick auf das Bett zu werfen. Als er wieder in das große Zimmer kam, fiel ihm etwas auf, das er bisher nicht beachtet hatte. Cormacs Schreibtisch war durchsucht worden. Er trat an ihn heran. Man hatte die Schubläden herausgezogen und die kleinen Fächer geöffnet. Auf der Schreibplatte lagen Papiere bunt durcheinander – Briefe, Rechnungen, Krankenakten – alles in wildem Chaos. Einige der Dokumente waren heruntergefallen, und man hatte sorglos darauf herumgetrampelt. Er hob einen dicken blauen Ordner auf und stellte ihn auf den Tisch zurück. Auf seinem Rücken stand in großen schwarzen Lettern: »Die Kalimpong-Hausfliege: statistischer Überblick über Vermehrungsraten in Gefangenschaft«. Das erklärte die Fliegen. Cormac musste mit den Insekten experimentiert haben. Sein Mörder hatte wahrscheinlich die Zuchtkästen zerstört, wodurch die Insekten ins Freie kamen. Aus dem Schlafzimmer war immer noch ihr drohendes Summen zu hören. Sie würden sterben – erfroren, blind und von Blut gesättigt.
    Er schaute die Papiere noch einmal sorgfältig durch, entdeckte aber nichts von Interesse. Cormacs Mörder hatte gefunden, was er suchte. Das silberne Kreuz, das der Doktor Tsewong abgenommen hatte, war nicht zu sehen. Hatte der Mörder auch das mitgenommen? Dann erinnerte sich Christopher, dass Cormac gesagt hatte: »Ich verwahre es in meinem Schreibtisch.« Hatte dieser vielleicht irgendwo ein Geheimfach?
    Das war bald gefunden. Ein einfacher Hebel hinter einer Schublade setzte eine Feder in Bewegung, die ihrerseits ein flaches Behältnis direkt unter der Schreibtischplatte freigab. Er griff hinein und zog ein in braunes Papier gehülltes Päckchen hervor. Darin lagen mehrere Fotos, insgesamt etwa zwei Dutzend. Jeweils zwei wurden von einer Stecknadel zusammengehalten. Auf einem war ein Mädchen in der grauen Uniform der Knox Homes zu sehen, die Christopher vom Abend zuvor kannte, und auf dem anderen dasselbe Mädchen im Sari, geschminkt und mit Schmuck behängt. Die Fotos der ersten Art waren mit einer Kamera und stets vor demselben Hintergrund aufgenommen, die der zweiten Art dagegen variierten in Größe, Qualität und Ambiente.
    Außerdem lagen einzelne Fotos von Jungen dabei, gekleidet in die für sie bestimmte Uniform. Ganz unten stieß er noch einmal auf zwei Aufnahmen eines Mädchens. Das erste Bild zeigte sie wie die anderen in der grauen Uniform des Waisenhauses. Als aber Christophers Blick auf das zweite fiel, blieb ihm fast die Luft weg, und es schwindelte ihn. Das Summen der Fliegen, die nebenan ihr Festmahl hielten, vermischte sich mit dem Rauschen des Blutes in seinem Kopf. Er streckte eine Hand aus, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen. Auf dem zweiten Foto war das singende Mädchen vor dem Rasthaus abgebildet, dessen blutige Hände Christopher vor kaum einer Stunde gesehen hatte. Sie blickte in die Kamera wie jemand, der

Weitere Kostenlose Bücher