Der neunte Buddha - Thriller
Denn ich habe Martin Cormac nicht getötet. Aber leider fehlt mir die Zeit, das zu beweisen. Dies ist keine Angelegenheit fürdie Polizei. Sagen Sie Ihren Leuten, sie sollen da ihre Nase nicht reinstecken. Sprechen Sie mit jemandem vom Britischen Geheimdienst. Verlangen Sie Winterpole. Er wird alles erklären.«
Er wandte sich zur Tür. Hinter ihm drangen die Fliegen in den Wohnraum ein.
15
Vor den Knox Homes parkten zwei große Wagen. Christopher erkannte, dass es Silver Ghosts von Rolls-Royce waren. Die wurden gern von lokalen Potentaten gefahren. Offenbar hatte Carpenter Besuch. Wichtigen Besuch.
Er sah, wie verwirrt das Mädchen dreinblickte, als es auf sein Klopfen die Tür öffnete. Es wusste nicht, wie es mit ihm umgehen sollte. Christopher war keine persona non grata mehr, denn er hatte am Abend zuvor mit den Carpenters gespeist und war den versammelten Waisen als trauernder Vater vorgestellt worden. Aber etwas hielt die Kleine davon ab, ihn ohne weiteres einzulassen. Er löste ihr Dilemma, indem er sie einfach beiseiteschob. Ohne auf ihre Protestschreie zu achten, stürzte er zu Carpenters Arbeitszimmer und riss die Tür auf. Es war leer. Die toten Tiere an den Wänden starrten ihn mit ihren Glasaugen an. Er schloss die Tür und lief zum Empfangssalon der Carpenters. Er machte sich nicht die Mühe anzuklopfen.
Moira Carpenter hatte Besuch – eine reiche indische Lady, gekleidet in das Gewand der Gattin eines muslimischen Adligen, und eine europäische alte Jungfer in Dienstkleidung, die dasaß und ihre Teetasse hielt wie eine gelangweilte Gouvernante in mittleren Jahren. Als die Tür aufsprang und Christopher hereinstürzte, verschüttete sie ihren Tee in den umfangreichen Schoß, und Moira Carpenter hätte beinahedie Katze verbrüht. Nur die Begum blickte ungerührt, als gehörten derartige Unterbrechungen für sie zum Alltag.
Christopher sprach als Erster.
»Wo ist Ihr Mann, Mrs. Carpenter?«, stieß er hervor. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt.
»Mr. Wylam, ich …«, hub Moira Carpenter an und stellte ihre Tasse aus blauweißem Porzellan ordentlich auf dem mit einem Spitzendeckchen verzierten Tischchen neben sich ab.
»Ich muss ihn sprechen. Wo ist er?«
»Das passt aber jetzt gar nicht gut.« Mrs. Carpenter hatte sich rasch von ihrem Schrecken erholt. »Was denken Sie sich eigentlich, hier auf diese Weise einzudringen? Sie …«
»Martin Cormac ist tot. Ermordet. Ich denke, Ihr Mann weiß etwas darüber. Wo ist er?«
Moira Carpenter wollte sich gerade erheben, als Christopher diese Nachricht von sich gab. Die Beine schienen ihr den Dienst zu versagen, denn sie sank in ihren Sessel zurück. Das Rot, das gerade in ihre Wangen geschossen war, wechselte augenblicklich zu einer fahlen Blässe. Für einen Moment glaubte Christopher, sie könnte ohnmächtig werden. Aber Sekunden später war sie wieder ganz sie selbst. Cormac hatte recht gehabt. Unter der äußeren Hülle war sie aus Stahl, und zwar von der besten Sorte.
»Erklären Sie das«, sagte sie, die Lippen zusammengepresst und blutleer. »Martin Cormac ist tot? Erklären Sie es mir!«
»Ich habe ihn vor kaum einer halben Stunde in seinem Bungalow gefunden. Im Bett. Man hat ihm die Kehle durchgeschnitten. Mehr weiß ich nicht.«
»Und Sie glauben, mein Mann weiß etwas darüber, was Sie nicht wissen? Wieso?«
»Das möchte ich gern Ihrem Mann erklären, Mrs. Carpenter, wenn Sie so nett wären, mir zu sagen, wo er sich befindet.«
Die beiden anderen Frauen hatten sich bisher mäuschenstill verhalten. Die blasse Gouvernante war sichtlich verstört und rieb mit einem Spitzentüchlein heftig an den Flecken in ihrem Schoß herum. Die Begum beobachtete die Szene gelassen.
»Entweder Sie erklären es mir, Mr. Wylam, oder niemandem!«, gab Moira Carpenter zurück. Sie war noch blass, aber das Blut, das ihr aus dem Gesicht gewichen war, funktionierte anderswo schon wieder recht gut.
»Martin Cormac hat etwas über Ihren Mann gewusst, das der werte Reverend Carpenter wohl lieber für sich behalten hätte. Ich wollte Cormac heute Morgen in seinem Haus besuchen, um zu erfahren, was es ist. Als ich hinkam, war er tot, sein Schreibtisch aufgebrochen und durchwühlt. Da haben Sie Ihre Erklärung. Sagen Sie mir jetzt, wo Ihr Mann ist?«
»Reverend Carpenter ist im Gespräch mit meinem Gatten.« Den Satz hatte die Begum gesprochen. Sie war eine beleibte Dame in den Vierzigern, deren Macht im Harem wohl weniger auf persönlicher Schönheit
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