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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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die er gegangen war.
    »Die Sammlungen hat mein Vorgänger angelegt. Er war sehr wissensdurstig. Er wollte Beispiele von allem haben, was die Welt da draußen birgt. Ich erhalte die Sammlungen und vervollständige sie, wo notwendig.«
    »Sie sollen die Elemente darstellen. Ist das ihr Sinn?«
    Der Abt nickte.
    »Ja, die Elemente. Sie zeigen uns Verfall und Geburt. Und noch vieles mehr.«
    »Aha.« Christopher zögerte. Er wollte über etwas anderes reden. »Als man dich hierhergebracht hat«, sagte er, »warum hast du nicht versucht, Kontakt mit uns aufzunehmen und zu erklären, was geschehen ist? Du hast mir nie geschrieben. Ich glaubte, du seist tot.«
    »Ich wollte, dass ihr das annehmt. Was hätte ich denn tun sollen? Euch schreiben, dass ich lebe, aber niemals zu euch zurückkehren werde? Ihr hättet alles getan, um mich zu finden. Anfangs habe ich selber nicht verstanden, wofür dieser Ort steht. Ich wusste nicht einmal, wer ich war und was sie von mir erwarteten. Wie hätte ich mich dazu stellen sollen, dass ihr hierherkommt, mich ausfindig macht und daran erinnern wollt, wer ich einmal gewesen war? Später … habe ich dann allmählich etwas begriffen. Da gab es kein Zurück mehr.«
    »Und was ist mit Liebe?«, fragte Christopher. »Mit Vertrauen?«
    Der alte Mann seufzte. Diese Worte hatte er lange nicht mehr gehört, in keiner Sprache.
    »Begreifst du nicht, dass ich all dem längst entronnen war?«, antwortete er. »Liebe und Vertrauen. Davon war nichts mehr in mir, keine Spur. Ich bete dafür, dass du nie in einen solchen Zustand kommst. Zumindest nicht auf meine Weise. Am Ende musst du alles aufgeben – Liebe, Vertrauen und Verlangen. Besonders Letzteres. Du musst allen Wünschen entsagen. Sonst verschlingen sie dich. Glaube mir, sie sind sehr gierig. Das Verlangen ist unersättlich, es kennt keinen Anfang und kein Ende. Es akzeptiert keine Grenzen. Aber es spinnt die Fäden, die dich ans Leiden binden. Für den Rest deines Lebens, wenn du es nicht daran hinderst. Und für alle künftigen Leben.«
    »Warum hast du mir den Sohn geraubt?«, fragte Christopher ohne Übergang.
    Der Abt gab keine Antwort. Er blickte wieder sehr bedrückt drein und konnte Christopher nicht in die Augen sehen.
    »Er hat eine bestimmte Bedeutung für dich, nicht wahr?«, beharrte Christopher. »Weil er dein Enkel ist? Auch eine Art Inkarnation, habe ich recht?«
    Sein Vater senkte den Kopf.
    »Ja«, sagte er.
    Zornig sprang Christopher auf.
    »Aber da liegst du falsch! William ist mein Sohn! Und der Sohn meiner Frau. Du hast keinen Anteil an ihm. Du bist aus freiem Willen gestorben. Meinetwegen bleib unter den Toten. Die Toten haben keine Forderungen an die Lebenden. William ist mein Sohn. Er gehört zu mir. Ich nehme ihn mit nach Hause.«
    Der alte Mann schaute auf.
    »Setz dich wieder«, flüsterte er.
    Christopher blieb stehen.
    »Ich bin alt«, sagte sein Vater. »Ich habe nicht mehr lange zu leben. Aber wenn ich sterbe, wird Dorje-la ohne Abt sein. Versuche zu verstehen, was das heißt. Diese Mönche sind wie Kinder, sie brauchen einen, der ihr Vater ist. Besonders jetzt, da die Welt da draußen sich so rasch verändert. Eines Tages wird es mit ihrer Abgeschiedenheit vorbei sein. Wenn die Welt an das Tor von Dorje-la klopft, muss jemand da sein, der ihr auf Augenhöhe gegenübertreten kann. Einer von außen, ein Pee-ling wie wir.«
    »Aber warum William, warum mein Sohn?«
    Der alte Mann stöhnte.
    »Auch das hat mit einer Prophezeiung zu tun«, erklärte er. »Ob du an Prophezeiungen glaubst, ist ohne Bedeutung. Die Mönche hier glauben daran, besonders an diese.«
    »Und wie lautet sie?«
    »Der erste Teil bezieht sich auf mich selbst. Zumindest glauben sie das. ›Wenn Dorje-la von einem Pee-ling regiert wird, dann wird die Welt von Dorje-la aus regiert.‹ Der zweite Teil bezieht sich auf ›den Sohn eines Pee-ling Sohns‹. Er wird der letzte Abt von Dorje-la sein. Und dann erscheint der Buddha der letzten Tage: der Maidari.«
    »Und du meinst, William sei dieser Sohn eines Pee-ling Sohns?«
    »Hier denkt man, dass alle Europäer heiraten und das Kind daher der Enkel des Pee-ling -Abtes sein muss. Ich habe das anfangs nicht geglaubt. Selbst wenn du einen Sohn hättest, sah ich keine Möglichkeit, ihn jemals hierherzubringen. Dafür hatte ich nicht die Mittel.«
    »Und wieso hast du deine Ansicht geändert?«
    Der Abt schwieg wieder. Seine Sorgen waren offenbar verstärkt zurückgekehrt. Christopher glaubte, er habe

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