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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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kaltzustellen?
    »Ich werde mit meinem Sohn nach Hause zurückkehren«, sagte er, wohl wissend, dass dies nur die halbe Wahrheit war. Winterpole hatte ihm William versprochen, aber das hatte seinen Preis.
    »Und was werden Ihre Leute tun? Werden sie uns in Ruhe lassen, wenn die Bolschewiken zurückgeschlagen sind?«
    »Wir haben nicht die Absicht, Sie zu beherrschen«, sagte Christopher. »Wir haben dem Dalai Lama geholfen, als er vor den Chinesen floh. Als die besiegt waren, durfte er wieder nach Lhasa zurück. Wir haben uns nicht eingemischt.«
    »Aber 1904 sind Sie mit Ihren Soldaten in Tibet eingefallen. Ihre Truppen sind in Lhasa einmarschiert. Sie haben uns die Faust gezeigt. Sie haben sich viel direkter in diesem Land eingemischt, als die Russen es je getan haben. Und Sie herrschen über Indien. Wenn Sie in der Lage waren, ein Land zu versklaven, dann können Sie das auch bei einem zweiten tun.«
    »Die Inder sind nicht unsere Sklaven«, protestierte Christopher.
    »Aber sie sind nicht frei«, erwiderte der Abt ruhig.
    »Wir unterdrücken sie nicht.«
    »Letztes Jahr haben Sie im Jalianwala Bagh von Amritsar Hunderte massakriert. Wenn die Inder sich eines Tages gegen Sie erheben, wie es schon früher geschehen ist und wie sich die Russen gegen ihren König erhoben haben, geschieht das, weil Sie gerecht waren und nicht handelten … oder weil Sie ungerecht waren und handelten?« Die Stimme des Abtes klang jetzt schärfer. Christopher wollte ihn genauer in Augenschein nehmen, aber er hielt sich konsequent im tiefen Schatten.
    »Das kann ich nicht beantworten«, sagte Christopher. Alte Zweifel, die ihn schon lange plagten, flatterten auf wie Motten zum Licht. »Ich denke, wir meinen es ehrlich. Ich denke auch, dass wir meist gerecht gehandelt haben. Amritsar war ein Fehler, eine Fehleinschätzung durch den Offizier, der die Truppen dort befehligte. Es war ein Irrtum.«
    »Ein Irrtum!«, echote der Abt zornig. Seine Beherrschung war dahin, seine Stimme rau. »Amritsar war unvermeidlich in einem Land, wo eine Rasse die andere beherrscht. Es war kein Irrtum und kein Fehler, sondern das Ergebnis von jahrelangen kleinen Ungerechtigkeiten, von Arroganz, Diskriminierung und Blindheit. Amritsar war ein Symbol dafür, was an Ihrem Empire faul ist. Und Sie kommen mir mitGeschichten von den Bolschewiken. Sie versuchen, mir Angst einzujagen, weil ein einzelner Russe seinen Fuß in diese Berge gesetzt hat. Sie behaupten, Ihre Leute hätten keine Pläne mit Tibet. Halten Sie mich für dumm?«
    Der alte Mann schwieg. Eine lange Pause folgte. So rasch, wie sein Ärger sich Luft gemacht hatte, war er auch wieder verflogen. Christopher spürte, wie der Abt ihn prüfend und immer noch traurig ansah. Als er wieder das Wort nahm, war sein Ton verändert.
    »Sie müssten es besser wissen, Wylam-la. Sie sollten nicht solchen Unsinn verbreiten. Sind Sie nicht mit Indern aufgewachsen, haben ihr Essen gegessen, ihre Luft geatmet und beinahe ihre Identität angenommen? Hat man Ihnen nicht beigebracht, die Welt mit ihren Augen zu sehen, mit ihren Ohren zu hören und mit ihrer Zunge zu schmecken? Und Sie erzählen mir etwas von falscher Einschätzung, von Irrtümern und von toten Königen! Wie können Sie vergessen haben, was ich Ihnen beigebracht habe? Wieso haben Sie sich so weit von dem entfernt, der Sie einmal waren?«
    Christopher fühlte, das ihm innerlich ganz kalt wurde. Angst stieg in ihm auf, schreckliche Angst. Sein Körper erbebte. Die Schatten zogen über den Abt und seinen Thron hin, uralte Schatten, Schleier, die herumschwebten wie hungrige Geister. Die Lichter flackerten. Der Raum schien voll von Stimmen, die ihm etwas zuflüsterten, Stimmen, die er früher, vor langer Zeit vernommen hatte, Stimmen der Toten. Das Kruzifix fiel ihm ein, das er in Cormacs Schreibtisch fand und dessen scharfe Kanten sich in sein Fleisch gebohrt hatten.
    »Wer sind Sie?«, fragte Christopher mit vor Angst trockener Stimme.
    Der Abt erhob sich, ein schwacher alter Mann in safranfarbenem Gewand, und stieg von dem Podest herab, auf demsein Thron stand. Er trat ins Licht. Zögernd gaben ihn die Schatten frei. Er hatte so lange darin gelebt, aber jetzt, für einen kurzen Augenblick, teilten sie sich und ließen ihn lebend ins Licht zurückkehren.
    Langsam näherte er sich Christopher, größer, als er auf den Kissen sitzend erschienen war. Er kam dicht zu ihm heran und kniete nieder, so dass sein Gesicht nur Zentimeter von dem Christophers entfernt

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