Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes
ein Mann gezeigt, der nur in ein Handtuch gehüllt ist und seinen Kopf unter einem Pullover verbirgt, als er zu einem gepanzerten Mannschaftswagen hinter der Kathedrale geführt und weggefahren wird.
»Experten vermuten, dass der Verdächtige am Ort des Geschehens entkleidet und durchsucht wurde«, sagt der Fernsehkommentator.
»Mein Gott!«, sagt Opa.
»Soeben hören wir, dass ein Kind – von dem angenommen wird, dass es mit dem Zwischenfall zu tun hatte –, einen Schock erlitten hat und behandelt wird, ehe die Polizei es vernimmt. Unbestätigten Gerüchten zufolge könnten beide mit dem der Entführung von Stevie Sanders verdächtigen Mik Muhammed verwandt sein.«
»Arme Priti«, sagt Oma.
Ich wende mich an den Polizeibeamten. »Was passiert jetzt?«, frage ich.
»Kommt darauf an, was er bei sich hatte.«
»Und wann werden wir das wissen?«, fragt Jed.
»Das kann Stunden dauern«, sagt der Polizist. »Sogar Tage.«
»Und was ist mit Priti?«, frage ich.
Aber der Polizist zuckt nur mit den Schultern.
Heute bleiben wir alle lange auf. Jed und ich, Oma und Opa und unser Polizist, wir sitzen alle im Wohnzimmer, währendes draußen immer dunkler wird. Oma macht jedem eine Tasse Tee, und wir sitzen alle da und trinken schweigend. Selbst Opa hat nichts zu sagen.
Oma hat uns gebeten, den Fernsehton abzuschalten, weil sie es einfach nicht mehr hören kann, und wir sehen uns nur die Bilder an. Sie zeigen immer wieder das Gleiche in einer Schleife, und am unteren Bildschirmrand läuft ein Band mit Meldungen entlang.
Ich zeichne nichts, ich stelle mir nicht einmal etwas vor, was ich zeichnen könnte, während ich dasitze und auf den Fernseher starre.
Wenn man darauf wartet, dass das Telefon klingelt, ist man komischerweise trotzdem überrascht, wenn es dann endlich läutet. Als wir gegen halb neun das Telefon hören, zucken wir alle zusammen. Opa nimmt ab.
»Hallo?«, sagt er.
Dann wendet er sich mir zu. »Das ist für dich, Ben.«
»Für mich?«
Er nickt und reicht mir den Hörer.
Einen Augenblick lang glaube ich, dass es meine Mutter sein muss.
»Priti ist dran«, sagt er.
Ich nehme den Hörer und halte ihn mir ans Ohr. Ich höre ihre Stimme am anderen Ende der Leitung. »Hallo, Ben, hier spricht Priti!« In der Leitung knackt es dauernd, und sie klingt ganz fern – als ob sie aus dem Ausland anriefe oder so etwas.
»Priti, wieso rufst du hier an?«, frage ich.
»Ich kenne meine Rechte. Mir steht ein Anruf zu. Sie sagen zwar, ich wäre nicht verhaftet, aber ich hab gesagt, ich möchte meinen Anruf trotzdem machen.«
»Geht es dir gut?«, frage ich. Alle hören zu – Opa, Oma und der Polizist –, nur Jed ist in dem Augenblick nach oben gewetzt, in dem er erfuhr, wer am Apparat ist.
»Mir geht es super. Hast du mich im Fernsehen gesehen?« Priti hat schon immer gesagt, dass sie ins Fernsehen will.
»Ja«, sage ich.
»Ich war mir nicht sicher, ob ihr wirklich die Polizei rufen würdet.«
»Waren wir auch nicht.«
»Weiß man schon, ob er eine Bombe hatte?«, fragt sie.
»Wie, das weißt du nicht?«
»Nein, wie sollte ich?«
»Du hast doch geschrieben, du hättest eine gesehen?«
»Ich habe gesehen, wie er sich den Gürtel umlegte, aber deshalb habe ich nicht angerufen.«
Dann höre ich Jeds Stimme in der Leitung. Er muss in Opas Zimmer hochgelaufen sein und dort den Hörer abgenommen haben. »Bist du okay?«, fragt er atemlos.
»Als ob dich das interessieren würde«, sagt Priti.
»Haben sie versucht, ein Geständnis aus dir herauszuprügeln?«, fragt Jed weiter.
»Nein«, antwortet Priti. »Aber ich glaube, zu Shakeel waren sie nicht besonders nett. Sie haben ihn ausgezogen und nach Sprengstoff durchsucht.«
»Haben sie etwas gefunden?«, fragt Jed.
»Noch nicht. Es hat sich herausgestellt, dass der Sprengstoffgürtel tatsächlich eine von diesen Bauchtaschen ist, in die man seine Schlüssel und die Brieftasche und das Handy und so tun kann!«
»Oh«, sage ich.
Jed sagt gar nichts.
»Ich weiß, ganz schön traurig, was?«, erwidert Priti. »Ich dachte, nur Touristen und amerikanische Collegestudenten tun sich so was an.« Sie schweigt kurz und fährt fort: »Ist es schlimm, dass ich fast hoffe, sie finden irgendetwas anderes? Ich habe das Gefühl, dass wir tief in der Tinte stecken, wenn sie nichts finden.«
»Wir haben nur unsere Bürgerpflicht erfüllt«, entgegnet Jed.
»Wenn dir die Bürgerpflichten so wichtig sind, weshalb erzählst du dann nicht der Polizei, was wirklich
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