Der Nine-Eleven-Junge - Bruton, C: Nine-Eleven-Junge - We can be heroes
Mum als »heruntergekommen« bezeichnen. Ein Fenster ist mit Brettern zugenagelt, von den Wänden blättert der Putz ab, und Gras wächst aus den Rissen des betonierten Parkplatzes, der leer ist bis auf einen mitgenommenen metallicblauen Golf-Cabrio und ein einzelnes Motorrad, das neben den überquellenden Müllcontainern steht.
»So, jetzt haut mal für ’ne Weile ab, ihr beiden«, sagt Onkel Ian, als er aus dem Wagen steigt.
»Können wir nicht mitkommen?«, fragt Jed.
»Ihr könnt im Biergarten spielen«, erwidert Onkel Ian und zeigt auf eine ungemähte Wiese neben dem Gebäude. In der Mitte steht ein einzelner Biertisch.
»Aber ich dachte, wir unternehmen heute was zusammen«, sagt Jed.
»Ach ja? Planänderung. Ich habe was Wichtiges zu erledigen«, sagt Onkel Ian, aber was, das verrät er uns nicht. »Ihr könnt Chips und Cola haben, und dann will ich die nächsten zwei Stunden lang von euch nichts hören oder sehen. Verstanden? Also ab mit euch.«
Gespräch beendet. Onkel Ian geht in die Wirtschaft und lässt Jed und mich an dem Wagen stehen, ohne dass wir genau wissen, was wir tun sollen. Keiner von uns sagt etwas. Jed tritt mit seinen abgewetzten Schuhen in den Boden neben dem Vorderreifen. Er sieht aus, als würde er lieber gegen den Reifen treten, aber das traut er sich nicht.
Die Tür zu der Wirtschaft steht offen. Ich kann sehen, dass es innen schäbig und fast leer ist. Onkel Ian grüßt den Wirt, der kaum von seiner Zeitung aufblickt, aber mit dem Kopf still in Richtung eines Billardtisches im hinteren Teil deutet. Zwei Männer stehen dort und rauchen (dabei dachte ich, dass man in Wirtschaften gar nicht mehr rauchen darf). Sie machen allerdings nicht den Eindruck, als wären sie begeisterte Billardspieler.
Ich sehe zu, wie Onkel Ian zu den Männern geht und ihnen die Hände schüttelt. Beide haben extrem kurze Haare, wie Onkel Ian. Der Jüngere ist auch ähnlich wie er gekleidet, mit einem glatten Hemd und gebügelten Jeans mit glänzendem Gürtel und Schuhen. Der ältere Mann ist ungepflegter: Er hat ein unrasiertes, gerötetes Gesicht und einen dicken Bauch, der ihm über die eng gegürtete schwarze Jeans hängt. Seine muskulösen Arme, die aus einer Weste ragen, sind von oben bis unten tätowiert.
»Das gehört wahrscheinlich alles zu einer Undercover-Operation, an der sie arbeiten«, sagt Jed. Ich drehe mich zu ihm und sehe, dass er in die gleiche Richtung blickt. Sein Gesicht zeigt rote Flecken, und er hat die Zähne zusammengebissen.
»Wer?«
»Mein Dad und seine Kumpels vom Bombenkommando sind da drin«, sagt er. Er blickt wieder auf seine Füße. Seine Schuhe sind ganz staubig.
»Ich dachte, du hättest gesagt, sie wären nicht das Bombenkommando?«, erwidere ich und sehe wieder auf die Männer. Sie reden und lachen mit Onkel Ian.
»Egal«, sagt Jed. Er ist immer noch rot im Gesicht, fast, als hätte sein Vater ihn geohrfeigt, als er ihm sagte, er soll verschwinden. »Bombenkommando, Antiterroreinheit, ist doch alles das Gleiche. Hast du so was noch nie im Fernsehen gesehen?«
»Äh, nein«, antworte ich.
»Na, wenn deine Mum dich noch immer nach dem Sandmännchen ins Bett schickt, dann kannst du ja nicht wissen, wie Terrorabwehroperationen verlaufen, oder?«, sagt er und tritt lustlos gegen die Mülltonne vor der Tür, dass der Staub in die Luft steigt. »Mein Dad rettet Menschenleben. Deshalb kann er heute nichts mit uns unternehmen, auch wenn er es gern täte.«
»Ich hab nie etwas anderes behauptet«, sage ich.
»Ja, schon gut«, erwidert Jed und wird wieder rot. »Dann lass es auch.«
Ein paar Minuten später kommt Onkel Ian mit Cola und Chips für uns beide heraus. »Jetzt verzieht euch, ihr beiden, okay?«
»Klar, Dad«, sagt Jed. »RV hier um vierzehn Uhr.«
Onkel Ian lacht. »So ist es richtig, mein Sohn.«
Dann geht er wieder in das Lokal und schlägt die Tür hinter sich zu, sodass wir nicht sehen können, was er und seine Bombenkommandokameraden treiben.
Ein Weilchen lang springen Jed und ich von ein paar alten Fässern, die im Biergarten stehen, aber Jed langweilt sich schon bald und beginnt, sich nach etwas anderem umzusehen, was wirtun könnten. Schließlich schlägt er vor, dass wir Bombenjäger spielen.
Hinter der Wirtschaft liegen Felder, und wir tun so, als wäre Krieg. Wir kriechen durch den Mais, der fast so hoch steht, wie ich groß bin, robben auf unseren Bäuchen und halten Gewehre, die es nur in unserer Fantasie gibt. Es geht darum, keinen
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