Der Nobelpreis
an dem hellblauen BH mit den Spitzen fest. Er schluckte unbehaglich. Skit, womöglich stand sie gar nicht auf den Zahnarzt, sondern auf den Geruch der Praxis? Es gab die merkwürdigsten Besessenheiten.
Der Mann im weißen Kittel plapperte immer noch, während er auf seinem Schreibtisch herumwühlte. »Ich meine, auf der Visitenkarte, da haben Sie meine Telefonnummer und alles. Sie können mich zum Beispiel morgen erreichen, und wenn Sie nur einen Moment warten, irgendwo muss mein Ausweis doch sein … «
Orrenius wandte sich an den Hausmeister. »Sie kennen ihn, nehme ich an?«
Der blies die Backen auf. »Na ja … Vom Sehen. Also: Das Gesicht kommt mir bekannt vor. Aber schauen Sie, ich bin für alle fünf Häuser hier zuständig, und wann begegnet man sich schon? Einmal im Jahr vielleicht.« Er warf dem halb nackten Mann einen verlegenen Blick zu und sah gleich wieder weg.
»Außerdem hat er normalerweise was anderes an.«
Der nervöse Zahnarzt hatte endlich etwas in seinen Schubladen gefunden und streckte es Orrenius ruckartig hin. Einen Lichtbildausweis der Universitätsbibliothek. Er zeigte einen deutlich jüngeren Henrik Ubbesen, aber man konnte ohne viel Phantasie in ihm den Mann erkennen, der halb nackt vor ihnen stand.
»Ja, ja«, meinte Orrenius unleidig, gab ihm den Ausweis zurück und winkte ab. »Schon gut. Ich würde sagen, das genügt uns.« Er stieß den Hausmeister an und scheuchte seine Kollegen mit ein paar Handbewegungen hinaus. »Kommt, wir haben noch ein paar Stockwerke vor uns.«
Das entscheidende Detail, dessen bin ich mir sicher, ist mein feucht glänzender Penis gewesen. Es ist den Männern vielleicht nicht bewusst geworden, aber das war der Grund, warum sie mir die Geschichte abgekauft haben. Ich hatte es an ihren Blicken sehen können, diesen teils amüsierten, teils peinlich berührten, teils neiderfüllten Blicken. Zweifellos hätten auch sie lieber Sex gehabt, als nach einem Einbrecher zu fahnden. Und zweifellos hätten sie darauf bestanden, die Frau zu sprechen, wenn ihnen mein nasses Glied nicht aufgefallen wäre.
Die Frau, die es nicht gab.
Denn es war einfach nur Spucke gewesen. Ich hatte mich eilig ausgezogen, eine ordentliche Menge Speichel in den hohlen Händen gesammelt und meinen Penis gründlich damit eingerieben, ehe ich nach dem weißen Kittel und der Brille gegriffen hatte und, dramaturgisch wirkungsvoll mit beidem ringend, hinausgegangen war.
Zugegeben, meine akustische Darbietung eines weiblichen Orgasmus hat auch ihren Teil dazu beigetragen. Diesbezüglich kann ich auf langjährige Übung zurückblicken, wobei ich in meiner Kindheit, dank anderer Stimmlage, sogar noch echter geklungen haben dürfte. Ich habe regelmäßig das ganze Waisenhaus damit amüsiert, mit Ausnahme seines Leiters natürlich, dessen nachmittägliche »schwache Stunden«, wie ich es ihn einmal habe formulieren hören, Vorbild und Lehrstück meines Keuch-und Japsdramas waren. Er verbrachte diese Nachmittage mit einer drallen, älteren Frau, die eigens mit dem Auto aus der Stadt gefahren kam und danach stets gleich wieder ging. Soweit ich mich erinnere, gehörte sie dem Aufsichtsgremium des Waisenhauses an; jedenfalls hat sie nie irgendwelche Einwände dagegen erhoben, dass ich die Nächte im kalten Keller verbringen musste, weil ich ihre nachmittäglichen Lustschreie so täuschend echt imitiert hatte.
Ich zog mich, nachdem sie gegangen waren, so schnell wie möglich wieder an, räumte die entliehenen Kleidungsstücke zurück in den Schrank und beseitigte, was sich an Spuren beseitigen ließ. Dann verließ ich die Praxis des Zahnarztes und versteckte mich in der des Gynäkologen, von deren Fenster aus ich die weiteren Aktivitäten der Polizei verfolgte, bis sie gegen fünf Uhr endlich abzog.
KAPITEL 27
Ich schlief bis kurz nach zehn, dann wälzte ich mich aus dem Bett, hielt den Kopf unter kaltes Wasser, bis ich wieder klare Gedanken fassen konnte, und rief als Erstes Hans-Olof an.
»Hallo, Schwager.«
»Oh. Na so was. Du? Das ist ja …« Er schien maßlos verblüfft zu sein, meine Stimme zu hören. Oder ich hatte ihn in einem ungünstigen Augenblick erwischt.
»Störe ich gerade? Bist du in einer Sitzung oder so?«
»Nein, nein, kein Problem. Ich sitze bloß hier am Schreibtisch und schiebe Papier von rechts nach links.« Er stieß einen tiefen Seufzer aus. »Aber es ist nett, dass du dich mal von dir aus meldest. Ich habe, ehrlich gesagt, kaum ein Auge zugetan heute
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