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Der Nobelpreis

Der Nobelpreis

Titel: Der Nobelpreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Nacht.«
    »Ah, ja? Frag mich mal.«
    Pause. »Das klingt nicht gut«, sagte Hans-Olof behutsam.
    »Nein. Ist es auch nicht besonders.«
    Er schluckte tapfer. »Verstehe. Du hast also nichts herausgefunden.«
    »So kann man es auch sagen. Mitten in der Arbeit ist Polizei aufgetaucht, lastwagenweise. So ungefähr das einzig Positive ist, dass sie sich so auffällig benommen haben, dass ich sie rechtzeitig bemerkt habe. Sonst würde ich dich jetzt vermutlich aus einer Zelle anrufen und bitten, dass du mir einen Anwalt besorgst.«
    Er gab einen unartikulierten Laut von sich, der mich einen Moment lang rätseln ließ, ob das eine Herzattacke war oder ob ihn jemand strangulierte. » Skit « , ächzte er schließlich. »Das darf nicht wahr sein. Verdammt.« Er atmete ein paarmal durch.
    »Wie hat das passieren können?«
    »Das frage ich mich seit inzwischen sieben Stunden auch. Und ich habe keine Ahnung. Ich meine, es war kein schwer gesichertes Büro, wirklich nicht. Selbst mit dem rechten Arm in Gips hätte ich es schaffen müssen, ohne Alarm rein-und wieder rauszukommen.«
    »Aber Polizei kommt doch nicht einfach so, oder? Nicht in Mannschaftsstärke.«
    »Ist mir klar, ja. Angeblich bin ich vom Nachbargebäude aus gesehen worden. Aber ich würde jede Wette halten, dass es so nicht gewesen ist. Ich mache so was ja nun wahrhaftig nicht zum ersten Mal.«
    »Und dann? Ich meine, wie bist du entkommen?«
    »Oh«, meinte ich zögernd, »das ist eine lange Geschichte. Und nicht sonderlich ruhmreich.« Nein, beschloss ich, das würde ich ihm nicht erzählen. Nicht dem Vater meiner Nichte.
    »Ich fürchte, da musst du warten, bis ich meine Memoiren geschrieben habe.«
    »So, wie die Dinge stehen, werde ich das nicht mehr erleben.«
    »Und ich sie nie schreiben.«
    Ein eigenartig zittriger Laut schlich sich in seine Stimme.
    »Das wollte ich jetzt nicht hören.«
    Um ein Haar hätte ich mich bei ihm entschuldigt. Ich konnte mich gerade noch bremsen, indem ich an Inga dachte und daran, dass er sie im Suff an den Baum gefahren hatte.
    »Ich bleibe weiter dran, falls du das meinst«, sagte ich.
    »Entschuldige, mir ist eben ganz flau geworden. Es war also haarscharf, oder? Gunnar, du bist Kristinas letzte Hoffnung, vergiss das nicht!«
    »Das ist mir völlig gegenwärtig, darauf kannst du Gift nehmen.«
    »Und was willst du jetzt unternehmen?«
    Ich betrachtete das Fenster, das so trübe und staubig war, als sei es seit Jahren nicht mehr geputzt worden. »Ich weiß es noch nicht genau. Auf jeden Fall darf ich es nicht noch einmal so überstürzt angehen.«
    Pause auf der anderen Seite. »War es das? Überstürzt?«
    »Wäre kein völlig unpassendes Wort, glaube ich. Ja.«
    »Und lag es daran? Dass die Polizei gekommen ist, meine ich?«
    »Nein«, musste ich zugeben. »Mir wäre wohler, wenn es so wäre. Dann wüsste ich wenigstens, was ich falsch gemacht habe.«
    »Ich meine nur … Meine Güte, ich darf gar nicht darüber nachdenken. Gunnar, ich bitte dich! Für Kristina zählt jeder Tag, jede Stunde. Da kannst du nicht auf einmal streng nach Vorschrift und Lehrbuch vorgehen.«
    Die Vorstellung eines Lehrbuches für Industriespione hatte in dem Moment etwas so Absurdes, dass ich unwillkürlich lachen musste. »Das müsste erst noch jemand schreiben, beruhige dich. Die einzige Vorschrift, die ich kenne, ist die, dass man sich nicht erwischen lassen darf. Besonders ich nicht. Wenn ich den Rest meiner Tage im Bau verbringe, nütze ich niemandem, Kristina nicht und dir auch nicht.«
    »Um mich geht es hier nicht.«
    »Für dich würde ich mich auch nicht so ins Zeug legen, wenn du es genau wissen willst.« Das war gemein, aber es tat gut. »Ich muss einfach vorsichtig sein. Es gibt bei der Polizei bestimmt einige, denen es stinkt, dass ich schon draußen bin, und die nur darauf warten, dass ich was falsch mache, gegen eine Bewährungsauflage verstoße oder –« Da fiel mir etwas ein.
    » Skit! Was haben wir heute? Mittwoch?«
    »Ja.«
    Ich fischte nach meiner Uhr. Knapp viertel vor elf. »Ich muss in einer halben Stunde bei meinem Bewährungshelfer antanzen. Und Fahlander kann scheißgemein werden, wenn er nüchtern ist. Also, schieb weiter Papier, ich melde mich, wenn’s was Neues gibt.« Ich unterbrach die Verbindung und stürzte mich in meine Kleidung.
     
    Seit ich ihn kannte – und ich kannte ihn schon lange – war Per Fahlander immer der beste Kunde von SYSTEMBOLAGET gewesen. Um einigermaßen normal zu wirken, brauchte er

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