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Der Nobelpreis

Der Nobelpreis

Titel: Der Nobelpreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Scheiße. Anweisung war Anweisung, das stimmte immer noch. Und der springende Punkt beim Durchsuchen war, nichts auszulassen.
    Er räusperte sich. Das war jetzt ja wohl sein Job. Scheiße, hoffentlich gab das keinen Ärger. »Hallo?«, rief er. »Ist da jemand? Hier ist die Polizei.«
    Ein erschrockener, spitzer kleiner Schrei war zu vernehmen, dann einen Moment lang nichts. Dann hörte man ein paar nackte Füße auf nacktem Boden näher kommen.
    »Warten Sie!«, rief eine reichlich verdattert klingende Stimme.
    »Ich komme schon.«
    Ein nackter Mann tauchte in der Tür auf, der gleichzeitig mit einer dunklen Hornbrille und einem weißen Arztkittel kämpfte und mit beidem vor Nervosität nicht zurechtkam. Er war mager, beinahe drahtig, hatte einen feinen Haarflaum auf der knochigen Brust und – Scheiße, sein Schwanz glänzte noch tropfnass!
    »Was ist los? Polizei? Wieso Polizei? Ist was passiert? Hören Sie«, sagte der Mann und schaffte es einfach nicht, mit der Hand in den Ärmel seines weißen Kittels zu kommen, der unrettbar verdreht um ihn herumhing, vorne weit aufklaffte und ihnen diesen verschrumpelten, glänzend nassen Schwanz präsentierte. »Hören Sie, ich bin, also, na ja … verheiratet. Ich meine, es ist doch sicher nicht nötig, dass meine Frau von diesem … Vorfall hier … also, Sie sind doch nicht gezwungen, das irgendwie zu Protokoll zu nehmen oder so, oder?«
    Björn Orrenius riss den Blick von dem Geschlechtsteil seines Gegenübers los und versuchte die Vorstellung zu vertreiben, wo dieser schlaffe Pimmel gerade eben noch dick und pochend tätig gewesen war. Er versuchte auch die Frage zurückzustellen, was um alles in der Welt eine Frau, die derartige Spitzenwäsche trug, an einem mageren, unansehnlichen Typen wie dem da finden mochte …
    »Ähm, ja«, sagte er und rieb sich die Hände. Immer aufs Gesicht schauen, ermahnte er sich, da kann man nichts falsch machen. »Also, wir suchen einen Einbrecher. Er ist oben im neunten Stock gesehen worden, von einem der Nachbarhäuser aus, und wir haben das Gebäude abgeriegelt; er muss also irgendwo im Haus sein.«
    »Sie haben nicht zufällig irgendetwas bemerkt?«, fragte der Hausmeister hastig mit immer noch hochrotem Gesicht.
    Endlich hatte der Mann das mit dem Kittel auf die Reihe gekriegt und seine Blöße bedeckt. Er wickelte sich in den weißen Stoff, fingerte an seiner Brille herum, sah sie mit schiefem Grinsen an und sagte: »Also, ehrlich gesagt … Nein. Ich war, ähm … abgelenkt.«
    »Verstehe. Ja, klar«, nickte der Hausmeister eifrig.
    Orrenius legte seinem Begleiter die Hand auf den Arm. Der Mann schien vergessen zu haben, wer hier der Polizist war.
    »Wir müssen Sie trotzdem bitten, sich auszuweisen«, sagte er.
    »Oh! Ich verstehe. Warten Sie.« Der Mann drehte sich einmal um sich selbst, sein Blick suchte den Boden ab, wahrscheinlich nach einem bestimmten Kleidungsstück. Währenddessen fingerten seine Hände durch die Taschen seines Kittels und kamen plötzlich triumphierend mit ein paar Visitenkarten heraus. Er reichte Orrenius eine davon. »Erst mal für den Moment. Henrik Ubbesen ist mein Name, das hier ist meine Praxis und so weiter …«
    Björn Orrenius drehte die Karte unschlüssig in der Hand, sah den Mann und den hellblauen Spitzen-BH auf der Schreibtischlampe und dann wieder den Mann an. Das wurde alles immer peinlicher. »Tut mir Leid, aber ich fürchte, das genügt nicht«, sagte er und hatte das Gefühl, dass ihm die sachlichneutrale Stimmlage, zu der man sie in der Polizeischule immer ermahnt hatte, allmählich entglitt. »Eine Visitenkarte ist kein Dokument.«
    »Natürlich, verstehe«, nickte der halb nackte ehebrecherische Zahnarzt fahrig. »Er muss hier irgendwo sein, mein Ausweis, Moment …«
    »Und alle anderen Personen, die Sie da im Hintergrund verstecken, müssen wir ebenfalls bitten sich auszuweisen.«
    Der Typ, dieser Henrik Ubbesen, verschluckte sich fast an seiner eigenen Zunge. »Bitte«, flehte er, »nur das nicht. Machen Sie sich nicht unglücklich, ich bitte Sie.« Er fuhr hastig und in fast nicht zu verstehendem Flüsterton fort von wegen, die »Dame« stamme aus einflussreichsten Kreisen, und wenn das hier irgendwie publik würde, gäbe es einen Skandal, Köpfe würden rollen, Karrieren enden … So, wie er sich benahm, konnte man fast meinen, er habe die Kronprinzessin da drin auf seinem Stuhl. Und jetzt die Beine spreizen und laut › ja, komm ‹ sagen.
    Orrenius’ Blick fraß sich wieder

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