Der Novembermörder
Arbeitszimmer, die Sauna, das Schlafzimmer, das Fernsehzimmer und der Billardraum. Und ein Bad mit WC und Jacuzzi.«
Svante Malm war vor einer glänzend polierten Kommode mit vergoldeten Beschlägen, runden Formen und einem Furnier aus hellen und dunklen Hölzern stehen geblieben. Mit Ehrfurcht in der Stimme fragte er: »Darf ich fragen: Ist das eine Haupt-Kommode?«
Henrik von Knecht schnaubte unbewusst.
»Nein, die steht in der Bibliothek. Diese hier hat mein Vater in London gekauft. Der Versicherungswert beträgt fünfhundertfünfzigtausend. Auch ein hübsches Stück«, erklärte er.
Keinem der Polizisten fiel dazu eine Bemerkung ein. Der Kommissar wandte sich Irene zu.
»Am besten bleibst du mit Herrn von Knecht hier, während wir uns umsehen«, sagte er.
»Ich komme gern mit. Es ist ja möglich, dass etwas nicht so aussieht, wie es normalerweise aussieht«, widersprach Henrik von Knecht schnell.
Er schob sein Kinn vor und bekam einen eigensinnigen Zug um den Mund. Andersson sah ihn nachdenklich an und nickte dann zustimmend. Er wandte sich den Leuten von der Spurensicherung zu.
»Als Erstes überprüfen wir den Balkon«, bestimmte er.
Alle gemeinsam marschierten sie zu der breiten Türöffnung zum Wohnzimmer. Vorsichtig traten sie auf den weichen Teppich in der Mitte der Eingangshalle. Irene musste stehen bleiben, um das golden schimmernde Muster zu bewundern, das einen schönen Baum mit Vögeln und stilisierten Tieren darstellte, umgeben von einem weinrankenähnlichen Gewächs auf dunkelblauem Grund. Sie merkte, wie Henrik von Knecht sie ansah.
»Das ist ein semiantiker Motashemi-Keshan«, erklärte er sachkundig.
Vor ihren Augen erschien kurz die Vision ihrer letzten Investition an der Teppichfront, ein rostroter Teppich mit kleinen, naiv gezeichneten Strichmännchen in den Ecken. Der Verkäufer bei IKEA hatte ihr versichert, dass das ein echter, handgeknüpfter Gabbeh war, zu dem günstigen Preis von zweitausend Kronen. Sie liebte diesen Teppich und war der Meinung, er würde ihr ganzes Wohnzimmer erhellen, wie er dort unter dem Couchtisch lag. Plötzlich überfiel sie wütend das Gefühl, ihren Teppich verteidigen zu müssen. Sie fauchte schärfer, als sie geplant hatte.
»Sind Sie so ein Museumsheini, oder was?«
»Nein, ich handle mit Antiquitäten«, antwortete er nur kurz.
Sie standen in der Türöffnung zu dem Wohnzimmer, wie Henrik es genannt hatte. Im Schein der Taschenlampe vollführte Svante Malm wieder die Fingerabdrucksprozedur an dem großen Kontaktschalter, und wieder mit dem gleichen negativen Resultat. Irene Huss konnte erkennen, dass sie sich in einem sehr großen Saal befanden. Das Straßenlicht sickerte durch die dünnen vorgezogenen Gardinen. An der gesamten äußeren Wand schienen Fenster vom Boden bis zur Decke zu verlaufen. Wieso hatte sie das Gefühl, sich in einer Kirche zu befinden? Nachdem keine Fingerabdrücke zu finden waren, drückte Svante Malm auf den Lichtschalter. Glänzende, schwere Messingkronleuchter erhellten einen großen Saal. Alle waren überrascht und beeindruckt, der Kommissar sammelte sich als Erster und sagte: »Auf geht’s. Haben alle Plastikschutz über den Schuhen?«
Die Treppe begann direkt beim Lichtschalter und führte an der Wand, an der sie standen, nach oben. Mit Andersson an der Spitze stiegen die Techniker schnell die breiten Marmorstufen hinauf.
Henrik drückte auf den äußersten Knopf auf der Schalterleiste, und mit einem leisen Surren schob sich die dünne, champagnerfarbene Seidengardine zur Seite.
Sie merkte, dass sie sich geirrt hatte. Die hohen Fenster waren keine Fenster, es waren gläserne Balkontüren. Und sie reichten nicht vom Boden bis zur Decke. Denn die Deckenhöhe der Außenwand betrug sicher acht Meter. Über ihren Köpfen gab es die Decke von vier Metern Höhe, doch die hörte abrupt ein paar Meter weiter auf. Irene trat weiter vor und schaute sich um. Das, was hier die Decke bildete, war natürlich im nächsten Stock der Boden. Und wo der Boden des oberen Stockwerks aufhörte, lief ein schönes Schmiedeeisengeländer entlang. Das erstreckte sich über zwei Seiten des Saals. Hoch über ihrem Kopf wölbte sich die stuckverzierte Decke. Kein Wunder, dass sie das Gefühl bekommen hatte, sich in einer Kirche zu befinden! Vom Dach hingen drei riesige Kronleuchter. Der ganze Raum war länglich, sah aber auf Grund der Marmorsäulen, die in einer Reihe standen und den Boden des oberen Stockwerks abstützten, schmaler aus, als
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