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Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Titel: Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Lake
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will, dass ich ihn verschone, soll er nächstes Mal Tarō schicken, nicht irgendeinen Schwächling von einem gewöhnlichen Ninja. Der Junge schuldet mir noch einen Tod.«
    Der Ninja blickte mit einem schwachen Ausdruck der Hoffnung in seinem verbliebenen Auge zu ihr auf. »Ihr lasst mich also leben?«
    Das Mädchen zögerte. »Ach ja. Wie dumm von mir.«
    Der Ninja versuchte zu lächeln.
    Da stach sie zu und durchbohrte sein Herz. »Ich werde es Tokugawa lieber selbst sagen.«
    Ja, es war wirklich nicht gut, hier draußen des Nachts unterwegs zu sein, ganz allein.
    Vor allem, wenn man ein Ninja war.

Kapitel 1
Provinz Kantō, Präfektur des Daimyō Oda Sechs Monate zuvor
    Tarō richtete sich auf, atmete tief durch und spannte die Sehne seines Bogens. Er spürte ein vertrautes, schmerzhaftes Zwicken in der linken Schulter, wo eine dünne, silbrige Narbe sich im Halbkreis von seinem Rücken bis auf die Brust zog. In gleichmäßigen Abständen wurde sie von dunkleren Kreisen unterbrochen, die an eine riesige Bisswunde erinnerten.
    Das war nicht überraschend  – es war eine Bisswunde.
    Tarō ignorierte den alten Schmerz und richtete seinen Pfeil nach dem flüchtenden Kaninchen aus. Er hielt den Atem an und konzentrierte sich darauf, den Bogen zu einer Erweiterung seines eigenen Körpers zu machen. Von klein auf hatte er sich selbst beigebracht, das Bogenschießen wie eine Art Meditation zu betreiben  – er glaubte in Gedanken fest daran, dass der Pfeil bereits tief in sein Ziel eingedrungen war und er ihn nur noch abzuschießen brauchte.
    Er ließ die Sehne los.
    Der Pfeil flog in einem sanften Bogen über braunes Sommergras, traf das Kaninchen, als es über ein Grasbüschel sprang, und es stürzte zu Boden.
    Tarō ging zu dem toten Kaninchen hinüber. Er kniete sich hin, zog die mit Widerhaken versehene Pfeilspitze heraus und wischte sie am Gras ab, ehe er den Pfeil wieder in seinen Köcher schob.
    Tarō steckte seine Beute in die Tasche, die von seiner Schulter hing, und machte sich auf den Heimweg. Er befand sich nicht weit von Shirahama, dem Fischerdorf, in dem er aufgewachsen war. Heute war er nur bis zur ersten Markierung gekommen, die den Weg nach Nagoya wies. Er hatte das Meer jedoch im Auge behalten, und als er jetzt um die Landzunge ging, konnte er die Bucht von Shirahama sehen. Das Wasser wurde schützend von Bergen umfangen, deren Hänge dicht mit Zedern, Kastanien und Kiefern bewaldet waren. Die einfachen Hütten des Dorfes drängten sich an einer Hügelflanke über dem Meer. Die Sonne ging gerade unter, und schon stiegen ein paar Rauchwolken von den Häusern auf. Es war warm, doch es gab immer Fisch zu räuchern oder Seetang zu trocknen, aus dem man kostbares Salz gewinnen konnte. Deshalb brannten die Feuer fast immer.
    Die Luft, die Tarō auf dem Weg unter den Bäumen atmete, duftete nach Kiefernharz und dem Salz der See. Wie die meisten Siedlungen an der Küste in diesem Teil Japans war Shirahama vollkommen abhängig vom Meer. Die Männer fuhren auf Fischerbooten hinaus, die Frauen waren Ama, Taucherinnen. Männer und Frauen sammelten im Herbst gemeinsam große Mengen von Braunalgen, um aus dem schleimigen, blasigen Zeug Salz zu gewinnen, das an den Adel verkauft wurde.
    Tarō war nicht wie sie. Er liebte das Land genauso wie die See. Er wollte keinen Reis anbauen, wie die Bauern im Inland, aber er jagte gern mit seinem Bogen. Im Gehen hielt er das sanft geschwungene, glatte Holz liebevoll in der Hand  – der Bogen war schlank und fein, doch voller Spannung und verborgener Energie. Sein Vater hatte ihn für Tarō angefertigt, als er noch zu klein gewesen war, um den Bogen auch nur zu halten, doch seither war er ein furchterregend guter Schütze geworden und zog oft mit dem Bogen aus, um die Speisekammer der Familie mit einem Kaninchen oder einer fetten Waldtaube zu bereichern.
    Den Dorfbewohnern gefiel das nicht  – na ja, allen außer Hirō.
    Doch die anderen sagten, die Jagd sei nur etwas für die Samurai, und kleine Leute wie er sollten mit den Gaben des Meeres zufrieden sein. Sie behaupteten, wer vierbeinige Geschöpfe tötete, verärgere die Kami des Waldes  – die gottähnlichen Geister des Shintō, die hier überall verehrt wurden, obwohl der Buddha sie angeblich aus ganz Japan vertrieben haben sollte.
    Die Leute sagten eine Menge Dinge über Tarō, und nicht immer scherzhaft. Sie sagten, er sei selbst ein halber Kami, denn seine zarten Gesichtszüge und die stets blasse Haut

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