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Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition)

Titel: Der Novize des Assassinen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Lake
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dem er nicht von irgendeinem Samurai herausgefordert worden war, der sich im ganzen Land einen Namen machen wollte. Sie alle waren gestorben.
    Und nachdem Daimyō Oda in der Schlacht verwundet worden war, so dass er den rechten Arm nicht mehr gebrauchen konnte, hatte er das Schwert einfach in die andere Hand genommen und es erneut zum Kensei gebracht.
    Ja, er war ein Mann, über den Schwächlinge gern alberne Gerüchte erfanden.
    Tarō schulterte seinen Bogen, klopfte Hirō auf den Rücken und machte sich auf zum Dorf. Er wusste noch nicht, dass er später an diesem Abend so viele Abenteuer erleben würde, wie er es sich wünschte, oder dass echte Abenteuer überhaupt nicht so waren wie die Heldentaten, von denen man in Geschichten hörte.
    Zu echten Abenteuern gehörten Schmerz, Verlust und Blut. Manchmal alles zugleich.

Kapitel 2
    An Hirōs Hütte kamen sie zuerst vorbei.
    Als Tarōs Vater seinen Sohn nach dem Tod von Hirōs Eltern ins Dorf zurückgebracht hatte, war er so schwer verletzt gewesen, dass er beinahe verblutet wäre. Als seine Eltern erkannten, was Tarō riskiert hatte, um den pummeligen kleinen Jungen zu retten, nahmen sie Hirō bei sich auf und überschütteten ihn mit all der Fürsorge, die sie ihrem Sohn so gern gegeben hätten.
    Doch Tarōs Leben lag in den Händen des Heilers und des Buddhas, und sie konnten nichts für ihn tun. Schließlich, am siebten Tag, erwachte Tarō aus seinen fiebrigen Träumen. Seine Wunde verheilte bereits, und wundersamerweise hatte der Heiler eine Infektion verhindern können. Tarō kam nach Hause und fand dort einen neuen Bruder vor.
    Vor zwei Jahren schließlich hatte Hirō mit seinen Ringkämpfen und dem Fischen genug Geld verdient, um sich eine kleine Hütte zu kaufen, nur ein paar hundert Meter von der See entfernt, die ihm die Eltern genommen hatte. An einem hölzernen Nagel über der Tür hingen die geöffneten Kieferknochen eines Hais, die sich weiß vor dem dunklen Holz abhoben.
    Wenn Tarō die Kiefer und die scharfen, gezackten Zähne darin sah, schauderte er manchmal heute noch. Doch Hirō würde das Ding niemals wegwerfen. Es war beinahe so etwas wie ein Talisman ihrer Freundschaft  – eine greifbare Erinnerung daran, was Tarō für ihn getan hatte.
    Jener Tag war in Tarōs Erinnerung ein wenig verschwommen, weil er so weit zurücklag, aber auch, weil er danach tagelang ohne Bewusstsein gewesen war, erst vom Blutverlust und dann wegen des Fiebers. Es war ein heller Sommertag gewesen, mit dem Duft von Kiefern und trockenem Seetang in der Luft. Tarō spielte oben auf der Landzunge mit seinem Bogen. Er merkte erst, dass etwas nicht stimmte, als er Schreie hörte. Er blickte hinab und sah ein kleines Boot in der Bucht und daneben Menschen, die panisch im Wasser herumplanschten.
    Dann sah er das Blut.
    Die Dorfbewohner hatten die Flüchtlinge aus dem Landesinneren davor gewarnt, dass hier Mako durchs Wasser streiften  – schlanke, große Haie, die den Thunfischschwärmen folgten. Doch die Leute aus dem Binnenland hatten das wohl für Aberglauben gehalten, oder für eine Geschichte, die sich die Fischer ausgedacht hatten, um ihnen Angst einzujagen. Vielleicht lag das daran, dass es dort, wo sie herkamen, keine Ungeheuer gab, die Menschen fraßen, nur Samurai und Kriege.
    Hirōs Eltern hatten die Warnungen ignoriert, die gefangenen Fische gleich an Bord zerlegt und die Reste um ihr Boot herum ins Wasser geworfen, weil sie glaubten, damit noch mehr Fische in ihre Netze zu locken. Alles, was sie damit angelockt hatten, war ein Mako, und der hatte ihr Boot mit Leichtigkeit zum Kentern gebracht.
    Damals wusste Tarō natürlich nichts von alledem. Er wusste nur, dass da jemand in großen Schwierigkeiten steckte. Also rannte er hinunter zum Strand, warf sich ins Wasser und schwamm hinaus, ohne auch nur einen Augenblick an seine eigene Sicherheit zu denken. Er tauchte ins trübe Wasser und fand einen pummeligen kleinen Jungen, der gerade unterging. Er packte ihn und zerrte ihn mit sich an den Strand zurück.
    »Meine Mutter!«, japste der Junge, als Tarō ihn über den Sand schleifte. »Hast du meine Mutter gesehen?«
    Tarō schüttelte keuchend den Kopf.
    »Ein Ungeheuer ist aus dem Meer gekommen und … es hat sie gebissen «, stammelte der Junge. »Ich habe versucht, sie zu finden, aber ich kann nicht schwimmen, und mein Vater auch nicht …«
    Tarō blickte wieder auf den dunklen Fleck in der Bucht hinaus und schürzte grimmig die Lippen. Ein Mako-Angriff.

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