Der Nussknacker - Reise durch ein Jahrhundert
erleichtert, als plötzlich die Tür krachend aufflog und seltsam aussehende Männer in Uniformen, mit gezogenen Pistolen und Maschinengewehren, vor uns standen. Sie warfen Armstrong, Collins und Aldrin, die schlaftrunken und verstört wirkten, auf den Bauch und …
Moment mal! Das waren gar nicht mehr die amerikanischen Astronauten. Es waren Tom, Joschua und Timo! Sie schrien und stöhnten, als die Männer mit ihren schweren Stiefeln auf ihnen knieten. Sie wurden gefesselt, hochgezerrt und abgeführt.
He, was hat das zu bedeuten? , wollte ich sagen, brachte aberkeinen Pieps hervor. Wie gelähmt stand ich da und sah dem aufregenden Treiben zu.
Als die drei Jungs abtransportiert waren, tauchten Männer in weißen Overalls auf, die Ähnlichkeit mit den Astronauten hatten. Sie stellten die ganze Wohnung auf den Kopf. Was sie suchten, sagten sie nicht, schienen kurz darauf aber etwas Interessantes gefunden zu haben, denn einer von ihnen rief: »He, schaut mal, was wir da haben!« Er hob einen Stapel Blätter hoch.
Was auf den Blättern stand, konnte ich nicht erkennen. Sie wurden in eine Kiste gelegt. Dann ging die Durchsuchung der Wohnung weiter. Auch mich entdeckten die Männer schließlich. Mehrmals nahmen sie mich in die Hand, wendeten mich in der Luft wie einen Pfannkuchen und schienen nichts mit mir anfangen zu können. Etwas Anrüchiges konnten sie offenbar auch nicht an mir erkennen. Zumindest nicht genug, um mich in ihre Kiste zu packen. Obwohl ich ausgehöhlt war, den Mund nicht bewegen konnte und einen Durchschuss hatte.
Sie stellten mich auf den Tisch zurück und knöpften sich andere Gegenstände vor, die ihnen wichtiger erschienen. Zum Beispiel die Wasserpfeife, die ebenfalls in die Kiste gepackt wurde.
So ging es noch eine ganze Weile, bis schließlich Betty auftauchte und wie ein Wirbelsturm durch die Wohnung fegte.
»Was machen Sie hier?«, rief sie. »Was soll das?«
Einer der Männer in Weiß wedelte mit einem weißen Zettel in der Luft herum und sagte in versöhnlichem Tonfall: »Durchsuchungsbeschluss. Machen Sie sich keine Sorgen.«
»Wo ist Timo?«, keifte Betty. »Wo sind Tom und Joschua?«
»In Sicherheit«, sagte ein anderer weißer Mann und lachte.
»Wollt ihr mich veräppeln?«, schrie Betty. »Was hat das alles zu bedeuten?«
Der Mann ging auf Betty zu und griff nach ihrer Schulter. Doch Betty riss sich los und keifte: »Fass mich nicht an!«
Der Mann zuckte erschrocken zurück.
»Ist ja gut!«, mischte sich ein anderer weißer Overall ein. Mit ruhiger, aber entschiedener Stimme fuhr er fort: »Jetzt hören Sie mal gut zu, junge Frau. Ihre sogenannten Freunde werden verdächtigt, einer terroristischen Vereinigung anzugehören.«
»Was?« Betty schien es nicht fassen zu können.
»Wir haben den Verdacht, dass die drei Männer der Baader-Meinhof-Bande angehören.«
»So ein Quatsch!«, rief Betty. »Joschua, Timo und Tom sind Studenten! Sie interessieren sich für Politik und treten für ihre Rechte ein! Sie protestieren gegen Gewalt und Krieg, genau wie ich! Sie sind doch keine Terroristen!«
»Das wird sich noch zeigen«, sagte der Mann. »Erinnern Sie sich an den Kaufhausbrand in der Innenstadt?«
»Na und?« Betty klang jetzt trotzig.
»Wir vermuten, dass die drei Bürschchen da auch ihre dreckigen Finger im Spiel hatten.«
Betty lachte und tippte sich an die Stirn.
»Vorsicht, junge Dame, sonst verhafte ich Sie wegen Beleidigung der Staatsgewalt.«
»Nur zu!« Betty kreuzte die Hände an den Handgelenken übereinander, was den Mann ein wenig zu verwirren schien.
»Sie kommen sich wohl sehr originell vor, was?«, sagte er und hielt eine Musikkassette in die Höhe. »Und was ist das?«
Der Mann schob die Kassette in ein Kassettengerät und drückte auf »Play«. Verrauschte Musik war zu hören. Ein Sängersang: »Reißen wir die Mauern ein, die uns trennen/ Kommt zusammen, Leute. Lernt euch kennen/ Du bist nicht besser als der neben dir/ Keiner hat das Recht, Menschen zu regier’n/ Im Süden, im Osten, im Norden, im Westen,/ es sind überall dieselben, die uns erpressen/ In jeder Stadt und in jedem Land/ heißt die Parole von unserem Kampf/ heißt die Parole von unserem Kampf/ Keine Macht für Niemand!/Keine Macht für Niemand!«
Mitten im Wort drückte der Beamte auf »Stopp« und holte die Kassette wieder aus dem Gerät.
»He«, protestierte Betty. »Das sind Ton Steine Scherben . Das ist Musik, verstanden?«
»Musik? Dass ich nicht lache.« Der Mann warf die
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