Der Ölhändler und die Blumenkönigin
seines Lebens, solange sie berühmt und begehrenswert erscheint, irgendwo unterzukommen. Da viele um sie werben, kann sie nach Belieben einen Mann wählen, der allen ihren Wünschen entspricht.
›Der schnell dahinfließende Strom verliert sich gar bald,‹ das heißt: Kehrt man rechtzeitig um, kommt es gar nicht soweit, daß die Menschen einen wegen seiner Vergangenheit mißachten. – Wann muß sie aber den ersten besten nehmen? – Wenn sie zunächst einmal überhaupt nie daran gedacht hat, sich einen Ehemann zu suchen! Vielleicht ist sie aber auch durch einen Prozeß dazu gezwungen worden, oder ein Gewaltiger hat sie mißhandelt und beleidigt. Sie kann auch zu viel Schulden haben, welche sie später nicht imstande ist zurückzuzahlen.
So muß sie, um aus der ewigen Aufregung herauszukommen, ohne Wahl den ersten bestenheiraten, sobald sich ihr Gelegenheit bietet, und erkauft sich damit die ersehnte Ruhe und einen Zufluchtsort. – Das war also eine durch Not erzwungene Ehe.
Eine fertige Ehe ist dagegen die, in welcher sich ein schon älteres Mädchen, nachdem es in ›Wind und Wellen‹ alle Erfahrungen gesammelt, und ein älterer alleinstehender Mann, der gleichfalls schon seine Erfahrung weg hat, zufällig zusammenfinden. Beide haben dieselben Gedanken und Wünsche, dasselbe Ziel und dieselben Grundsätze. Aus zwei Stricken dreht man ein festes Seil, und so leben sie zusammen, bis ihre Haare weiß werden. Siehst du, mein Kind, das ist die fertige Ehe!
Und – endlich! – Was versteht man unter einer unfertigen Ehe?
Derselbe Fall wie früher! Stelle dir vor: Du begehrst, ich gebe mich liebend hin, wie von Feuer entflammt. Ihm zu folgen treibt dich aber nur ein augenblickliches Hochgefühl, das sich vielleicht bald wieder legt. Du hast dir die Sache nicht lange genug, nicht richtig überlegt, oder die Eltern verweigern ihre Zustimmung; vielleicht ist auch die erste Frau eifersüchtig auf dich und, nachdem ihr euch ein paarmal gezankthabt, schickt man dich zurück ins Bordell zu deiner Pflegemutter und nimmt ihr das Geld wieder ab, das für dich gezahlt worden ist. Oder nehmen wir an, die Familie des Mannes ist sehr arm geworden und kann dich nicht ernähren. Du bist nicht imstande, die bittere Armut zu ertragen, gehst also wieder hinaus, um wie früher dein Leben zu genießen. Das ist die unfertige Ehe.«
»Ich will aber einen braven Mann wählen! Wie kann ich das trotz allem erreichen?« fragte Meï-Niáng.
»Mein Kind«, antwortete Liú Sse-Ma, »ich will dir zeigen, wie du es anfangen mußt, damit du in allen Fällen dein Ziel erreichst.«
»Ich werde Ihre Güte im Tode nicht vergessen, wenn Sie mir helfen wollten!«
»Also höre: Die ganze Frage ist eigentlich schon klipp und klar beantwortet im Augenblick, wo du dieses Haus betreten hast.
Denn: Du bist keine Jungfrau mehr –! Wenn du auch diese Nacht noch heiratest, kann man dich doch kein unschuldiges Mädchen, keine ›gelbe Blume‹ mehr nennen. Ein junges Ding sollte ja freilich überhaupt nicht einen solchen Lebenswandel einschlagen, sie begeht vielleichtden allergrößten Fehler! Aber es ist nun einmal dein Schicksal gewesen! Zudem hat sich deine ›Mutter‹ große Mühe mit dir gegeben und ihre Herzensgüte verschwendet! Wenn du ihr nun nicht behilflich sein wolltest – es sind ja nur ein paar Jahre – einige tausend Taels zu verdienen, wie könnte sie dich freigeben? Und noch eins: Wenn du eine ideale Ehe schließen willst, so mußt du dir doch einen guten Menschen aussuchen, oder würdest du etwa dem ersten besten Kerl mit stinkender Nase und häßlichem Gesicht nachlaufen?
Da du jetzt nun entschlossen scheinst, nicht einen Gast mehr zu empfangen, wie kannst du erfahren, wem du folgen möchtest?
Solltest du trotzdem starren Sinnes dabei bleiben, das nicht zu tun, so wird deiner Pflegemutter nichts weiter übrigbleiben, als einen zahlungsfähigen Käufer für dich zu suchen, der dich als Konkubine nimmt. Dann hast du ja auch, was du willst: ein geordnetes Verhältnis! Ob der Mann aber alt ist, oder häßlich, oder so ungebildet, daß er nicht einmal ein Schriftzeichen lesen kann – wie ein Stück Holz –!, das muß dir gleich sein! – Bist du dann nicht fürs Leben verloren? Wenn man dich zum Beispielins Wasser würfe, dann gäbe es wenigstens einen klatschenden Laut, und einige Zuschauer würden sogar auch rufen: Schade! – So aber wird kein Hahn nach dir krähen!
Nach meiner einfältigen Ansicht mußt du dich eben dem Willen
Weitere Kostenlose Bücher