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Der Ölhändler und die Blumenkönigin

Der Ölhändler und die Blumenkönigin

Titel: Der Ölhändler und die Blumenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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anderer beugen und dem Wunsche deiner Pflegemutter gemäß Gäste empfangen.
    Mädchen, bei deinen Fähigkeiten, bei deiner Schönheit und sonstigen Tüchtigkeit wird man dich nicht so leicht aufgeben!
    Gewiß werden es Enkel von Königen und Prinzen, Reiche und Mächtige sein, die mit dir verkehren und dich vor Beleidigungen schützen werden.
    Zudem kannst du in diesem bewegten schönen Leben deine Jugend voll genießen. Du kannst deine Pflegemutter selbständig machen, und du selbst bist schließlich in der Lage, dir eigenes Vermögen zu ersparen, so daß du später einmal nicht darauf angewiesen zu sein brauchst, zu betteln. Nach fünf, zehn Jahren zieh dich mit einem Freunde zurück, der dein Herz und deinen Sinn kennt, und mit dem du reden kannst; dann will ich selbst gern die Vermittlung übernehmen, damit die Heirat recht anständig wird.Deine Pflegemutter wird auch nichts dagegen haben, dich freizugeben. Ist das so nicht für euch beide nützlich und angenehm?«
    Als Meï-Niáng das hörte, lächelte sie, aber sie sagte noch nichts. Indessen genügte Liú Sse-Ma dieses Anzeichen, um zu wissen, daß Meï-Niáng im Herzen bereits schwankend geworden war. Deshalb fuhr sie eifrig fort: »Jedes meiner Worte ist gut gemeint. Wenn du danach handelst, wirst du mir noch später Dank dafür wissen.«
    Nachdem sie also gesprochen hatte, erhob sie sich und ging.
    Wang Djiú-Ma hatte draußen vor der Tür des Zimmers gehorcht und Wort für Wort vernommen.
    Als nun Meï-Niáng Liú Sse-Ma hinausbegleitete, stand sie ihr plötzlich gegenüber und, übers ganze Gesicht errötend, kroch die Alte beschämt hinter Liú Sse-Ma in das Vorderzimmer zurück. Dort angekommen, setzten sie sich hin und Liú Sse-Ma berichtete über ihren Erfolg.
    »Nein, war das ein Trotz bei diesem Mädel!!« begann sie mit einem Seufzer der Erleichterung. »Sie ließ auf sich herumreden, daß ein Stück hartes Eisen hätte schmelzen können!
    Du suche jetzt schleunigst einen, der ›den Vorhang herunterreißt‹; sie wird ihm sicher zu Willen sein.
    Dann komme ich wieder, um dir zu gratulieren.«
    Wang Djiú-Ma dankte, daß es schier kein Ende nehmen wollte und gab noch an diesem Tage ein Freudenmahl, dem die beiden würdigen Damen so tüchtig zusprachen, daß sie beim Abschied völlig betrunken waren.
    Diesmal besangen die jungen Herren vom westlichen See Liú Sse-Mas Rednergabe:
    »Wer besteht, Sse-Ma, vor deiner entsetzlichen Zunge,
Wenn dies Mädchen sogar sanft dir und willig gefolgt?
Schier unglaublich ist dein Talent, du Lu-Dja in Röcken,
Die noch nimmer enttäuscht, was auch geredet sie hat!
Aus dem Traume des Weins erweckt deine Zunge den Trunknen!
Selbst den klügsten Gesell redest zum Esel du um!
Doch die herrlichste Tat fürwahr du jetzo vollbracht hast:
Zu bekehren der Maid keuschen und trotzigen Sinn!«
    Was Meï-Niáng selbst betraf, so erschien ihr das alles, seit sie Liú Sse-Mas Ausführungen gehört hatte, ganz vernünftig, ja, so vernünftig, daß sie, kurze Zeit darauf, Besucher, welche sie zu sehen wünschten, mit Freuden empfing. Und nachdem abermals »der Vorhang gefallen« war,wimmelte es bald im Hause von Gästen, wie auf einem Markte: Drei alte gingen und fünf neue kamen. An freie Zeit war da nicht zu denken. Mit dem Ruhm der Courtisane stiegen natürlich auch die Preise, und obwohl die Nacht zehn Taels kostete, entstanden Zank und Streitigkeiten genug, bei denen sogar ein Freund dem Freunde die Schöne zu entreißen suchte.
    Wang Djiú-Ma schwamm in grenzenloser Wonne, da nun das Geld in solchen Strömen hereinfloß. Meï-Niáng ihrerseits aber gab wohl acht, einen Mann zu finden, der ihr Herz und ihre Gedanken ganz auszufüllen imstande gewesen wäre. Doch das geht nicht so schnell wie es auch im Liede heißt:
    »Es ist gar leicht gewonnen
Ein unermeßlich Gut,
Doch schwer ist's, zu bekommen,
Ein liebend junges Blut.« –
    Meine Erzählung teilt sich jetzt in zwei Wege. Wir verlassen den einen und gehen im Geiste nach dem Tjing-Bo-Tore der Stadt Lin-An. Dort lebte, noch innerhalb der Stadt, ein Kaufmann mit Namen Dschu Schih-Lao, welcher ungefähr drei Jahre vor jenen Begebenheiten einen Lehrling adoptiert hatte, der damals auchaus Pi-Leáng hierher geflohen war und Tjing-Dschung hieß. Nach dem Tode seiner Mutter, welche früh gestorben war, hatte ihn sein Vater Tjin-Leáng im Alter von dreizehn Jahren verkauft, um sich in das Schang-Tién-Dschu-Kloster zurückziehen zu können, wo er eine Art Sakristan war und

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