Der Ölhändler und die Blumenkönigin
besonders auf den Weihrauch und die Feuer zu achten hatte.
Dschu Schih-Lao hielt, da er schon alt war und keine Kinder besaß, – auch seine Frau war ihm erst kürzlich gestorben–Tjing-Dschung wie seinen Sohn. Als er sah, daß er erwachsen war, gab er ihm den Namen Dschu-Dschung und steckte ihn in seinen Laden, damit er den Ölhandel erlernte. Anfangs, solange Vater und Sohn im Laden saßen, ging das Geschäft recht gut, da Dschu Schih-Lao aber später infolge einer Krankheit, die sich in großen Rückenschmerzen äußerte, gezwungen wurde, von zehn Tagen neun im Bette zu verbringen, also unfähig zu jeder Arbeit war, engagierte er einen Gehilfen, der Hsing-Tjüán hieß, um seinem Sohne im Geschäfte an die Hand zu gehen. –
Die Zeit flog dahin, schnell wie ein Pfeil. Unbemerkt waren vier Jahre und mehr verflossen. Dschu-Dschung mit seinen siebzehnJahren war voll erwachsen und ein schöner und anstelliger Mann geworden, der, obwohl mündig, ans Heiraten noch gar nicht dachte. Nun hatte Dschu Schih-Lao ein Dienstmädchen mit Namen Lan-Huá, welche schon über zwanzig Jahre alt war und den jungen Herrn Dschu sehr gern heiraten wollte. In diesem Bestreben hatte sie schon oft die Angel nach ihm ausgeworfen, aber Dschu-Dschung, ein einfältiger, solider junger Mann, fand an dem nicht gerade schönen Mädchen keinen Gefallen und reagierte nicht weiter.
»Welkend sehnt sich die Blume nach einem erfrischenden Trunke,
Doch die geschäftige Well' eilet gefühllos vorbei.«
Als Lan-Huá sah, daß sie den jungen Herrn Dschu mit ihren Reizen nicht fesseln konnte, sah sie sich nach einem anderen um und warf ihre Netze nach dem Gehilfen Hsing-Tjüán aus, welcher, obwohl nahe an den Vierzigern, noch unbeweibt war. Es dauerte nicht lange, da biß er auch schon an. Von da an hatten die beiden immer etwas miteinander zu schaffen und wohl schon mehr als einmal von der verbotenen Liebe gestohlen. Der junge Dschu mit seinen scharfen Augen war ihnen jetzt ein Stein im Wege, weshalb sie eifrig auf Mittel und Wege sannen, ihnvor die Tür zu setzen. Und da sie beide, Hsing-Tjüán draußen, Lan-Huá drinnen, eines Herzens und Gedankens waren, gelang es ihnen ziemlich leicht, ihren Plan auszuführen. Lan-Huá, welche nämlich stets vor den Augen Dschu Schih-Laos den Anschein eines anständigen Mädchens zu wahren wußte, beschwerte sich eines Tages, der junge Herr hätte sie schon des öfteren belästigt und sei sehr unanständig zu ihr. Da der alte Dschu Schih-Lao gewöhnlich auch ein »Händchen« mit Lan-Huá hatte, konnte er eine gewisse Eifersucht nicht unterdrücken. Hsing-Tjüán seinerseits war auch nicht untätig. Er entnahm der Ladenkasse Geld und verbarg es, während er Dschu Schih-Lao unter vier Augen erklärte, der junge Herr spiele außerhalb des Hauses sehr viel und bringe nichts Rechtes vor sich. Auch die Ladenkasse stimme nicht immer, weil er ihr wahrscheinlich das Geld dazu entnehme. Anfangs wollte das Dschu Schih-Lao gar nicht glauben, aber durch wiederholte Zuflüsterungen argwöhnisch gemacht – infolge seines Alters ohnehin geistig nicht mehr so rege und ohne Selbständigkeit im Denken –, ließ er Dschu-Dschung rufen und machte ihm heftige Vorwürfe. Dschu-Dschung, schon klug genug,um zu wissen, daß Hsing-Tjüán mit Lan-Huá zusammenarbeitete, wollte sich zunächst verteidigen, aber er ließ es sein, weil er fürchtete, zuviel Staub aufzuwirbeln. Auf keinen Fall wollte er, zumal ja der Alte seinen Versicherungen, daß ihm großes Unrecht geschähe, doch nicht getraut hätte, in seinen Augen noch als gehässiger Verleumder erscheinen. Daher kam er auf den Gedanken, Dschu Schih-Lao nur zu antworten, da das Geschäft nicht besonders gehe und zwei Menschen im Laden nicht nötig wären, möchte er die Leitung des Geschäftes nur ganz Hsing-Tjüán überlassen; er wolle gern mit Öl hausieren gehen und sehen, was er so absetze.
Den Erlös werde er täglich abliefern. »Könnten wir dann nicht ein doppeltes Geschäft machen?« rief er aus, ohne noch an das Unrecht, das ihm eben widerfahren war, zu denken. – Dschu Schih-Lao hatte nicht übel Lust, ihm zuzustimmen. Aber Hsing-Tjüán änderte sofort wieder seinen Sinn, indem er sagte: »Der wird doch nicht in Ihrem Interesse sich mit dem Öl abschleppen?! Der wird in ein paar Jahren Geld genug gestohlen haben, um selbst ein kleines Vermögen sein eigen zu nennen. Wenn er dann genug beiseite gebracht hat, wird er sich beidir beklagen, daß du ihn noch nicht
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