Der Ölhändler und die Blumenkönigin
zu verbieten, du dürftest das nicht tun –?! Nur das mit dieser idealen Ehe hat so seinen Haken und die Ansichten darüber gehen oft weit auseinander«.
»Wie kann man denn darüber so geteilter Meinung sein?« fragte Meï-Niáng.
»Es gibt eine wahre ideale Ehe, liebes Kind, und eine falsche; eine ideale Ehe voll bitteren Leids und eine voller Freude und Seligkeit. Oft findet man rechtzeitig einen braven Mann, oft nimmt man ihn, weil sich kein besserer findet, und die Zeit drängt, – endlich gibt es fertige ideale Ehen und unfertige. Mein Kind, höre nun geduldig und aufmerksam zu. Ich will dir genau sagen, was eine wahre ideale Ehe ist:
Im allgemeinen muß ein genialer Mann ein schönes Weib und ein schönes Weib einen genialenMann besitzen, wenn eine harmonische Ehe zustande kommen soll. Aber diese Vorzüge sind selten beisammen und kommen trotz aller Bitten und Wünsche nicht herbei. Fügt es aber ein glücklicher Zufall, so treffen sich die beiden: Du begehrst, ich gebe mich liebend hin. Ihr Schicksal ist besiegelt: Sie können sich nicht mehr trennen und haben nur den Wunsch, einander zu heiraten; wie zwei sich paarende Seidenspinner, welche sich fest umschlungen halten und auch im süßen Tode nicht voneinander lassen!
Siehst du, das ist die wahre ideale Ehe! –
Und was heißt eine falsche ideale Ehe?
Da ist zum Beispiel ein junger Mann, der sich in ein Mädchen verliebt hat. Sie erwidert seine Liebe nicht und wünscht im Grunde ihres Herzens keine Heirat mit ihm. Gleichwohl aber betrügt sie sein argloses Gemüt, indem sie jene Worte immer im Munde führt, damit er warm bleibe und recht viel Geld herausrücke. Verlangt er aber das letzte, was ein Weib dem Manne gewähren kann, dann wird irgendein Grund vorgeschützt, und er hat das Nachsehen.
Weiter gibt es liebestolle junge Männer, die ein Mädchen heimführen wollen, obwohl es ihnen nicht verborgen bleiben kann, daß sie ihm gleichgültigsind. Sie erreichen ihr Ziel, indem sie eine große Summe Geld aufs Spiel setzen, mit dem das Feuer der Alten geschürt wird. Daß das Mädchen nicht will, daß es nur gezwungen das Haus des Gatten betreten wird, darüber machen sie sich keine Gedanken. Da die Ehefesseln der jungen Frau im Herzen zuwider sind, kehrt sie sich absichtlich nicht an die Hausordnung, erregt um kleiner Dinge willen viel Zank und Lärm und hat im großen ganzen einen braven Mann ›gestohlen‹, um mich so auszudrücken. Die Familie kann sie nicht länger als höchstens ein oder ein halbes Jahr halten und läßt sie dann laufen, wohin sie will – meistens wieder ins Bordell zurück.
Nein, die beiden schönen Worte von der ›idealen Ehe‹ sind hier nur ein Trick, mit dem man recht viel Geld herauszuschlagen hofft. –
Das ist also eine falsche ideale Ehe. Und wie sieht die sogenannte traurige ideale Ehe aus?
Es ist dasselbe Spiel: Hier wie dort liebt ein junger Mann ein Mädchen und wird nicht wiedergeliebt. Er übt aber infolge seiner einflußreichen Stellung Gewalt aus und zwingt der Mutter, welche Unheil fürchtet, ihre Einwilligung ab. So muß ihm das Mädchen gegen seinenWillen folgen, und sie geht schluchzend und unter Tränen. Sobald sie das Haus ihres vornehmen Gemahls betreten hat, ist ihr, als ob sie die Tiefe des Meeres aufgenommen hätte: Die Hausgesetze sind streng, sie darf ihren Kopf nicht erheben, ist halb Konkubine, halb Magd. Und auf den erlösenden Tod wartend, verbringt sie ihre Tage. Das heißt zu seinem Unglück einem guten Manne folgen!
Im Gegenteil dazu ist es eine glückliche und fröhliche Ehe, wenn das Mädchen, gerade im Begriff, einen Mann zu wählen, zufällig einen Jüngling kennen lernt und mit ihm verkehrt, dessen Charakter gütig und ruhig und dessen Familie auch reich genug ist. Nehmen wir weiter an, daß die erste Frau ein edeldenkendes Weib ist und keinen Sohn hat: da wird sie es vielleicht gar nicht ungern sehen, wenn er sie eines Tages zur Nebenfrau nimmt, damit sie ihm den fehlenden Sohn gebäre. Weil sie dadurch also an der hausfraulichen Gewalt teilnehmen kann, so heiratet sie ihn, um für jetzt dies bißchen Ruhe und Glück genießen und später vielleicht – noch höher zu steigen.
Das heißt einem guten Manne folgen und Glück und Freude damit gewinnen. –
Und wann hat ein Mädchen gerade im richtigen Augenblick eine gute Ehe geschlossen?
Wenn es nämlich schon genug von jenem Leben und Treiben in ›Wind und Blumen, in Schnee und Mondschein‹ 11 hat, sucht es noch am Vormittag
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