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Der Oligarch

Der Oligarch

Titel: Der Oligarch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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zurücklassen.«
    »Das habe ich auch nicht vor. Ich nehme sie mit. Sie ist ziemlich gut, weißt du.«
    »Irgendwas sagt mir, dass mein Aufenthalt in London kein Vergnügen sein wird.« Schamron nahm einen kleinen Schluck Kaffee. »Am besten stimmst du dich mit Uzi ab. Aber ich würde dir raten, nicht zu erwähnen, dass du die Leitung des Diensts übernehmen wirst. Dass er für dich arbeiten soll, wird ihm nicht gefallen.«
    »Ich habe nie gesagt, dass ich den Job annehme, Ari. Ich habe gesagt, dass ich darüber nachdenken werde.«
    »Klar doch. Aber ich weiß, dass du mich nicht zum Narren halten würdest – nicht in einer so wichtigen Sache.«
    »Wenn du in London bist, musst du mir noch einen weiteren Gefallen tun.«
    »Nämlich?«
    »Ich musste Olgas Katze bei Julian Isherwood zurücklassen.«
    Schamron begann wieder mit seinem Feuerzeug zu spielen. »Ich hasse Katzen. Mehr als Katzen hasse ich nur, belogen zu werden.«

23
C OMER S EE , I TALIEN
    Der Comer See, dessen Form einem auf dem Kopf stehenden Ypsilon gleicht, liegt in der Nordostecke der Lombardei nahe der Schweizer Grenze, ist von Alpengipfeln umgeben und von malerischen Dörfern und Städtchen gesäumt. Er gehört zu den tiefsten Seen Europas – und leider auch zu den am stärksten verschmutzten. Tatsächlich hat eine vor Kurzem im Auftrag italienischer Umweltschützer durchgeführte Analyse ergeben, dass die für einen Badesee zulässige Bakterienbelastung um das Achtundsechzigfache überschritten ist. Schuld daran seien veraltete Kläranlagen, Abwässer von Feldern und Weinbergen und verringerte Niederschlagsmengen bei zugleich größerer Schneeschmelze, was beides zu Recht oder Unrecht auf die Erderwärmung zurückgeführt wird. Unter dem Druck der ansässigen Tourismusindustrie kündigte die Regierung ein Notprogramm an, um ein endgültiges Umkippen des Sees zu verhindern. Aber die meisten Italiener versprachen sich nicht sonderlich viel davon. Ihre Regierung glich einem charmanten Schurken – gut im Versprechen, nicht so gut, wenn Versprechen gehalten werden sollten.
    Auf der Terrasse der Villa Teresa vergaß man jedoch leicht, wie belastet der Corner See war. Wenn Licht und Wetter stimmten, konnte man sich zur rechten Tageszeit sogar einbilden, es gebe keine Erderwärmung, keine Kriege in Iran und Afghanistan, keine Weltfinanzkrise und keine Gefahr, die den Schutzwall aus hohen Bergen jemals überwinden könnte. Die im 18. Jahrhundert für einen reichen Mailänder Handelsherrn erbaute Villa stand auf einer eigenen kleinen Halbinsel. Sie war zweistöckig, ockerfarben gestrichen und nur mit dem Boot erreichbar – eine Tatsache, die Heinrich Kiever, Geschäftsführer der Schweizer Firma Matrix Technologies in Zug, höchst attraktiv fand.
    Herr Kiever war auf der Suche nach einer Privatvilla, in der seine Angestellten ohne irgendwelche Ablenkungen und in einer Umgebung, die zu geistiger Größe inspirierte, an einem wichtigen Projekt arbeiten konnten. Nach kurzer Besichtigung erklärte er, die Villa Teresa sei perfekt. Der Vertrag wurde bei einem Kaffee in dem Städtchen Laglio unterzeichnet, dem Wohnsitz eines amerikanischen Filmstars, um den viel PR-Rummel gemacht wurde, was nach Meinung langjähriger Stammgäste das Schlimmste war, was dem See seit Erfindung des Benzinmotors passiert war. Herr Kiever bezahlte die gesamte Miete mit einem von seiner Züricher Bank garantierten Scheck. Dann erklärte er dem Makler, er wünsche völlige Abgeschiedenheit, also kein Hauspersonal, keine Köche und keine Nachfassanrufe von seiner Seite. Sollte es Probleme geben, versicherte er dem Makler, werde er als Erster davon erfahren.
    Noch am selben Nachmittag bezog Herr Kiever die Villa zusammen mit zwei Frauen. Eine war eine brünette Schönheit mit dem Gesicht einer russischen Ikone, die andere eine sehr attraktive Italienerin, die von zwei zum Verwechseln ähnlichen Leibwächtern eskortiert wurde. Ohne dass der Makler davon erfuhr, kam es zwischen Herrn Kiever und den Leibwächtern zu einer kurzen, aber heftigen Auseinandersetzung, bevor sie gemeinsam die Villa samt allen Nebengebäuden gründlich nach Wanzen absuchten. Nachdem sie sich davon überzeugt hatten, dass es hier keine gab, zogen sie sich auf ihre Zimmer zurück, um die Ankunft der übrigen Gäste abzuwarten.
    Insgesamt waren es sechs Gäste, zwei Frauen und vier Männer, die jedoch nicht aus Zug, sondern aus einem anonymen Bürogebäude am King Saul Boulevard in Tel Aviv kamen. Sie waren

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