Der Orden
weiter.
Von allen Handwerkszweigen, die sich hier auf dem Plateau des Dunon entwickelt hatten, war die Eisengewinnung der bedeutendste: Eine ganze Hälfte des Werkstattbereichs auf dem Plateau war seiner komplizierten Herstellung gewidmet. Myrddin regierte sein kleines Reich aus Eisen, Feuer und Holzkohle, als wäre er der König der Unterwelt. Als sie sich den Essen näherte, arbeiteten zwei von Myrddins Helfern – beides Unfreie, die erst vor kurzem angekommen waren – an einem Holzkohle-Meiler. Myrddin bestand darauf, seine Meilerbauer persönlich auszubilden, und nach den tief in den Höhlen liegenden, schlaflosen Augen dieser beiden Männer zu urteilen, war sein Ausbildungsregiment so drakonisch wie immer gewesen.
Der Meiler war ein paar Tage alt und hatte einen Durchmesser von mehreren Schritten. Ein Brennholzhaufen war mit einer dicken Schicht feuchter Blätter und Farnkraut, Torf und Erdreich bedeckt worden. Dann hatte man im Innern ein Feuer entfacht, indem man Glut durch ein Loch in der Decke hineingeschüttet hatte. Anschließend wurde der Haufen abgedeckt, sodass das Holz darin nur sich selbst verzehren konnte. Den Meiler zu betreiben war eine Aufgabe, für die man Geschick und Erfahrung brauchte. Jemand musste Tag und Nacht bei ihm Wache halten, denn wenn das Holz sich in Holzkohle verwandelte, schrumpfte es, und der Meiler konnte in sich zusammenstürzen – und wenn Luft eindrang, ging das ganze Ding in ein unproduktives, loderndes Feuer auf. Nach dem Abbrand musste der Hügel vorsichtig abgedeckt und die Holzkohle mit Wasser übergossen werden, denn solange sie noch heiß war, neigte sie dazu, spontan in Flammen aufzugehen. Außerhalb der Hügelfestung gab es viele solche Meiler – teilweise auch noch weit größere –, die Tag und Nacht in Betrieb waren, denn Myrddins Eisenhütte musste permanent mit einer gewaltigen Menge Holzkohle versorgt werden. Einige Metallerze konnte man mit Holzfeuern einschmelzen, aber nur Holzkohle lieferte die hohen Temperaturen, die man für Eisen brauchte.
Myrddin selbst leitete die nächste Phase des Vorgangs. Sein Schachtofen war nur ein Rohr aus Flechtwerk und Lehm, verglast von der wiederholten Befeuerung. Als Regina dort ankam, lief der Ofen bereits seit dem frühen Morgen, und zwei weitere Unfreie schufteten schwer an ihren Blasebälgen aus Tierhaut. Sie waren nackt bis auf Lendenschurze, und ihre Körper waren glitschig von Schweiß und Ruß. Myrddin beaufsichtigte die erste Beschickung dieses Tages mit Holzkohle und Erz.
Er bevorzugte Holzkohle aus Erle, die seinen Worten zufolge heißer brannte als jede andere Sorte, und braunen Eisenocker, ein relativ leicht einzuschmelzendes Erz. Der Ofen würde den ganzen Tag in Betrieb sein und erst dann abkühlen dürfen; morgen würde Myrddin Puddeleisen herausholen können, eine dichte, unregelmäßige Masse aus Metall und Verunreinigungen. Diese würde wiederholt mit Hämmern bearbeitet und erhitzt werden, bis der letzte Schlackerest verschwunden war. Myrddin brauchte mehrere solche Klumpen, um einen seiner flachen Rohbarren etwa von der Größe einer Schwertklinge zu produzieren, der weiter bearbeitet werden konnte. All dies hatte Regina verwirrt – es schien enorm viel Arbeit für ein kleines Stück Eisen zu sein –, bis Artorius ihr sanft erklärt hatte, selbst Holzkohleöfen seien nicht heiß genug, um Eisen wirklich zu schmelzen, und Myrddins raffinierte Methoden seien notwendig, um das Eisen aus seinem Erz zu locken.
Obwohl sie die Art verabscheute, wie Myrddin sein geheimes Wissen als Quelle der Macht benutzte, konnte sie die Realität dieses Wissens nicht leugnen. Während sie ihm bei seiner sorgfältigen, beinahe delikaten Arbeit zusah – er inspizierte und begutachtete in einem fort seine Öfen und Meiler –, glaubte sie, etwas von den Jahrhunderten oder Jahrtausenden zu sehen, in denen Versuch und Irrtum sowie fortwährende Forschungen zur Entwicklung solcher Techniken geführt hatten.
Und das Endprodukt war Eisen, der kostbarste Schatz überhaupt, Eisenstücke, die es erstaunlicherweise vorher nicht gegeben hatte. In Myrddins Werkstätten häuften sich einige Erzeugnisse dieses Produktionszweigs: Tischlerwerkzeug wie Dechsel und Sägen, Werkzeug für die Bauern wie Geschirrschnallen, Sicheln und Mähmesser, Waffen für Krieger wie Schwerter und Messer – und sogar Werkzeug für Myrddin selbst, etwa Zangen und ein Amboss. Es war Myrddins größter Stolz, dass er als einziger Handwerker sein
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