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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
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ganzes Werkzeug selbst herstellte.
    Aber Myrddin war Reginas Feind.
    Als er sie erblickte, begrüßte er sie mit einem Lächeln, das eher einem Zähnefletschen glich. »Na, willst du uns wieder mal überprüfen, Regina? Tipp, tipp, tipp mit deinem Stift… schade, dass wir deine Worte nicht essen und uns mit deinen Buchstaben keine Sohlen an die Schuhe nageln können, hm? Aber zumindest können wir uns mit deinen Schriftrollen den Arsch abwischen…« Und so weiter, und so fort. Sie ertrug es wie immer und ging weiter.
    Ein junger Lehrling namens Galba arbeitete an einer Esse, und Regina blieb stehen.
    Er trug eine ärmellose Tunika, und seine bloßen Arme waren fast schon wie die von Myrddin mit Narben bedeckt, die vom heißen Metall stammten. Er bearbeitete ein Stück Eisen – eine kurze Klinge, vielleicht für ein Messer – in der Esse, während ein Unfreier sich mit dem Blasebalg abplagte. Galba hielt die Klinge in den Ofen, bis sie rot glühte, schlug sie in Form, solange sie noch heiß war, und löschte sie dann rasch mit Wasser ab. Offenbar machte das Feuer das Eisen nicht nur so weich, dass man es bearbeiten konnte; die Holzkohle im Ofen härtete es auch irgendwie. Und manchmal wurde das platt geschlagene Eisen gefaltet und erneut geschlagen; die unsichtbaren Schichten machten es noch härter. Es gab viele Feinheiten von Myrddins Kunst, die Galba und andere Lehrlinge mit der Zeit lernten.
    Die Klinge schien fertig zu sein. Galba löschte sie noch einmal ab und legte sie beiseite. Dann bemerkte er Regina. »Guten Tag, Regina. Soll ich deine Tochter holen?«
    »Ja, bitte«, sagte sie steif.
    Er ging in den hinteren Teil der Werkstatt und rief Bricas Namen. Regina setzte sich auf eine niedrige Holzbank und wartete.
     
    Während Artorius’ Königreich wuchs und wuchs, war es erforderlich, wirksame Methoden zu finden, wie man es gestalten und regieren konnte.
    Reginas eigenen Neigungen zum Trotz hatte die Ordnung, die sich herausbildete, wenig mit imperialen Formen zu tun, sondern beruhte auf älteren Strukturen der Celtae. Mittelpunkt des Königreichs war das Dunon selbst. In der Hügelfestung gab es Einrichtungen für Handel und Tauschgeschäfte, ein religiöses Zentrum, eine ortsansässige Bevölkerung von Handwerkern mit wachsendem fachmännischen Können – und was am wichtigsten war: Sie fungierte auch als Verwaltungs- und Regierungszentrum.
    Artorius’ Volk war in drei Klassen unterteilt. Zum Adel gehörten die Soldaten, aber auch Rechtskundige, Ärzte, Zimmerleute, Barden, Priester und Schmiede wie Myrddin. Artorius’ Herrschaft wurde vom oenach eingeschränkt, einer Versammlung der Adligen, die an jedem Festtag zusammentrat. Unter dem Adel standen die Freien, die weniger wichtigen Handwerker und die Bauern, die eigentliche produktive Ebene der Gesellschaft. Ihre Pachten, Steuern und Zehnten unterhielten Artorius’ im Entstehen begriffene Regierung und finanzierten sein Heer und die Feldzüge. Die unterste Schicht waren schließlich die Unfreien: ehemalige Verbrecher, Sklaven und zu spät gekommene Flüchtlinge, die kein freies Land mehr fanden, das sie bebauen konnten. Ihnen war es bestimmt, den anderen zu dienen, und sie erledigten den größten Teil der Arbeit.
    Die Grundlage der Gesellschaft war die Familie. Den alten Traditionen gemäß erstreckten sich das Eigentum und andere Rechte eines Mannes auch auf seine derbfine, seine Nachkommen bis hin zu seinen Urenkeln, über vier Generationen. Grundlegende Rechte wurden dadurch gewährleistet, dass jede Person einen »Ehrenpreis« hatte, einen Entschädigungsbetrag für Ehrverletzungen; wurde sie gar verletzt oder getötet, so musste ein »Wergeld« entrichtet werden. Das System galt jedoch nur für die Freien; die Unfreien besaßen keine Rechte, und ihre Ansichten fanden auf höheren Ebenen kein Gehör.
    Es war natürlich ein primitives System, eine barbarische Struktur, um die Beziehungen eines Kriegervolks zu regeln, ohne die Raffinesse des römischen Gesetzes. Aber alle Versuche, die Regina unternahm, um den primitiven, uralten Kodex zu reformieren, trafen auf Widerstand, insbesondere bei Myrddin, der sich allem Anschein nach in Artorius’ Königreich selbst zu einer Art Hüter der Wahrheit ernannt hatte. Vielleicht würden sich mit der Zeit zivilisiertere Formen herausbilden.
    Dennoch hatte Regina einen Platz in diesem gewaltigen Projekt gefunden.
    Sie hatte Aetius’ Lehren nie vergessen. Er hätte gesagt, dass die Kaiser ebenso sehr durch

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