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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
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große Hauptstadt werden würde, so liefen noch immer Hühner und sogar ein paar Schweine auf den Wegen umher, und es gab nach wie vor ein paar grüne Ecken. In einem kleinen Küchengarten hinter Artorius’ Halle wuchsen Knoblauch, Minze und andere Kräuter; der riothamus hatte dafür gesorgt, dass bei seinen Adligen stark gewürzte Speisen in Mode gekommen waren.
    In den Werkstätten hatte die tägliche Arbeit begonnen.
    Regina näherte sich der Tischlerei. An den Wänden waren Hämmer, Sägen, Äxte, Dechseln, Hippen, Feilen, Ahlen und Hohlmeißel aufgereiht, und Holzkästen mit Nägeln stapelten sich auf dem Boden. Heute arbeitete Oswald – der Leiter der kleinen Werkstatt, ein Bär von einem Mann mit riesigen, zernarbten Händen – an seinem neuen Spielzeug, einer Wippdrehbank. Ein Seil lief von einem Balken darüber zu einem Fußpedal, und wenn er auf das Pedal trat, drehte sich die Spindel in der Mitte rasch. Er war noch dabei, den richtigen Umgang mit dem Gerät zu erlernen, aber die Schemelbeine und Holzschüsseln, die er produzierte, besaßen bereits eine erfreuliche Symmetrie.
    In der Töpferei war inzwischen der Brennofen angeheizt worden. Ein Arbeiter mischte Lehm mit dem zermahlenen Feuerstein, der dazu beitrug, dass das Material nicht schrumpfte und Risse bekam, ein anderer formte ein Gefäß von Hand, ein dritter bereitete den Brennofen vor. Es war ein stehender Ofen, eine erhebliche Weiterentwicklung gegenüber den schlichten Brenngruben, die Regina auf ihrem Gehöft errichtet hatte. Das Anheizen dauerte einen ganzen Tag, wobei die Temperatur in genau bemessenen Stufen erhöht und wieder gesenkt wurde. Eines von zehn Gefäßen ging immer noch zu Bruch, aber die anderen waren solides rotes Steingut. Die Töpfer lernten sogar, wie sie die Farbe ihrer Erzeugnisse bestimmen konnten, von Schwarz über Grau bis zu Rot, indem sie die Menge der verfügbaren Luft im Brennofen änderten. Es war nach wie vor grobes Material – sie mussten erst noch die Technik meistern, mit einer Scheibe zu arbeiten –, aber es war massiv und nützlich.
    Reginas alte Freundin Marina leitete die größte Tuchmacherei in einem großen Rundhaus, das sie mit ebenso fester Hand regierte wie Artorius sein Königreich. Die Webstühle selbst, drei massive Rahmen, größer als Artorius, standen gleich hinter dem Eingang, damit die Weberinnen das beste Licht hatten.
    Regina sah den Weberinnen gern bei der Arbeit zu. Die Geschickteste von ihnen war eine andere Marina – eine gefügige Sechzehnjährige, eine Enkelin der alten Frau. Die junge Marina arbeitete stetig. Eine so genannte Kette – eine Reihe gesponnener Wollfäden – hing von einem oben angebrachten Tuchbaum herunter und wurde von kleinen, dreieckigen Steinen unter Spannung gehalten. Marina zog den waagerechten Litzenstab zu sich heran und öffnete damit eine Lücke zwischen jeweils zwei Kettfäden. Sie zog den Schuss, einen horizontalen Faden, durch das Webfach, ließ den Litzenstab los, sodass die vorderen Kettfäden nach hinten gedrückt wurden, und führte den Schuss dann durch die so entstandene Lücke zurück. Alle paar Durchgänge hielt Marina inne, um ihr Webschwert, ein flaches Holzbrett, in die Lücke zwischen den Kettfäden zu schieben und das Webstück – den »Zettel« – auf diese Weise zu verdichten. All dies geschah flüssig und ohne Pause, und ihr Arbeitstempo war erstaunlich; noch während Regina dastand, konnte sie erkennen, wie das Kreuzmuster des Tuchs zum Vorschein kam, Reihe um Reihe.
    Regina war stolz auf den Erfolg gewesen, den sie damals auf dem Gehöft mit ihren eigenen Webexperimenten gehabt hatten, aber sie hatten nur grobes Tuch herstellen können. Diese Webstuhlkonstruktion stammte von einem anderen Fachmann, den Artorius bei seinen Streifzügen durchs Land aufgelesen hatte, und die Ergebnisse waren um vieles besser.
    Sie verbrachte ein wenig Zeit mit der alten Marina. Marina sprach gern von den Jahren in Verulamium, und Regina wusste, dass das Geschick und die Loyalität ihrer Enkelin seit dem Tod des armen Carausias vor mehreren Wintern ein großer Trost für sie gewesen waren. Aber Regina ergriff die Flucht, bevor Marina ihre stinkenden Eimer hervorholte und sie um einen Beitrag bat. Marinas pflanzliche Färbstoffe benötigten ein Fixiermittel, und die beste Fixierflüssigkeit war abgestandener Urin: Nach zweiwöchiger Lagerung galt er im Allgemeinen als genau richtig.
    Regina kritzelte noch ein paar Zeichen auf ihre Wachstafel und ging

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