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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
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Klang, der die Rückkehr des riothamus und seines Heeres verkündete. Überall im Dunon ließ man die Arbeit liegen, und jedermann lief zum Tor.
     
    In den wenigen Jahren seit Reginas und Bricas Ankunft waren die Raubzüge der rebellischen Sachsen von ihren Festungen an der Ostküste aus ein ernstes Problem ins ganz Südbritannien geworden.
    In ihren langen Gesprächen mit Artorius über seinen schwer zu fassenden Feind hatte sie viel über die Sachsen erfahren. Zum Beispiel waren sie eigentlich gar keine »Sachsen«, obwohl sie jeder so nannte. Irgendwann waren sie auf einmal aus ihrer Heimat im Norden Germaniens hervorgebrochen und Seepiraten geworden. Als solche hatten sie das Mare Germanicus überquert und dadurch für bessere Verbindungen zwischen Jütland, Friesland und Franken gesorgt. Jetzt konnte niemand genau sagen, wer oder was sie waren – sie waren alle Arten von Germanen. Obwohl das keine Rolle spielte, wenn man von der Klinge eines Sachsen durchbohrt wurde.
    Die Sachsen waren keine Wilden. Ein Teil der Beute, die Artorius aus seinen Kriegen mitbrachte, insbesondere die herrlichen Metallarbeiten, konnte es an Schönheit und Komplexität durchaus mit allem aufnehmen, was sie bisher gesehen hatte. Andererseits waren sie auch nicht andeutungsweise zivilisiert im römischen Sinn. Sie ähnelten nicht einmal den Vandalen, Goten und Franken, die durch Gallien zogen. Diese Barbaren versuchten häufig – und mehr oder weniger ungeschickt –, die von ihnen abgesetzten Herrscher nachzuahmen und sogar die dort vorherrschenden Gesellschaftsformen aufrechtzuerhalten.
    Die Sachsen hingegen waren Abenteurer, Wanderer, Marodeure und Piraten. Sie waren jedenfalls außerstande, so etwas wie die alte kaiserliche Verwaltung zu betreiben – und außerdem, dachte Regina wehmütig, war in Britannien ohnehin nicht mehr viel von dem alten System übrig, was man betreiben konnte, denn es war alles schon vor der Ankunft der Sachsen zusammengebrochen. Die Sachsen schienen Städte und andere Relikte des Imperiums zu hassen. Sie waren nicht nur auf Plünderung aus, sondern auch auf Massaker, Eroberung und Zerstörung.
    Die Einheimischen hatten die Wahl, den neuen Herren zu dienen, zu fliehen – oder zu sterben. Viele Menschen waren in der Tat geflohen, hieß es, entweder nach Westen oder nach Norden, in die rauere Bergwelt außerhalb des eigentlichen Herrschaftsbereichs der alten Diözese, oder sie hatten sich zu den wachsenden britannischen Kolonien in Armorica eingeschifft. Riesige Landstriche waren völlig menschenleer.
    Artorius und seine Truppen bildeten indessen einen der wenigen Brennpunkte des Widerstands gegen die marodierenden Sachsen.
    Mit einer Mischung aus römischer Disziplin und keltischer Grausamkeit hatte Artorius schon vor der gegenwärtigen Zeit der Feldzüge neun bedeutsame Siege errungen. Die Menschen waren in Scharen in seine Hauptstadt, die Hügelfestung, geströmt, und die aus dem Zusammenbruch der alten Diözese hervorgegangenen kleinen Kriegsherren und Herrscher hatten es kaum erwarten können, ihm ihren Treueeid zu schwören - Vortimer beispielsweise, der Sohn von Vortigern, der sich an Hengist dafür hatte rächen wollen, dass der seinen Vater ins Verderben getrieben hatte. Während Artorius’ Macht, Einfluss und Reputation wuchsen, verdiente er sich langsam seinen selbst verliehenen Titel riothamus, König der Könige. Nicht dass Regina den Banditen traute, mit denen er sich da einließ; sie hatte den Verdacht, dass viele von ihnen den sächsischen Kriegsherren genauso eifrig ihre Treue erklärten.
    Trotz solcher Zweifel hatte sie keine andere Wahl, als sich an Artorius zu klammern, denn er war ein Leuchtfeuer der Hoffnung in einer schrecklichen Zeit. Und trotz all seiner Bemühungen war das Vorrücken der Sachsen eine langsame Feuerwand, die nichts als eine gereinigte Leere hinterließ: Das römische Britannien wurde langsam von einer tödlichen Katastrophe ereilt.
     
    Das Heer näherte sich in einer gewaltigen Kolonne aus tausenden von Männern und Pferden. Die Fußsoldaten brüllten und schlugen auf ihre Schilde, die Reiter reckten ihre Hiebschwerter, sodass sie in der tief stehenden Herbstsonne funkelten, und die Trompeter bliesen ihre carynx, schlanke, mannshohe, mit Drachenmäulern verzierte Röhren.
    Als der erste Beutewagen den steilen Pfad zum Tor hinaufgeschleppt wurde, sah Regina, dass er mit einem Haufen Köpfe beladen war – den abgeschlagenen Köpfen von Sachsen, komplett mit

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